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Landleben

Schönheit, Kraft und Eleganz

Paso Fino ist eine der ältesten Gangpferde rassen der Welt. Im thurgauischen Schocherswil werden die eleganten Rösser gezüchtet. Mit 60 Pferden ist das Gestüt der Familie Greb europaweit der grösste Zuchtbetrieb dieser Rasse.

Claudia Greb auf dem Hengst Cazador de Luna Llena. Das Pferd zeigt die sogenannte Dreibeinstütze beim Tölten. Es berührt also mit drei Hufen gleichzeiti...

Claudia Greb auf dem Hengst Cazador de Luna Llena. Das Pferd zeigt die sogenannte Dreibeinstütze beim Tölten. Es berührt also mit drei Hufen gleichzeitig den Boden. 

(Andrea Gerber)

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Journalist und Fotograf BR

Eine herrliche Kulisse: 25 junge Hengste und Wallache fressen, spielen und bewegen sich auf einer grossen Koppel. Am Horizont erheben sich Säntis und Alpstein. Für die ein- bis vierjährigen Jungtiere ist das ein wichtiger Abschnitt in der Aufzucht, denn auf dem grossen und weiten Gelände erlangen sie die notwendige Trittsicherheit, Ausdauer und Abhärtung. Im Thurgauer Dorf Schocherswil gibt es seit 2002 das Gestüt von Claudia und Daniel Greb für Paso-Fino-Gangpferde. Der Zuchtbetrieb ist mit 60 Pferden europaweit der grösste dieser Rasse.

Das Besondere an den Paso Finos ist der Paso (ähnlich dem Tölt), neben Schritt, Trab und Galopp der vierte Gang, als natürliche Hauptgangart. Dieser wird auf Spanisch Paso (Gang) genannt, denn die Pferde haben ihren Ursprung in Kolumbien. Den Paso zeigen die Tiere je nach Veranlagung und Versammlungsfähigkeit (Körperhaltung mit Reiter oder Reiterin) in unterschiedlichen Geschwindigkeiten: Classic Fino, Paso Corto und Paso Largo (schnellster Paso).

Man sagt über diese Pferde oft «sie haben brio», was übersetzt so viel wie «Reaktionsbereitschaft und Willigkeit gepaart mit Energie» bedeutet. Doch beim Paso Fino sind damit all die guten Charaktereigenschaften gemeint, die diese Rasse verkörpert. Die Paso Finos gelten als menschenfreundlich, klug und lernwillig. Zudem sind diese Pferde sehr aufmerksam und angenehm im Umgang. Ein wichtiges Zuchtziel ist die gewisse Spritzigkeit unter dem Sattel und ein ausgeprägter Gehwille.

Ein Druckfehler führt zur erfolgreichen Zucht

Claudia Greb-Schorta, in Freienstein-Teufen (ZH) aufgewachsen, suchte als Jugendliche eine Reitmöglichkeit in einer Pferdezeitschrift. Da sie bereits auf Islandpferden – die mit dem Tölt eine ähnliche Gangart wie der Paso Fino vorweisen – erste Reiterfahrungen sammelte, schrieb sie, sie habe Erfahrung mit den Gangarten «Tölt» und «Pass». Die Zeitschrift produzierte aber einen Druckfehler und machte aus «Pass» das Wort «Paso», eben die Gangart der Paso Finos. «Diese Pferde waren dazumal vor 30 Jahren in der Schweiz noch weitestgehend unbekannt». Es hatte jedoch vereinzelt ein paar dieser Pferde, und so meldete sich eine Person aus Bachs ZH erfreut bei Claudia Greb. Der Irrtum offenbarte sich natürlich rasch, die Reiterin lud Claudia Greb 1990 jedoch trotzdem zum Reiten auf ihren Paso Finos ein. «Die Begeisterung ob der einmaligen Rasse war schnell geweckt, und als ein paar Jahre später die Gelegenheit da war, reiste ich in die USA, das grösste Paso-Fino-Zuchtland ausserhalb Kolumbiens, um mich eingehend auf dieser Rasse weiterzubilden», erzählt Claudia Greb-Schorta. Sie verbrachte danach immer wieder mehrere Monate im US-Bundesstaat South Carolina, wo sie sich zur Paso-Fino-Trainerin ausbilden liess. In Freienstein, wo sie auch ihren Mann Daniel Greb kennenlernte, besassen sie bald einen «Paso-Fino-Hof» mit 15 Pferden, eingemietet auf drei verschiedenen Höfen. Die mehrheitlich direkt aus den USA gekauften Pferde bildeten den «Grundstock» für ihre erfolgreiche Zucht.

2001 bot sich dem Paar die Möglichkeit, einen zehn Hektaren grossen Landwirtschafts-Betrieb zu pachten. Grebs fassten so die Aufgabe, diese alte Kultur-Pferderasse zu züchten, deren Ursprung in die Seefahrerzeit um 1500 zurückgeht. Ohne bäuerlichen Hintergrund, aber mit viel Mut und Passion gründeten sie 2001 die Swiss Paso Fino Farm GmbH.

Das Herz der Zucht sind die Mutterstuten, denn sie sichern den Nachwuchs. Deshalb kommt ihnen eine besondere Aufmerksamkeit zu. Während der gesamten Aufzucht werden die jungen Pferde von fachkundigen Betreuenden umsorgt. Die ersten zwölf Monate verbringen die Fohlen mit ihrer Mutter, dann finden sie – je nachdem, ob Hengst oder Stute – ihr neues Zuhause in einer von zwei Herden. Die meisten Hengste werden im Alter von etwa zwei bis drei Jahren kastriert. Ab dreieinhalb Jahren startet die Ausbildung zum Reitpferd.

Das Herz der Zucht sind die Mutterstuten.

Im Gestüt kommen jährlich zwei bis acht Fohlen zur Welt – im schwarzen, blonden, beigen, roten oder braunen Haarkleid. Unter besten Aufzuchtbedingungen garantieren die Grebs eine artgerechte Haltung. «Wir haben sehr viel Erfahrung und das Know-how zur Ausbildung dieser Rasse», sagt Daniel Greb.

Die Swiss Paso Fino Farm brachte schon 125 Nachkommen hervor. Das zeigen die Zuchtbücher. «Das Herdebuch für unsere Pferde wird in den USA geführt, da wir alle unsere ursprünglichen Zuchtpferde aus den USA importiert haben», sagt Greb. «In den ersten zehn Jahren kauften wir Zuchtpferde – Stuten und Hengste – aus South Carolina, USA. Der südöstliche US-Bundesstaat ist nebst Florida eines der Zentren für Paso Finos.»

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Der Paso Fino: grazil, wendig, leichtrittig und athletisch. 

(Urs Oskar Keller)

Feinfühlige Alleskönner

«Paso Finos sind Experten der menschlichen Körpersprache. Man muss ihre Sprache verstehen», sagt Greb. Die Reitenden führen die Pferde mit dem Bosal (Nasenzaum) und mit Zügeln, später mit der Trense, aber vor allem mit Körperimpulsen. Die Pferde stehen zu 60 Prozent auf den Vorderbeinen, zu 40 Prozent auf den Hinterbeinen. Durch das geeignete Training verschiebt sich die Gewichtsverteilung auf je 50 Prozent vorne und hinten. Die Paso Finos sind sehr ausdauernde Arbeitspferde, und in Kolumbien werden sie noch heute in der Landwirtschaft eingesetzt, zum Teil für den Transport von Zuckerrohr oder Mais auf Packsätteln. Wegen ihrer Trittsicherheit sind sie auch für Bergtrekkings geeignet.

Paso Finos gelten als die bequemsten Pferde, wenn es um die Gangart «Tölt» geht. Ihr Name heisst übersetzt nämlich auch «feiner Gang». Die Reitenden spüren dabei absolut keine Erschütterung. Der Unterschied macht die hohe Frequenz – man nennt dieses Phänomen auch Quickness.

Paso Finos sind für anspruchsvolle Freizeitreiter.

«Paso Finos sind für anspruchsvolle Freizeitreiterinnen und -reiter.» Diese Energie zu kontrollieren, ist sowohl für das Pferd als auch für die Reiterin die grösste Herausforderung an dieser Rasse. Man sagt auch, der Paso Fino sei gezüchtet worden, um so bequem und so spektakulär wie möglich von A nach B zu kommen.

Paso Finos sind also Pferde für den anspruchsvollen Freizeitreiter, der es liebt, auf einem temperamentvollen und feinfühligen, vor allem aber bequem zu sitzenden Pferd zu reiten. Dafür ist er oder sie auch bereit, 20 000 Franken zu bezahlen. Rund 80 Prozent der Pferde werden von Frauen aus der ganzen Schweiz, vorwiegend aber aus der Ostschweiz gekauft. Ein Pferd haben Grebs bis nach England verkauft. Für die Paso-Fino-Szene veranstalten sie Reitturniere, Kurse, Kinderlager und geben Unterricht. Grossen Wert legen sie auf die Weiterbildung von Pferd und Reiter. «Die Pferdezucht ist ein brotloser Job. Es braucht viel Passion», sagt Claudia Greb-Schorta. In der Schweiz gibt es nebst der Zucht in Schocherswil eine Paso-Fino-Zucht in Henau SG und je eine in den Kantonen Bern und Wallis. 

Ein spezielles Gen

Warum verfügen die Südamerikaner neben Schritt, Trab und Galopp über den Paso? Forscher der schwedischen Universität Uppsala fanden 2012 heraus, dass lediglich die Mutation eines einzigen Gens die Unterschiede bei den Gangarten erklärt. Auch bei anderen Pferden mit aussergewöhnlichen Gang arten wie beim nordeuropäischen Islandpferd oder beim Tennessee Walking Horse aus den USA sei die Mutation des Gens verbreitet, schreibt das Fachmagazin «Nature». Die bequeme Rittweise des eleganten Pferdes begeistert auch Oskar Saxer aus Hefenhofen (TG). Der über Siebzigjährige war bis vor einiger Zeit fast täglich mit seinem braunen Wallach «Oro Fuego de la Suiza» – 2014 im Greb-Gestüt in Schocherswil geboren – in der Umgebung unterwegs. Er führte das Pferd vor allem mit einer Nasezäumung. Der frühere erfolgreiche Military-Reiter schätzt Pferde mit Mut und Ausdauer. «Ich mag den feinen Gang. Das Pasoreiten machte mir immer sehr viel Spass», sagt er. Da passe auch der Spruch: «Das Glück dieser Erde liegt auf dem Rücken der Pferde.»

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