Schaffhauser Milchproduktion
Die Schaffhauser Milchproduktionsbetriebe (SHMB) haben im Mittel mehr landwirtschaftliche Nutzfläche, grössere abgelieferte Milchmengen und grössere Herden als der Durchschnitt der Milchproduktionsbetriebe im Talgebiet. Bei einer freiwilligen Umfrage bei allen SHMB wurden detailliertere Daten zu den Betrieben erhoben.Es zeigte sich, dass die SHMB bis auf wenige Ausnahmen eigenständige Familienbetriebe sind, welche auch in Zukunft ihre Betriebe in dieser Form bewirtschaften wollen. Deshalb sind auch die Arbeitskräfte meist familienintern. Der Partner oder die Partnerin arbeitet auf 80% der Betriebe mit. Nebst der Betriebsleitung arbeitet sie im Durchschnitt am meisten auf dem Betrieb. Auf etwas mehr als der Hälfte der Betriebe arbeiten die Eltern mit. Auf weniger als einem Drittel der Betriebe arbeiten die Kinder, Geschwister, Angestellte oder Lehrlinge auf dem Betrieb. Die Form des Familienbetriebes ist nach Aussagen von den Experten Ernst Landolt und René Schwager nicht nur bei Milchproduktionsbetrieben im Kanton Schaffhausen noch stärker verbreitet als in anderen Regionen der Schweiz. Der Grund dafür ist laut den Experten die stärkere traditionelle Verankerung. Ein weiterer Grund sind die überdurchschnittlich grossen Strukturen. Die Betriebe haben es finanziell und auf die Strukturen bezogen meist nicht nötig, zu fusionieren.
Visionen für die Zukunft
8 der Befragten sehen zukünftige Potenziale für die SHMB. Über die Hälfte von ihnen sieht in einem regionalen Milchverarbeiter zukünftige Chancen. Nach den Gesprächen mit den Experten Hanspeter Kern, René Schwager, Ernst Landolt und Literaturrecherchen wird aber angenommen, dass eine «Schaffhauser Molkerei» kaum realisiert werden kann. Einerseits wären die Investitionskosten zu hoch. Andererseits wäre im Falle einer Realisierung das finanzielle Risiko für alle Beteiligten sehr gross. Eventuell besteht die Möglichkeit, in Zusammenarbeit mit einem bestehenden Milchabnehmer und Milchverarbeiter grosse Mengen Schaffhauser Milchprodukte mit einem Mehrwert herzustellen. Dazu müssten die Milchproduktionsbetriebe als Einheit auftreten, um gezielte Verhandlungen führen zu können. Dies wäre die erste Hürde, wie aus den Befragungen hervorging. Der Neid unter den Landwirten sei gross und die Bereitschaft zur Zusammenarbeit nicht überall vorhanden. Detailliertere Abklärungen wären für so eine Zusammenarbeit nötig.
Ein weiteres zukünftiges Potenzial ist für einige Befragte eine verstärkte Zusammenarbeit mit der Gastronomie. Mit einem vorgängig beschriebenen Verarbeiter wäre eine solche einfach realisierbar.
Milchpreis gestaltet Zukunft
Der tiefe Milchpreis wird von den befragten Betriebsleiterinnen und Betriebsleitern mit Abstand am häufigsten als wichtige Herausforderung für die SHMB in den nächsten zehn Jahren genannt (23 von 27). Die zunehmende Grenzöffnung wird mit 15 Nennungen am zweithäufigsten angegeben. Die ökologische Richtung der Agrarpolitik wird von zwölf Befragten als grosse Herausforderung betrachtet. Tiefere Direktzahlungen, Kulturlandschwund, Einkaufstourismus und zunehmende Vorschriften im Bereich des Umweltschutzes werden jeweils von weniger als einem Drittel der Befragten als grosse Herausforderung betrachtet.
Der tiefe Milchpreis ist auch der Hauptgrund, weshalb in den nächsten zehn Jahren die Hälfte der befragten Betriebe (15 von 31) die Milchproduktion aufgeben wollen. Als Ersatz für die Milchproduktion würde oder wird ein Drittel der Befragten in die Grossvieh- oder Kälbermast einsteigen oder diese ausweiten. Fast ebenso viele sehen im viehlosen Ackerbau eine Alternative für ihren Betrieb. Vom übrigen Drittel würde oder wird der grösste Teil eine andere Tierart halten. Die Betriebsaufgabe käme nur bei einem Betrieb in Frage.
Tiefe Kosten bringen nur wenig
Um eine Aussage über die Produktionskosten der SHMB machen zu können, wurden Vollkostenrechnungen von fünf zufällig ausgewählten Betrieben erstellt. Sie unterscheiden sich in der Produktionsweise, Region und Herdengrösse. Alle fünf Betriebe haben in den letzten zehn Jahren eine grössere Investition im Milchviehbereich getätigt. Beim Vergleich der Arbeitsverdienste pro eingesetzte Arbeitskraftstunde (Akh) im Rindviehbereich mit den Referenzbetrieben fällt auf, dass 2014 alle fünf untersuchten Schaffhauser Betriebe gegenüber den Referenzbetrieben (Talbetriebe 2014 Auswertung Agridea und BBZN Hohenrain) einen tieferen Erlös pro Akh im Rindviehbereich erreicht haben .Die Gründe dafür sind entweder höhere Kosten und/oder tiefe Erlöse aus Direktzahlungen pro produziertem kg Milch. Ein übermässiger Einsatz von Arbeitsstunden kann als Grund ausgeschlossen werden, da alle vier ausgewerteten Betriebe weniger Zeit pro GVE aufwenden als die Referenz. Bei den Kosten weisen alle fünf Betriebe enorm hohe Abschreibungskosten auf. Bei den Betrieben B bis E ist das auf die Finanzbuchhaltung zurückzuführen: Aus steuertechnischen Gründen werden hier meist mehr Abschreibungen gemacht. Betrieb A hingegen verfolgt eine Hochleistungsstrategie mit 10 000 kg Milch pro Kuh und Jahr. Er weist Produktionskosten von weniger als 80 Rappen auf, was im Vergleich zum Schweizer Durchschnitt mit 97 Rp. pro kg sehr wenig ist. Da Betrieb A aber nur das nötigste an Ökoprogrammen verfolgt, erhält er tiefe Direktzahlungen pro kg Milch. Betrieb D zeigt mit seiner Low-Input- Strategie und hohen Direktzahlungen ein gegensätzliches Bild, was auch einen Anstieg des Erlöses pro Akh mit sich bringt (siehe Grafik).
Bei Betrieb B sank der Erlös pro Akh von 2012 bis 2015. Gründe waren grosse Investitionen 2012, 2013 und 2014. Zusätzlich hatte der Betrieb nach dem Einbau des Roboters Probleme bei der Milchleistung und der Fruchtbarkeit der Tiere. Dies führt zu markant höheren Kosten pro kg Milch und somit zu einem abnehmenden Erlös pro Akh Rindvieh.
Ein weiterer Grund für die tiefen Erlöse pro Akh ist abermals der Milchpreis. Im Jahr 2015 produzierten die Betriebe der Umfrage zu durchschnittlich 55.3 ausbezahlten Rp. pro kg Milch. Dabei gilt es zu sagen, dass alle Schaffhauser Milchbetriebe, bis auf wenige Direktvermarkter, Industriemilch produzieren. Der durchschnittliche Schweizer Industriemilchpreis lag jedoch mit 57.1 Rp. pro kg höher. Der Grund hierfür ist, dass die Milch der SHMB nicht zu Produkten mit einem Mehrwert verarbeitet wird.
Folgerungen
Die SHMB sind strukturell eher mit Betrieben aus Baden-Württemberg als mit Schweizer Talbetrieben vergleichbar. Diese grossen Strukturen lassen darauf schliessen, dass die Schaffhauser Milchproduktion strukturell wettbewerbsfähiger ist als die übrige Schweizer Milchproduktion. Dies gilt allerdings nicht, wenn in Zukunft die Nachfrage nach Milch aus kleineren Herden und einer extensiven Fütterung mit viel Wiesenfutter steigt. Bei den SHMB ist der Weidegang wesentlich weniger wichtig als in anderen Regionen und der Maissilageanteil in den Rationen ist aufgrund der schlechten Voraussetzungen für den Wiesenfutterbau sehr hoch. Weiter ermöglicht der tiefe Milchpreis auch den kostenoptimiertesten Betrieben höchstens einen durchschnittlichen Erlös pro eingesetzte Arbeitsstunde im Milchviehbereich. Investitionen in die Milchproduktion sind künftig deshalb in ihrer langfristigen Wirkung eingehend zu prüfen. Die Hälfte der befragten Milchproduktionsbetriebe will in den nächsten zehn Jahren die Milchproduktion einstellen.
AutorConny Bleuler, Bachelor in Agronomie FH, Litihof, 8215 Hallau Emil Steingruber, ES Agro Consulting, 3250 Lyss
InformationenEmil Steingruber führt eine eigenständige Firma für Unternehmensberatung für Landwirtschaftsbetriebe und nachgelagerte Unternehmen. Seine Dienstleistungen beinhalten die Beratung von Nachfolgeregelungen, Investitions-, Finanzierungs- und Strategiefragen, sowie das Coaching von Entscheidungsprozessen.
ES Agro Consulting, 3250 Lyss, Mobile 079 787 51 18, E-mail: info@es-consulting.ch Homepage: www.es-consulting.ch