Der landwirtschaftliche Ertragswert ist ein zentraler Begriff des bäuerlichen Bodenrechts (Art. 10 BGBB) und des ZGB (Art. 212 und 619 ZGB). Er kommt dort zur Anwendung, wo ein selbstbewirtschaftender Erbe oder Ehegatte ein landwirtschaftliches Gewerbe (Art. 7 BGBB) aus der Erbschaft oder im Vorkaufsfall übernehmen kann. Das Ertragswertniveau orientiert sich einerseits am erzielten wirtschaftlichen Erfolg der Vergangenheit (Betriebseinkommen bzw. Landgutrente) und den Prognoseentwicklungen der künftigen Jahre. In der Vergangenheit geht man 6 Jahre in der Buchhaltung zurück. Für die Prognose in die Zukunft werden 10 Jahre berücksichtigt. In dieser Zeit haben sich die Betriebe um rund 0.4 Hektar LN pro Jahr vergrössert (siehe Tabelle). Der Trend dazu geht weiter. Gleiches gilt für die Entwicklung des Cashflows, der auch flächenbedingt angestiegen ist. Beide Entwicklungen zeigen beispielhaft auf, dass damit zusammenhängend auch das Ertragswertniveau landwirtschaftlicher Gewerbe angestiegen ist.
Neue Bewertung Wohnhaus
Eine wesentliche Anpassung betrifft die Bewertung des Wohnhauses. Werden nach der Anleitung 2004 je nach Grösse und Ausrichtung mehr oder weniger Räume landwirtschaftlich bewertet, so wird dies künftig nur noch für die Betriebsleiterwohnung gelten. Andere Wohnungen werden nach der erzielbaren Marktmiete bewertet.
Neuer Kapitalkostensatz: 4.24 %
Bisher wurde auf den Mittelwert des variablen Zinssatzes für 1. Hypotheken abgestellt. Die langjährige Tiefzinsphase stellte die Arbeitsgruppe vor grosse Herausforderung. Die Lösung wurde mit dem gewichteten Kapitalkostensatz gefunden. Neu wird das Gesamtkapital inkl. Unternehmerrisiko berücksichtigt. Damit sinkt der massgebende Kapitalisierungssatz von 4.41 % auf 4.24 %. Je tiefer der Kapitalkostensatz ist, desto höher wird der Ertragswert.
Vom Wertniveau zum Mietwertansatz
Die Höhe des Ertragswertes eines Hofes ist abhängig vom Beitrag der Liegenschaft zu einem objektiv festgelegten Betriebseinkommen, das unabhängig vom Betriebsleitereinfluss ermittelt wird. Damit den unterschiedlichen Verhältnissen auf den Betrieben Rechnung getragen werden kann, wird der Ertragswert auf die verschiedenen Betriebsbestandteile Boden, Wohnhaus und Ökonomiegebäude verteilt. Unter Berücksichtigung verschiedener Rahmenbedingungen wie Zusammensetzung des Landgutsvermögens, Verhältnis Ist- zu Soll-Betriebseinkommen, Verhältnis Eigen- und Fremdkapital sowie Risiko beim Eigenkapital wurde das Wertniveau von CHF 26 550.– pro Hektare landwirtschaftliche Nutzfläche ermittelt. Gegenüber dem Wertniveau, das der bisher geltenden Schätzungsanleitung 2004 zu Grunde gelegen ist, bedeutet dies einen Anstieg von durchschnittlich rund 14 %.
Pachtzinse steigen
Gleichzeitig mit der Revision werden auch die Pachtzinse per 01.04.2018 angepasst. Die steigenden Pachtzinse werden vor allem bei den Gewerben eine Auswirkung haben, weil nur diese bewilligungspflichtig sind. Grundstückpachtverträge bedürfen keiner Bewilligung, weshalb sich die in der Praxis bezahlten Pachtzinse teilweise markant von den gesetzlichen Tarifen entfernt haben.
Im Vorfeld der Beratung hat der Schweizerische Pächterverband öffentlich festgestellt, dass die Pachtzinse für Gewerbe im Vergleich zu den Grundstücken zu tief angesetzt sind und dieser Sachverhalt zur Auflösung von Pachtgewerben führt. Eine Anpassung wurde als notwendig erachtet. Der Verein zur Förderung des landw. Grundeigentums anderseits beklagte, dass mit den aktuell geltenden Pachtzinsen die Verpächterlasten nicht abgedeckt werden können. Die Forschungsanstalt Agroscope stellte daraufhin fest, dass diese im Vergleich zur letzten Hauptrevision um rund 32 % gestiegen sind.
Bei den Gewerbepachten bestand der Pachtzins bisher aus der Verzinsung des Ertragswerts mit 3.5 % als Abgeltung für das eingesetzte Kapital. Die Verpächterlasten wurden mit 85 % des Mietwertes der Gebäude abgegolten. Neu wird das eingesetzte Kapital (Ertragswert) noch mit 3.05 % verzinst. Die Verpächterlasten werden neu einerseits mit einem Prozentsatz des Ertragswertes abgegolten (Wohnhaus 3.3 %, Ökonomiegebäude 6.0 %, Boden 1.3 %) sowie anderseits aus einem Prozentsatz des Gebäudemietwertes (Wohnhaus 41 %, Ökonomiegebäude 27 %), damit diese gedeckt sind. Aufgrund der gestiegenen Gebäudekosten steigen die Pachtzinse für Gewerbe um durchschnittlich 15 bis 40 %. Die bisherige Praxis, dass pro Pachtbetrieb eine einzige Wohnung zum landwirtschaftlichen Pachtzins angerechnet wird, ist neu in der Verordnung verankert.
Weil der Ertragswert des Bodens um 20 bis 50 % ansteigt, erhöhen sich neu auch die Pachtzinse für landw. Grundstücke, obwohl die Verzinsung von bisher 9.0 % auf neu 7.0 % sinkt. Betrug bisher der maximale Pachtzins für besten Boden mit guter Arrondierung in geringer Distanz rund CHF 680.–/ha – steigt er auf rund CHF 810.–/ha. Die Erhöhung bewegt sich im Bereich von ca. 14 %.
Wertverteilung
Die vom Bundesamt für Landwirtschaft eingesetzte Arbeitsgruppe verteilte das Wertniveau auf die Betriebsbestandteile wie folgt: Boden 19 %, Wohnhaus 40 % und Ökonomiegebäude 41 %. Gegenüber der letzten Revision bedeutet dies einen relativ starken Anstieg des Prozentanteils beim Boden und eine Abnahme der Prozentanteile beim Wohnhaus und bei den Ökonomiegebäuden. Weil sich seit der letzten Revision die mittlere Betriebsfläche vergrössert hat, ergibt sich sowohl beim Wohnhaus (+5 %) als auch bei den Ökonomiegebäuden (+12 %) trotzdem ein Wertanstieg.
Anpassung Wertansätze
Um den unterschiedlichen natürlichen Gegebenheiten und den je nach Betriebszweigen verschiedenen Betriebsverhältnissen Rechnung tragen zu können, werden die mittleren Ertragswertanteile auf die massgeblichen Betriebsdaten aufgeteilt (Boden nach Qualität und Klimaregion, Wohnhaus nach Raumeinheiten und Ausstattung, Ökonomiegebäude nach Nutzung, Grösse und Ausstattung). Im Einzelfall treten Abweichungen auf, weil technische Anpassungen vorgenommen wurden. Mit den Abstufungen bei den Wertansätzen ist gewährleistet, dass einerseits den unterschiedlichen Betriebsverhältnissen Rechnung getragen wird, dass andererseits aber auch die Wertentwicklung im Mittel zu den berechneten Ertragswerten führt.