Die Schweizer Landwirtschaft 2020 ist eine Geschichte von turbulenten Märkten und unvorhergesehenen Ereignissen. Mit dem Corona-Lockdown im März dieses Jahres explodierten über Nacht die Verkäufe in den Hofläden - Schweizerinnen und Schweizer setzten auf regionale Produkte und kleine Läden. Viele Bäuerinnen und Bauern reagierten rasch, bauten ihr Angebot aus oder boten Lieferdienste an. Während die Hofläden boomten, waren es für die Marktfahrer schwierige Zeiten, da die Märkte nicht stattfinden durften.
Auch die Absatzmärkte wurden durcheinandergewirbelt. So stieg im Detailhandel der Kartoffelabsatz deutlich, die Pommes-Frites-Verkäufe brachen wegen der fehlenden Gastronomie aber ein. Auch das stark auf die Gastronomie ausgerichtete Kalbfleisch hatte unter dem Gastro-Shutdown zu leiden.
Verbreitet wurde befürchtet, dass wegen der geschlossenen Grenzen zu wenige Erntehelferinnen und -helfer in die Schweiz kommen könnten. In Zusammenarbeit mit den Behörden wurden jedoch Lösungen gefunden und auch Schweizer Kräfte konnten eingesetzt werden.
Frühe Ernten prägten Pflanzenbau
Der Vegetationsbeginn startete wegen des äusserst milden Winters früh. Während des Lockdowns sorgten sich Landwirtinnen und Landwirte im April auch ob der Trockenheit. Ab Mai setzte dann aber mehr Niederschlag und wüchsiges Wetter ein. Die Sommerfrüchte überzeugten auch dank vieler Sonnenstunden durch zehn Tage früher aus üblich und die Lager sind besser gefüllt als im Vorjahr.
Die Gemüseproduktion entwickelte sich stabil, das übliche Sommerloch blieb aus, weil die Schweizerinnen und Schweizer ihre Ferien im Inland verbrachten. Die Weinernte fiel tiefer aus als im Vorjahr, die Winzerinnen und Winzer wurden von der geschlossenen Gastronomie und der Absage von Weinfesten hart getroffen. Immerhin wird ein guter Weinjahrgang erwartet.
Ein äusserst schwieriges Jahr erlebten die Zuckerrüben-Produzenten. In den westlichen Anbaugebieten wütete die Viröse Vergilbung, eine Pflanzenkrankheit, gegen die dieses Jahr kein Mittel wirkte. Entsprechend tief fielen die Erträge aus. Die Fabriken können rund 220'000 t Zucker produzieren. Zu wenig, um die Nachfrage zu decken.
Die Brotweizenernte fiel ähnlich hoch aus wie im Vorjahr. Deutlich gestiegen ist hingegen die Ernte von Futterweizen. Das hängt mit der höheren Anbaufläche zusammen - der höchsten seit 2010 -, wobei der Zielwert der Fläche noch weit entfernt ist. Ebenfalls eine ausgebaute Anbaufläche wegen der hohen Nachfrage führte beim Raps zur grössten Ernte seit 2014.
Das Waldjahr wurde von zwei Trends geprägt: Wegen des Klimastresses und des Borkenkäfers drückte erneut viel Schadholz auf die Preise. Und während des Lockdowns zog es viele Leute in die Wälder, wo sie leider teils auch ihre Spuren hinterliessen.
Erstmals weniger als 20'000 Milchbetriebe
Erstmals in der aktuellen Geschichte fiel die Zahl der Milchbetriebe auf unter 20'000. Die Anzahl Milchkühe sank weniger stark als in den Vorjahren und die Milchmenge blieb ungefähr stabil. Weil die Nachfrage hoch ist, bleibt Milch ein eher knappes Gut.
Eine Unterversorgung mit Milchfett und eine Überversorgung mit Milcheiweiss führten zu tiefen Butterlagern, weshalb insgesamt 5'800 t Butter importiert werden mussten. Auch die hohe Nachfrage trug dazu bei. Die Zeiten von Milchsee und Butterbergen sind vorbei.
In der Schweineproduktion konnte nach 2019 erneut kostendeckende Preise erzielt werden. Nach schwierigen Jahren konnten die Schweinehalter auch wieder investieren.
Die Corona-Situation sorgte für einen deutlich höheren Absatz von Eiern im Detailhandel. Erneut legten die Hennen in der Schweiz über eine Milliarde Eier, es waren wieder mehr als im Vorjahr.
Für die Viehzüchter war es ein wechselvolles Jahr, das aber positiv endete. Die Kuhpreise waren besser als in den Vorjahren. Nach dem Lockdown erholte sich der Kälbermarkt rasch, wurde allerdings von der zweiten Corona-Welle stärker getroffen als das Rindfleisch.
Die Bienen - wichtige Helferinnen der Schweizer Landwirtschaft - brachten dieses Jahr deutlich mehr Honig ein als im schlechten Vorjahr. Aber nachdem die Imkerinnen und Imker letztes Jahr zu wenig Honig hatten, fielen nun wichtige Absatzkanäle wie Herbstmessen und Weihnachtsmärkte weg.
Der gesamte Jahresrückblick des Landwirtschaftlichen Informationsdienstes (LID) ist als pdf-Datei verfügbar.
Quelle: LID