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Kleine Energienetze mit grosser Wirkung

Strom aus Photovoltaik leistet einen wichtigen Beitrag zur Energiezukunft. Gerade im ländlichen Raum ist die Netzkapazität jedoch häufig beschränkt. Ein weiterer Zubau von Solarenergie ist dann nicht ohne Netzausbau möglich. Eine Lösung hierfür sind Microgrids, wie das Beispiel der LANDI Region Langnau AG zeigt.

Simon Joss von der LANDI Region Langnau (links) und Marten van Klooster von der Agrola freuen sich auf die Inbetriebnahme des Microgrids im Herbst in Zo...

Simon Joss von der LANDI Region Langnau (links) und Marten van Klooster von der Agrola freuen sich auf die Inbetriebnahme des Microgrids im Herbst in Zollbrück.

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Ein steigender Strombedarf und die zunehmende Einbindung von erneuerbaren Energiequellen wie Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) in das Stromnetz beanspruchen die bestehende Infrastruktur. Besonders bei leistungsstarken PV-Anlagen ist die Differenz zwischen der durchschnittlichen und der maximalen Einspeiseleistung ins Stromnetz gross und schwer voraussagbar. In der Folge bleibt entweder ein Teil des Solarstroms ungenutzt oder es droht eine Überlastung des Stromnetzes. Ein Ausbau der Netzinfrastruktur ist für die Energieversorger deshalb häufig unrentabel.

«Der Trend hin zur Elektrifizierung des Verkehrs ist eindeutig.»

Simon Joss, LANDI Region Langnau

Dass eine Steigerung der Solarstromproduktion ohne Netzausbau möglich ist, beweist ab Herbst 2022 die LANDI Region Langnau AG. An ihrem Standort in Zollbrück im Emmental entsteht derzeit ein sogenanntes Microgrid. Damit bezeichnet man ein kleines, intelligentes Stromnetz (siehe Infobox). Im konkreten Fall versorgt es eine Schnellladestation für Elektrofahrzeuge direkt über einen Batteriespeicher mit Solarstrom. Es ist das erste Projekt dieser Art, welches Agrola, die Energiedienstleisterin der fenaco, auf einem LANDI Areal umsetzt.

Flaschenhals Netzkapazität

«Die ursprüngliche Idee war die Erweiterung unserer Photovoltaikanlage, um noch mehr Solarstrom zu produzieren und hier auf dem Areal zu nutzen», so Simon Joss, Leiter Energie und Mitglied der Geschäftsleitung der LANDI Region Langnau AG. Hinzu kam der Wunsch nach einer Elektro-Schnellladestation: «Der Trend hin zur Elektrifizierung des Verkehrs ist eindeutig. Als Tankstellenbetreiberin möchten wir die entsprechende Infrastruktur anbieten», fügt er hinzu.

Die Analyse des Netzanschlusses auf dem LANDI Areal in Zollbrück ergab, dass mit der Integration der Schnellladestation mit ihrer Standardleistung von 165 Kilowatt weit mehr Leistung benötigt würde, als aus dem Netz bezogen werden kann. Auch für die Rückspeisung des zusätzlichen Solarstroms wäre der Netzanschluss nicht ausgelegt gewesen. Ein Ausbau des bestehenden Anschlusses kam aus mehreren Gründen nicht infrage. «Die Leitung hätte vom Bahnhof durch das halbe Dorf verlegt werden müssen, da unsere LANDI am Ortsrand liegt», erklärt Simon Joss. «Der Aufwand wäre enorm und die Kosten zu hoch gewesen.»

Optimaler Eigenverbrauch

Um die E-Ladestation dennoch zu realisieren, entschied man sich für das von Agrola vorgeschlagene Microgrid-Modell. Hierfür wird die bestehende PV-Anlage erweitert, um ihre Leistung von 30 Kilowatt-Peak (kWp) auf rund 120 kWp zu erhöhen. Ein Teil des Solarstroms fliesst neu in einen Batteriespeicher, welcher die Schnellladestation mit Strom versorgt. «Dass wir eine Schnellladestation direkt über einen Batteriespeicher und damit hauptsächlich mit Solarstrom betreiben, ist auch für uns Neuland», betont Marten van Klooster, Leiter Business Management Gebäude-Lösungen bei Agrola. Zentrales Element des Microgrids ist eine Steuereinheit, in welche die Photovoltaikanlage, der Speicher sowie die Schnellladestation integriert werden. Dieses Energiemanagement-System überwacht und regelt die Stromversorgung des gesamten Areals. Dort befinden sich aktuell ein Verwaltungsgebäude, ein LANDI Laden, eine Agrola-Tankstelle mit TopShop sowie eine Agrarhandelsplattform.

«Der lokal produzierte Solarstrom wird optimal genutzt.»

Marten van Klooster, Agrola

Das Microgrid kann die E-Ladestation ohne zusätzlichen Netzausbau betreiben. Und es bietet weitere Vorteile: «Der lokal produzierte Solarstrom wird optimal genutzt und die unrentable Rückspeisung ins Stromnetz minimiert. Der Bezug von Fremdstrom aus dem öffentlichen Netz bleibt konstant, somit entfallen teure Lastspitzen», resümiert Marten van Klooster.

«Jemand muss den Anfang machen»

Bis zur Inbetriebnahme des Microgrids im Herbst ist noch einiges an Detailarbeit zu leisten. Zudem wird sich erst nach Eröffnung der Schnellladestation zeigen, wie stark diese ausgelastet ist. Das System ist so ausgelegt, dass zwei Autos gleichzeitig und mehrmals nacheinander Solarstrom tanken können, ohne dass sich der Batteriespeicher vorzeitig entleert.

Dass es bei Pionierprojekten trotz der besten Vorbereitung in der Anfangsphase harzen kann, ist Simon Joss bewusst. Dies sei kein Problem, betont er, ganz im Gegenteil: «Jemand muss den Anfang machen. Für die LANDI Region Langnau AG ist es eine Investition in die Region und in die Zukunft.» Angesichts der zu erwartenden Strompreisentwicklung sei es schon jetzt ein Glücksfall, dass sich die LANDI im vergangenen Jahr für diese umfangreiche Investition entschieden habe.

Ein Modell für die Landwirtschaft?

Sind Microgrids auch eine Lösung für die Landwirtschaft? Absolut, ist Marten van Klooster überzeugt. Gerade grosse Betriebe in entlegenen Regionen könnten damit unabhängiger werden. «Viele Landwirtinnen und Landwirte besitzen bereits eine Photovoltaikanlage und möchten diese erweitern. Das Vorhaben scheitert jedoch oft an der begrenzten Anschlussleistung», bedauert der Experte. Hier könnten Microgrids Abhilfe schaffen. 

Was ist ein Microgrid?

Ein Microgrid, zu Deutsch Mikronetz, verbindet lokale erneuerbare Energieressourcen (z. B. Solaranlagen), Batteriespeicher und Verbraucher (z. B. E-Ladestationen) miteinander. Das Herzstück eines Microgrids ist die zentrale Steuereinheit, welche Lastspitzen ausgleicht und eine optimale Energieversorgung gewährleistet.

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