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Betriebsführung

Nachhaltigkeit von Milchviehbetrieben

Die Landwirtschaft nutzt natürliche Ressourcen, mit denen schonend und verantwortungsbewusst umgegangen werden muss. Das Ziel einer RISE-Nachhaltigkeitsberatung ist die vertiefte Auseinandersetzung der Betriebsleitenden mit den Nachhaltigkeitsthemen (Wirtschaftlichkeit, Ökologie und Soziales). Damit wird eine solide Grundlage für Entwicklungsziele und Optimierungsmassnahmen geschaffen.

Die EGKFplus-Betriebe erzeugten überdurchschnittlich hohe Mengen an Lebensmitteln, beispielsweise Milch. Die EGKF-Betriebe erreichten bei tiefen Kr...

Die EGKFplus-Betriebe erzeugten überdurchschnittlich hohe Mengen an Lebensmitteln, beispielsweise Milch. Die EGKF-Betriebe erreichten bei tiefen Kraftfuttermengen und mittlerem Input an Stickstoff, Phosphor und Energie ein hohes Leistungsniveau.

Publiziert am

Aktualisiert am

Wissenschaftlicher Mitarbeiter, BFH-HAFL

Beurteilung der Nachhaltigkeit nach RISE

Die RISE-Nachhaltigkeitsanalyse wurde im Rahmen des KTI-Forschungsprojektes «Optimierung von Milchproduktionssystemen mit frischem Wiesenfutter» gemacht, bei dem die drei Produktionssysteme Vollweide (VW), Eingrasen mit geringem Kraftfuttereinsatz (EGKF) und Eingrasen mit mittlerem Kraftfuttereinsatz (EGKFplus) untersucht wurden (siehe Kasten). Das Hauptziel des Forschungsprojektes war die gleichzeitige Optimierung der Betriebe in produktionstechnischer, betriebswirtschaftlicher und ökologischer Hinsicht. Dazu wurden produktionstechnische Analysen, die Vollkosten, die Arbeitswirtschaft, Stoffflüsse und Ökobilanzen berechnet. Für den Wissenstransfer und den Innovationsprozess wurde für jedes Produktionssystem ein Arbeitskreis gebildet. Ergänzend zu den anderen Analysen wurde auch eine RISE-Nachhaltigkeitsanalyse auf je vier Milchviehbetrieben pro Produktionssystem durchgeführt.

Die Betriebsbesuche und die Datenauswertung erfolgten 2015. Die Ergebnisse für jeden einzelnen Betrieb wurden in einem Bericht zusammengefasst und in einem Feedbackgespräch mit den Betriebsleiterfamilien diskutiert.

Am Arbeitskreistreffen vom Juni 2017 werden die RISE-Analyseresultate in Workshops behandelt. Die Betriebsleiter formulieren für ihre Betriebe angepasste, umsetzbare Massnahmen, die zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen.

Erklärungen

RISE steht für Response-Inducing Sustainability Evaluation (Massnahmeorientierte Nachhaltigkeitsanalyse) und wurde an der HAFL entwickelt.

KTI ist die Kommission für Technologie und Innovation. Das Bundesamt für Landwirtschaft sowie die Milchverbände unterstützen das Projekt.

Die Arbeitskreise für den Wissenstransfer und den Innovationsprozess wurden von Jennifer van der Maas, BBZ Arenenberg, Anita Rothen, Inforama Rüti, und Stefan Moser, BBZN Hohenrain, betreut.

Ausgangslage

Flächenmässig wiesen die Vollweide-Betriebe die niedrigsten Anteile an offener Ackerfläche und an Schwei-ne- und Geflügel-GVE auf (siehe Tabelle 1).Dagegen hatten die EGKF-plus-Betriebe die grössten Ackerbauanteile und die grössten Anteile an innerer Aufstockung. Sie erzeugten mit durchschnittlich 404 000 kg Milch pro Jahr klar mehr Milch als der Durchschnitt der VW- und EGKF-Betriebe. Die Kraftfuttermengen waren bei den VW-Betrieben sehr tief mit durchschnittlich 46 kg pro Kuh und Jahr. Die EGKF-Betriebe fütterten mit 345 kg ebenfalls wenig Kraftfutter. Die EGKFplus-Betriebe verzeichneten für schweizerische Verhältnisse einen leicht überdurchschnittlichen Kraftfuttereinsatz mit 1007 kg je Kuh und Jahr. Der Arbeitsaufwand der EGKFplus-Betriebe war im Schnitt beinahe 40% höher als bei den Betrieben der beiden anderen Produktionssysteme.

Futterbau und Milchleistung

Die durchschnittliche Tierdichte des gesamten Betriebes war bei den einzelnen Produktionssystemen unterschiedlich. Die VW-Gruppe hatte im Durchschnitt 1.73 GVE pro ha, die EGKF-Gruppe 2.05 und die EGKF-plus-Gruppe 2.35 GVE pro ha. Wie Tabelle 2zeigt, waren die durchschnittlichen Erträge der Wiesen und Weiden in allen Systemen über 100 dt pro ha und Jahr. Dabei wurde entsprechend dem Tierbesatz ein Anstieg der Futterbauerträge festgestellt. Die Betriebe mit dem höchsten Tierbesatz erwirtschafteten die höchsten Futterbauerträge, dies auch aufgrund zusätzlichen Kunstdüngers. Die durchschnittliche energiekorrigierte Milchleistung (ECM) pro Milchkuh stieg vom Produktionssystem Vollweide zum EGKF- bzw. EGKFplus-System um jeweils ca. 1300 kg pro Jahr an. Die höchsten Milchleistungen verzeichneten die Betriebe mit dem grössten Kraftfuttereinsatz.

N- und P-Eigenversorgungsgrad

Möglichst geschlossene Nährstoffkreisläufe sind ein wichtiger Grundsatz einer nachhaltigen Produktionsweise. Dadurch werden die Betriebe unabhängiger von externen Faktoren, die sie nicht kontrollieren können.

Bei der Düngung verzeichneten die EGKF-Betriebe mit durchschnittlich 95% den höchsten N- und P-Eigenversorgungsgrad (siehe Tabelle 2).Das bedeutet, dass vom Bedarf der Kulturen nur gerade 5% der Stick-stoff- und Phosphormenge (14 kg N/ ha LN; 2.2 kg P/ha LN) durch Mine-ral- und Hofdüngerimporte gedeckt wurden. Bei den VW-Betrieben ist der hohe Importanteil von 73% N und 59% P grösstenteils auf einen Betrieb zurückzuführen, der praktisch seinen gesamten Hofdünger wegführt und stattdessen Biogasgülle einsetzt. Ohne diesen Betrieb importieren die verbleibenden VW-Betriebe nur 20% des Stickstoffs (40 kg N/ha LN) und 28% des Phosphors (8.7 kg P/ha LN).

Bei der Fütterung wiesen – nicht unerwartet – die Vollweidebetriebe mit 88% den höchsten durchschnittlichen N- und P-Eigenversorgungsgrad auf. Diese Betriebe erzeugten Produkte (v. a. Milch) aus den eigenen Futtermitteln (Wiesen- und Weidefutter). Der Unterschied zu den EGKFplus-Betrieben fällt mit durchschnittlich 50% Eigenversorgung deutlich aus.

Nachhaltigkeit – gute Ergebnisse in fünf Hauptthemen

Das Nachhaltigkeitspolygon (siehe Grafik 1)zeigt, dass alle Betriebe bei fünf Themen, namentlich bei der Wassernutzung, beim Materialeinsatz und Umweltschutz, bei der Tierhaltung, bei der Bodennutzung und der Betriebsführung im grünen, d. h. im positiven Bereich lagen. Tiefere Bewertungen gab es bei Energie und Klima, der Biodiversität und bei einzelnen Betrieben auch bei der Wirtschaftlichkeit. Die Ergebnisse der verschiedenen Systeme lagen meist eng beieinander.

Energie & Klima und Biodiversität

Die VW-Betriebe verbrauchten am wenigsten direkte Energie (elektrische Energie und Treibstoff) pro Betriebsfläche; die EGKFplus-Betriebe am meisten (siehe Grafik 2).Der signifikant tiefere Energieverbrauch der VW-Betriebe war das Ergebnis der konsequenten Kostenreduktion in der Mechanisierung und der einfacheren Betriebsstruktur. Ein höherer Energieverbrauch der beiden anderen Gruppen lässt sich durch mehr maschinelle Arbeitsgänge wie das Eingrasen oder die Heutrocknung erklären. Oft haben diese Betriebe mehrere Betriebszweige und mehr offene Ackerfläche als die VW-Betriebe. Dies lässt den Energieverbrauch ansteigen. Im Hinblick auf die Abhängigkeit von externen Faktoren wird ein tiefer Energieverbrauch als positiv eingestuft. Die starke Konzentration der VW-Betriebe auf ein einzelnes Produkt (Milch) stellt aber auch ein Klumpenrisiko dar, insbesondere in Phasen von tiefen Milchpreisen. Das Beispiel zeigt deutlich die Herausforderung an den Betriebsleiter widersprüchlichen Zielen gerecht zu werden. Eine ganz ähnliche Thematik zeigt sich auch bei der Biodiversität. Vielfältige Systeme (Vielfalt der Lebensräume, der Arten, genetische Vielfalt) sind meist widerstandsfähiger und selbstregulierender als monotone. Die untersuchten Betriebe schnitten in der Biodiversität mittelmässig ab. Sie erfüllten jedoch alle gesetzlichen Vorgaben. Gründe dafür liegen bei den oft hohen Düngungsintensitäten und beim teilweise hohen Tierbesatz. Betriebe mit viel Ackerbau setzten entsprechend mehr Pflanzenschutzmittel ein. Es zeigte sich, dass je nach Betrieb die Biodiversität unterschiedlich gemanagt wurde. So gab es vor allem VW- und EGKF-Betriebe, die sich in diesem Bereich aktiv engagierten und auch freiwillige Massnahmen zur Biodiversitätsförderung umsetzten.

Wirtschaftlichkeit

Bei der Wirtschaftlichkeit wurden Liquidität, Rentabilität, Stabilität, Verschuldungssituation und Existenzsicherung der Betriebsleiterfamilie bewertet. Immerhin die Hälfte der zwölf Betriebe schnitt gemäss der RISE-Skala im positiven (grüner Teil in Grafik 1) Bereich ab und vier erzielten ein mittleres (oranger Teil in Grafik 1) Ergebnis. Interessanterweise waren die Unterschiede zwischen den einzelnen Betrieben viel grösser als zwischen den drei Bewirtschaftungssystemen. So wurde unabhängig vom Produktionssystem bei der Hälfte der Betriebe eine zu geringe Liquidität festgestellt. Weiter gab es in allen Systemen einzelne Betriebe, die im Verhältnis zu den Erlösen zu hoch verschuldet waren. Für diese ist es eine Herausforderung, die Belastungen unter ihren gegenwärtigen Bedingungen zu tilgen und allenfalls neue Darlehen für Investitionen zu erhalten. Die Fähigkeit, den Betrieb zu unterhalten und zu erneuern, wird als wichtiger Faktor für das langfristige Bestehen betrachtet.

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Die VW-Betriebe erzielten zwar tiefere Milchleistungen, dies aber bei einem hohen Eigenversorgungsgrad bei der Fütterung und einem geringeren Energieverbrauch pro ha. 

Arbeitszeiten

Bei den gesamtbetrieblichen Arbeitszeiten pro Familienarbeitskraft schnitten die VW- und EGKF-Betriebe mit einem mittleren Wert vergleichbar ab. Die Mehrheit der EGKFplus-Betriebe erreichte jedoch wegen langer Arbeitszeiten und geringer Freizeit eine tiefe Bewertung. Dabei ist zu beachten, dass ausserbetriebliche Tätigkeiten hier nicht berücksichtigt wurden.

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Der höhere Energieverbrauch der beiden EGKF- und EGKFplus-Betriebe lässt sich durch mehr maschinelle Arbeitsgänge wie das Eingrasen oder die Heu trocknung erklären. Oft haben diese Betriebe mehrere Betriebszweige und mehr offene Ackerfläche als die VW-Betriebe.

Lebensqualität

In der Diskussion über die Lebensqualität und deren persönliche Bewertung gaben die unsicheren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der Landwirtschaft sowie das sinkende Einkommen im Milchsektor am meisten Anlass zur Sorge. Als wichtige Faktoren, welche die Lebensqualität verbessern, wurden die Fähigkeit flexibel und anpassungsfähig zu sein oder den Betrieb alleine führen zu können, erwähnt. Verbesserte Mechanisierung und Arbeitsabläufe wurden als Entlastung geschätzt. Auch als positiv eingestuft wurde die Freiheit, den Tagesablauf selber gestalten zu können und die Möglichkeit beim Aufwachsen der Kinder dabei sein zu können.

Schlussfolgerungen

Die VW-Betriebe erzielten zwar tiefere Leistungen, dies aber bei einem hohen Eigenversorgungsgrad bei der Fütterung und einem geringeren Energieverbrauch pro ha. Um Milchpreisschwankung abzufedern, kann der Aufbau eines zweiten Standbeines vorteilhaft sein.

Die EGKF-Betriebe liegen bei den meisten Bereichen zwischen den beiden anderen Systemen. Sie erreichten teilweise mit mittlerem Input an Stickstoff, Phosphor und Energie ein hohes Leistungsniveau.

Die EGKFplus-Betriebe erzeugten überdurchschnittlich hohe Mengen an Lebensmitteln, wie beispiels weise Milch. Der tiefere N- und P-Eigenver sorgungsgrad sowie der höhere Energieverbrauch zeigten aber die Abhängigkeit dieser Betriebe von betriebsfremden Produktionsmitteln auf. Es sollten Massnahmen geprüft werden, die den Eigenversorgungsgrad erhöhen; wie z. B. der Anbau von Eiweissträgern oder Umsetzung von Energiesparmassnahmen.

Mit der RISE-Analyse konnte gezeigt werden, dass jedes Produktionssystem aber auch jeder Betrieb seine spezifischen Stärken und Herausforderungen hat. Wichtig ist, dass das Produktionssystem zu den Gegebenheiten des Betriebes und zur Betriebsleiterfamilie passt. 

AutorPius Hofstetter, Berater, Berufsbildungszentrum für Natur und Ernährung BBZN, Schüpfheim/ Hohenrain (LU) und Christian Thalmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter, Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL, Zollikofen

Forschungsprojekt «Optimierung von Milchproduktionssystemen mit frischem Wiesenfutter – Systemvergleich Hohenrain II»

Im Projekt «Optimierung von Milchproduktionssystemen mit frischem Wiesenfutter – Systemvergleich Hohenrain II» wurden drei verschiedene Milchproduktionssysteme verglichen: Alle drei Strategien basieren auf einem hohen Anteil an frischem Wiesenfutter in der Ration. Während drei Jahren (2014 – 2016) wurden die Strategien auf 36 Schweizer Praxisbetrieben sowie auf dem Gutsbetrieb des BBZN Hohenrain untersucht. Im Zentrum der Auswertungen steht die Entwicklung von Optimierungsmöglichkeiten in den Bereichen Arbeits- und Betriebs wirtschaft, Futterbau, Tierhaltung, Effizienz und Nachhaltigkeit.

Informationen erhalten Sie im Internet unter www.milchprojekt.ch oder direkt bei Projektleiter Beat Reidy, 031 910 22 23, beat.reidy@bfh.ch, www.milchprojekt.ch/cms/

• Fachtagung 1. September 2017, BBZN Hohenrain  • Praxistag 6. September 2017, BBZN Hohenrain  • Praxistag 13. September 2017, BBZ Arenenberg (Betrieb Tänikon)  • Praxistag 15. September 2017, Inforama Rütti

RISE in Deutschland

Bei unserem nördlichen Nachbarn Deutschland wird RISE von der Branchenorganisation Bioland e.V. und in zwei Bundesländern als ganzheitliche Beratung für Landwirtschaftsbetriebe angeboten und gefördert. Der Fokus liegt auf der Unterstützung des Betriebsleiters.

Die deutsche Bio-Branchenorganisation Bioland e. V. will eine Vorreiterrolle für eine nachhaltige Landwirtschaft einnehmen. Dazu helfen sie ihren Mitgliedern, sich stetig weiterzuentwickeln. In drei Arbeitskreisen wenden Bioland- und Naturland-Berater ein neues RISE-Gruppenberatungskonzept an.

Seit 2016 fördert die Landwirtschaftskammer Niedersachsen einzelbetriebliche Beratungen zur Verbesserung der Nachhaltigkeit mit RISE zu 100%. Zurzeit wenden zehn Beratungsorganisationen RISE an und haben seit letztem Jahr 97 Betriebe beraten. Es finden regelmässig Trainings für landwirtschaftliche Berater statt.

Die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen startet in einem Pilotprojekt die einzelbetriebliche Beratung mit RISE und fördert diese ebenfalls zu 100%.

RISE in Dänemark

In Dänemark koordiniert die Forschungs- und Dienstleistungsorganisation SEGES der dänischen Bauernorganisation die Anwendung von RISE und deren Verbreitung.

Agrar-Quiz: Traktor und Traktorwartung

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Testen Sie Ihr Wissen. Machen Sie mit am Agrar-Quiz der UFA-Revue. Die Fragen beziehen sich auf die Wartung und den Nutzen eines wöchentlichen Fahrzeugservice, die Herkunft oder die Reifentypen des Traktors.

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