Rund 140 000 geladene Lastwagen, die sich von Zürich bis Madrid in einer Kolonne aneinanderreihen: Diese Ladung entspricht dem Anteil der Nahrungsmittel, die in der Schweiz jährlich zwischen Feld und Teller verloren gehen. Von den insgesamt sechs Millionen Tonnen produzierten Lebensmitteln sind es ungefähr ein Drittel. Gemäss BAFU fallen im Jahr umgerechnet pro Kopf etwa 190 Kilogramm Foodwaste an. Rund 40 Prozent entstehen in privaten Haushalten. Aber auch die Verarbeitung (37 %) und die Landwirtschaft (9 %) verursachen einen grossen Teil der Abfälle. Die hohen Verluste haben weitreichende Auswirkungen auf Natur und Mensch. Um jene Lebensmittel zu produzieren, die am Ende nicht auf dem Teller landen, werden unnötig Ressourcen wie Wasser, Energie und Boden verbraucht. Dies kostet viel Geld. Ausserdem verschärfen Lebensmittelabfälle die Problematik der weltweiten Nahrungssicherheit, denn sie lassen die Preise steigen.
Im Rahmen ihrer Nachhaltigkeitsstrategie hat die fenaco 14 langfristige Nachhaltigkeitsziele definiert, darunter die Reduktion von Foodwaste. «In unserer Bindegliedfunktion zwischen der Schweizer Landwirtschaft und den Konsumentinnen und Konsumenten sind wir der Nachhaltigkeit verpflichtet», sagt Martin Keller, Vorsitzender der Geschäftsleitung der fenaco. Gerade in einem ressourcenarmen Land wie der Schweiz sei es notwendig, möglichst wenige Verluste zu generieren. Die fenaco engagiert sich deshalb aktiv dafür, Foodwaste entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu vermeiden. Dies geschieht gemäss dem Prinzip Teller-Trog-Tank: Sind Nahrungsmittel nicht für die menschliche Ernährung einsetzbar, werden sie zu Tierfutter oder zu erneuerbarer Energie weiterverarbeitet.
Entscheidungen auf dem Feld
Das Engagement der fenaco gegen die Verschwendung von Lebensmitteln beginnt bereits auf dem Feld – sprich mit der Anbauplanung. In enger Zusammenarbeit mit den Landwirtinnen und Landwirten setzt die fenaco alles daran, eine präzise und qualitativ hochwertige Produktion zu erzielen. Da es sich bei der Landwirtschaft aber nicht um eine fabrikartige Produktion handelt, kommt es je nach Wetterverhältnissen, regionalen Unterschieden und Landwirt zu Fehl- oder Übermengen. «Als national tätiges Unternehmen versuchen wir, diese sich ändernden Bedingungen auszubalancieren», erklärt Martin Keller.
Martin Keller, Vorsitzender der Geschäftsleitung der fenaco«Als national tätiges Unter nehmen versuchen wir, sich ändernde Bedingungen auszubalancieren.»
Ausschüsse sinnvoll verwenden
Die Produktion ist auch von den Konsumentinnen und Konsumenten abhängig. Die Kundschaft möchte regelmässig aussehende Ware kaufen. Dies führt dazu, dass erste Lebensmittelverluste teilweise bereits bei der Ernte entstehen. Die fenaco bemüht sich darum, eine möglichst hohe Ausbeute zu erreichen. «Wir versuchen, für jede Produktequalität eine entsprechende Lösung zu finden», sagt Markus Hämmerli, Leiter fenaco Landesprodukte. Ein Beispiel ist das Spezial-Label Ünique von Coop, unter welchem übergrosse, besonders kleine und unförmige Kartoffeln verkauft werden. Trotz allem ist Ausschussware unvermeidbar – wichtig ist jedoch, dass auch diese eine sinnvolle Wiederverwendung findet. Aus Äpfeln, die bei fenaco Landesprodukte nicht für den Detailhandel aufbereitet werden können, produziert die Ramseier Suisse AG zum Beispiel hochwertigen Apfelsaft.
Vom Feld zum Trog
Bei der Frigemo AG entstehen aus einem Kilogramm roher Kartoffeln rund 500 Gramm des Endproduktes. Der Rest landet aber keineswegs im Abfall: Beim Schneiden und Sortieren bleiben Stücke übrig, welche für die Herstellung von Kartoffelflocken und Rösti wiederverwertet werden können. Ebenso die unterkalibrierten Kartoffeln. Schälabfälle dienen als Schweinefutter. Damit wird der vermeintliche Abfall wieder der Nah-rungsmittelproduktion zugeführt. Ölemulsionen und teilweise auch Stärkesedimente sind für die Produktion von Biogas vorgesehen.
Auf der letzten Meile
Die fenaco setzt sich auch für überschüssige oder unverkäufliche, aber einwandfreie Lebensmittel ein. Sie unterstützt die webbasierte Spendendatenbank «Food Bridge», die durch die Hilfsorganisation Schweizer Tafel gegründet wurde. Unternehmen aus Industrie und Handel schreiben dort ihre gelegentlichen Grossspenden aus. Die teilnehmenden Hilfsorganisationen können jeweils angeben, wie viel sie von welchem Produkt benötigen.
Ein zweiter zentraler Punkt ist die Integration der fenaco in das nationale Sammelsystem der beiden Organisationen Tischlein deck dich und Schweizer Tafel. Die Rahmenverträge wurden vor Kurzem unterschrieben und Gespräche sind geplant. «Ziel ist es, unsere Produktionsstätten, Verteilzentralen und Verkaufsfilialen in die Sammeltouren zu integrieren», sagt Urs Vollmer, Nachhaltigkeitsverantwortlicher der fenaco. Alle Geschäftsbereiche zusammen haben 2018 rund 120 Tonnen Gratisspenden und 57 Tonnen Lebensmittel zu stark reduzierten Preisen abgegeben. Mit dem neusten Engagement sollen noch mehr Lebensmittel gerettet und verteilt werden.