Das Ursprungsgebiet des Rebbaus liegt in Kleinasien, dessen Bewohner bereits Wein herstellten. Vor rund 4000 Jahren wurde die Rebe in Ägypten angesiedelt, gelangte dann nach Griechenland und später, in der Römerzeit, nach Italien. Die Römer brachten sie nach Frankreich, wo sich der Rebbau verbreitete. Die Rebe, eine der ältesten bekannten Pflanzen, wurde stetig weiterentwickelt. Mit Trockenheit kommt sie gut zurecht, obschon sie auf bestimmten Böden und während klar definierter Phasen der Entwicklung Wasser benötigt, um den hohen Ansprüchen an Traubenertrag und -qualität gerecht zu werden.
Bewässerung der Reben
Die Bewässerung der Reben durch Beregnung nahm um 1950 ihren Anfang, hauptsächlich an exponierten Lagen und auf durchlässigen Böden, wie man sie an südexponierten Hängen im Wallis vorfindet. Das an diesen Lagen verbreitete Beregnungssystem besteht aus einer bis zwei Beregnungen à 30 bis 40 mm. Das Wasser wird einem oberhalb des Rebbergs gelegenen Reservoir entnommen und stammt aus den umliegenden Hängen. Bewässerungsgenossenschaften unterhalten das System sektorenweise und das Wasser fliesst mit Schwerkraft und nicht mit Pumpen. Jeder Sprinkler deckt eine Fläche von rund 320 m 2 ab und verteilt 1300 Liter Wasser pro Stunde. Eine Beregnungsphase dauert somit acht bis zehn Stunden.
«Das Verhältnis der Rebe zu Wasser ist ambivalent. Wasserüberschuss fördert die Blattentwicklung, die Fruchtgrösse und reduziert den Zuckergehalt sowie den Gehalt an Polyphenolen. In durchlässigen Böden vermag die Rebe die Stomata zu verschliessen, um den Wasserverbrauch zu regulieren. Dies kann jedoch Stresserscheinungen durch Wassermangel hervorrufen und die Qualität der Weine beeinträchtigen. Vor allem Weissweine können einen Bittergeschmack aufweisen», erklärt Christian Blaser, Winzer und Verantwortlicher für Bewässerungsprojekte im Wein- und Obstbau beim Unternehmen CCD SA in Fully. Gemäss dem Fachmann ist die Bewässerung mittels Beregnung weniger anspruchsvoll in Bezug auf die Wasserqualität (Trübung). Sie bringt aber viele Nachteile wie Bodenerosion, hohe Verdunstung und ungleichmässige Ausbringung auf den Boden.
Tropfbewässerungssystem
Aktuell entscheiden sich die Winzer, die ein neues Bewässerungssystem anschaffen, fast ausschliesslich für ein Tropfbewässerungssystem. «Die Wasserzufuhr ist feiner und zielgerichteter und die Bewässerung kann parzellenspezifisch und den Qualitätsansprüchen entsprechend erfolgen. Während mit der Tropfbewässerung eine Wassereffizienz von 90 bis 95 Prozent erreicht wird, liegt sie bei einem Beregnungssystem bei nur 70 bis 80 Prozent», präzisiert Christian Blaser. Tropfbewässerungssysteme verbrauchen zudem 30 bis 40 Prozent weniger Wasser, weil sie geringere Wassermengen in kürzeren Zeitintervallen direkt in den Wurzelbereich leiten. Der Abstand zwischen den Tropfern der Wasserleitung beträgt 50 bis 100 cm. Die Wurzeln holen sich das Wasser in der mit Wasser versorgten Zone. Zu Beginn der Traubenreifezeit wird ein leichter Wasserstress angestrebt. Eine dreistündige Wasserzufuhr entspricht fünf bis sechs Litern pro Rebstock. Wird im optimalen Zeitpunkt ein- bis zweimal wöchentlich bewässert, ist die Wasserversorgung gleichmässiger. Zudem können zeitgleich mit der Bewässerung andere Arbeiten im Rebberg verrichtet werden. Da das Blattwerk trocken bleibt, werden weder Pilzkrankheiten gefördert noch Pflanzenschutzmittel von Blättern oder Trauben abgewaschen.
In der Schweiz ist es üblich, die Schläuche der Tropfbewässerung auf dem ersten Draht oder auf einem Extradraht zu befestigen. Dieses Vorgehen birgt den Vorteil, dass der Boden bis unmittelbar an den Rebstock bearbeitet und das Wasser in die Reihe direkt zur Pflanze geleitet werden kann, ohne das Unkrautwachstum zwischen den Reihen zu begünstigen. Einige Produzenten nutzen die Gelegenheit, bei einer Neupflanzung die Leitungen einer Tropfeinrichtung unterirdisch zu verlegen, was allerdings aufwändig und in flachgründigen, steinigen Böden nicht immer möglich ist. Bei dieser Lösung können verstopfte Tropfer zum Problem werden und eine fachmännische Beratung ist empfehlenswert.
Praktische Erfahrung
Im Dorf Begnins in der Waadtländer La Côte bewirtschaftet Reynald Parmelin mit seiner Familie das Weingut La Capitaine. Er produziert nach den Richtlinien des Biolandbaus und ist seit zehn Jahren auch Demeter-zertifiziert. 2003 installierte der Winzer auf einer Fläche von zwei Hektaren eine Tropfbewässerung, von deren Nutzen er rasch überzeugt war. «In den letzten Jahren haben die jungen Rebstöcke, deren Wurzelwerk erst schwach entwickelt ist, unter der mit dem Klimawandel einhergehenden Trockenheit gelitten», erläutert Parmelin. «Versuche von Changins haben nachgewiesen, dass Reben, die unter Wasser- oder Stickstoffstress leiden, eine verminderte Traubenqualität hervorbringen. Diese Qualitätseinbusse schlägt sich auch in der Weinqualität nieder», fährt der selbsteinkellernde Winzer fort. Er erzählt weiter, dass er bewässern kann, weil ihm eine Bewässerungsgenossenschaft ermöglicht, seine Reben mit Seewasser zu versorgen. Zur Reinigung durchläuft das Wasser eine Filterstation, damit die Tropfer nicht verstopfen. Heute ist fast die gesamte Betriebsfläche mit einer Tropfbewässerung ausgestattet.
Tropfbewässerung
Vorteile
• Effizienzsteigerung und Wassereinsparung
• Geringe Verdunstung und Abschwemmung
• Bewässerung parzellenspezifisch
• Geringes Krankheitsrisiko, weil das Blattwerk trocken bleibt
• Gleichmässige und zielgerichtete Wasserverfügbarkeit
• Einsatz von Nährstofflösungen möglich
• Automatisierung möglich
Nachteile
• Wasserfilterung nötig, um Verstopfungen der Tropfer zu vermeiden
• Regulierung des Drucks ist notwendig
• Frostbekämpfung nicht möglich
• Nährstoffauswaschung bei unsachgemässer Systemanwendung