Die Stickstoffdüngung ist auch für versierte Profis eine anspruchsvolle Aufgabe. Ziel ist es, den Pflanzenbestand in Abhängigkeit seines aktuellen Zustandes, der Boden- und Witterungsbedingungen und des zu erwartenden Ertrages adäquat zu versorgen. Neue Hilfsmittel wie Satelliten- oder Drohnenbilder kombiniert mit Computermodellen sind in Entwicklung und unterstützen den Entscheidungsprozess, wie die Düngung zu bemessen ist. Der Vorteil dieser Modelle ist, dass sie auf unterschiedliche Datenquellen zugreifen sowie komplexe Zusammenhänge verarbeiten können und es so zukünftig erlauben, die verschiedenen in Pflanzen und Boden ablaufenden Prozesse zu erfassen. Das Potenzial dieser Technologien zu nutzen und in die Praxis umzusetzen, hat sich die Versuchsstation «Smarte Technologien in der Landwirtschaft», die in der Anwendungsregion Thurgau-Schaffhausen operiert, auf die Fahne geschrieben. Mit dem Projekt «Smart-N» wird die sensorgestützte, teilflächenspezifische N-Düngung am Beispiel von Winterweizen zusammen mit Pilotbetrieben während der Jahre 2022 bis 2024 umgesetzt.
Multispektralbilder bilden das Wachstum ab
Ein Schlüssel zu einer präziseren Stickstoffdüngung sind Multispektralbilder der Pflanzenbestände, die mittels Satelliten, Drohnen oder Traktorkameras aufgenommen werden können. Diese Bilder fliessen in Computermodelle ein, die daraus den Düngungsbedarf der Pflanzen berechnen. Darauf aufbauend werden schlussendlich Applikationskarten erstellt, die auf den Traktor überspielt werden und den Düngerstreuer ansteuern. Dieser bringt dann an jeder Stelle die vordefinierte Stickstoffmenge aus. Die benötigten Grundlagen für die Umsetzung der ortsspezifischen Düngung in die Praxis stammen aus jahrelanger Vorarbeit von Agroscope sowie einer Doktorarbeit in Zusammenarbeit mit der ETH und der Swiss Future Farm. Die Ergebnisse dieser dreijährigen Versuchsserie auf sieben Feldern sind ermutigend:
- Auf den Projektflächen liessen sich die N-Gaben durchschnittlich um 23 Prozent im Vergleich zur Betriebsvariante reduzieren, ohne negativen Effekt auf den Ertrag.
- Es war kein direkter Effekt auf den Proteingehalt des Weizens feststellbar. Dieser lag jeweils über 12 Prozent.
- Die natürliche Mineralisierung des Bodens betrug 66 – 143 kg N pro Hektare und Jahr.
- Die Stickstoffüberschüsse (gedüngter N, der nicht durch die Pflanzen aufgenommen wurde) liessen sich auf den Projektflächen um rund 30 Prozent vermindern.
Die vielversprechenden Resultate aus der Forschungsarbeit von Agroscope und ETH lassen aufhorchen. Jedoch bestehen für die Umsetzung in die Praxis noch offene Punkte. So gilt es, die Verfahren für die automatische Erfassung der Bodenheterogenität als wichtigen Baustein für die erfolgreiche teilflächenspezifische Düngung zu verfeinern. Auch die automatische Abschätzung der Mineralisierungsprozesse im Boden ist derzeit noch lückenhaft. Diese offenen Fragen werden im Rahmen des Projekts Smart-N bearbeitet.
Versuchsstation Smarte Technologien in der Landwirtschaft
Die Versuchsstation besteht aus der Forschungsanstalt Agroscope, den Kantonen Thurgau und Schaffhausen sowie der Beratungszentrale Agridea. Sie hat das Ziel, die Digitalisierungsmöglichkeiten in der Landwirtschaft zugunsten einer ressourcen- und klimaschonenden Bewirtschaftung in der Anwendungsregion Thurgau-Schaffhausen zu testen und gezielt für den Einsatz in der Praxis weiterzuentwickeln. Das Projekt Smart-N ist das Pilotprojekt der Versuchsstation, das die sensorgestützte, teilflächenspezifische Stickstoffdüngung am Beispiel des Winterweizens in die Praxis tragen will.
Praxismethoden werden im Projekt Smart-N getestet
Die Bereitstellung und Auswertung von Multispektralbildern, die von Satelliten, Drohnen oder traktorgebundenen Geräten stammen, wird heute von zahlreichen Firmen angeboten. Diese Information allein genügt aber nicht, sondern sie muss für die Bemessung der Düngung mit Bodeninformationen sowie passenden Modellen zur Stickstoffmineralisierung ergänzt werden. Zu diesem Zweck werden in der Anwendungsregion im Projektjahr 2022 auf drei und von 2023 bis 2024 auf zehn Betrieben am Markt verfügbare Produkte eingesetzt und die Resultate verglichen. Ziel ist es, eine Methode zu erarbeiten, die sich in der Praxis möglichst einfach umsetzen lässt und an die Resultate aus dem oben erwähnten Forschungsprojekt anknüpft.
Digitalisierung zum Nutzen aller
Das Beispiel der Stickstoffdüngung zeigt, dass in den digitalen Technologien ein grosses Potenzial steckt, das es zu nutzen gilt. Nur mit digitalen Mitteln ist es möglich, die grosse Komplexität der sich im Feld abspielenden Prozesse zu erfassen und besser zu managen. Ziel ist es, effizienter zu produzieren, die vorhandenen Ressourcen schonend zu nutzen und die negativen Auswirkungen der Düngung auf die Umwelt zu vermindern.