Das Areal ist weitläufig. Dies bemerken die zehn angehenden Agrotechniker und eine angehende Agrotechnikerin, als sie an einem Donnerstagnachmittag vor den Hallen der Wauwiler Champignon AG aus ihren Fahrzeugen steigen. Heute ist kein Unterricht im Schulzimmer. Auf dem Plan steht eine Betriebsbesichtigung im Luzerner Mittelland – mitten in der Realität eines Agrarmarktes, der abseits der klassischen Landwirtschaft existiert. Doch erst muss die Gruppe den Sitzungsraum finden. Dort wird später schnell klar, dass der Betrieb kein gewöhnlicher Betrieb ist, sondern ein Paradebeispiel für die spezialisierte Nischenproduktion ohne agrarpolitisches Auffangnetz.
Eine Nische mit Herausforderungen
Mit 220 Mitarbeitenden und einer wöchentlichen Produktion von rund 100 t weissen und braunen Champignons ist die Wauwiler Champignon AG die grösste Pilzproduzentin der Schweiz. «Trotz dieser Grösse bewegen wir uns in einem sensiblen Marktumfeld», erklärt Geschäftsführer Roland Vonarburg der Runde. Die Champignonproduktion unterliegt dem freien nationalen und internationalen Markt: «Ohne Direktzahlungen, Grenzschutz oder Exportunterstützung stehen wir im ständigen Wettbewerb.» Für die Studierenden wird das komplexe Zusammenspiel von Markt, Betriebskosten und Nachhaltigkeit greifbar. Fachlehrer Christoph Kempter nutzt die Gelegenheit, um die betriebswirtschaftlichen Realitäten zu verdeutlichen: «Solche Exkursionen geben den Studierenden einen echten Einblick in die Herausforderungen und Chancen der Agrarbranche. Die hier gewonnenen Erkenntnisse nehmen sie direkt mit in ihre berufliche Zukunft.»
Ein Abschluss für mehr Möglichkeiten
Die Weiterbildung zum Agrotechniker HF bietet breite berufliche Perspektiven – sei es für Führungsaufgaben in spezialisierten Unternehmen oder zur Weiterentwicklung eines eigenen Betriebs.
Simon Tobler, Landwirt«Wer heute einen Landwirtschaftsbetrieb führen will, braucht mindestens den Betriebsleiterabschluss.»
Simon Tobler aus Urnäsch (AR) ist überzeugt, dass eine Weiterbildung an einer höheren Fachschule eine Notwendigkeit ist: «Wer heute einen Landwirtschaftsbetrieb führen will, braucht mindestens den Betriebsleiterabschluss. Die Weiterbildung gibt mir das nötige betriebswirtschaftliche Know-how und eröffnet neue Möglichkeiten auch ausserhalb des Betriebs», beschreibt der künftige Betriebsnachfolger eines Nebenerwerbsbetriebs die doppelte Nützlichkeit seines Abschlusses.
Dustin Herkner, Gemüsegärtner«Was ich im Unterricht lerne, kann ich morgen bei der Arbeit direkt umsetzen.»
Auch Dustin Herkner, der neben dem Studium im Verkauf eines grossen Gemüsebaubetriebs arbeitet, schätzt Praxisbezug: «Welchen Einfluss die Preispolitik des Detailhandels hat und wie man sich am Markt behauptet, finde ich spannend. Was ich heute lerne, kann ich morgen bei der Arbeit direkt umsetzen.»
Innovation als Schlüssel zum Erfolg
Bei der Führung durch die Hallen der «Vertical Farm» steigt das Interesse der Gruppe nochmals spürbar. Es ist faszinierend zu sehen, wie präzise die klimatisierten Kulturräume gesteuert werden, um optimale Bedingungen für das Wachstum der Champignons zu schaffen. Beeindruckt zeigt sich die Gruppe von der manuellen Ernte. Hier sind keine Hilfskräfte am Werk, sondern erfahrene Spezialistinnen und Spezialisten, die mit geschultem Auge selektiv die besten Champignons schneiden. Ressourcenverbrauch, Platz- und Personalbedarf und nicht zuletzt die internationale Konkurrenz erfordern hier stetige Innovation.
Geschäftsführer und Inhaber Roland Vonarburg erklärt: «Wer in der Schweiz Lebensmittel gewinnbringend produzieren will, muss überzeugende Argumente liefern.» Eines davon ist der konsequente Weg in Richtung Nachhaltigkeit: Dazu gehören in Wauwil beispielsweise die Nutzung von Abwärme aus der Abluft und die Beteiligung an der nahegelegenen Kompogas-Anlage. Insgesamt konnte über die letzten Jahre der Energiebedarf pro Kilogramm Champignons um 14 Prozent gesenkt werden.
Daniela Steiger, Landwirtin«Hier wird klar, was es heisst, ein Produkt auf dem freien Markt zu verkaufen.»
Durch das Auffangen und Aufbereiten von Regenwasser spart die Firma zudem einen Drittel des gesamten Wasserbedarfs ein. Daniela Steiger, die neben ihrem Studium auf einem Milchwirtschaftsbetrieb arbeitet, bringt es auf den Punkt: «Hier wird klar, was es heisst, ein Produkt auf dem freien Markt zu verkaufen.»
Nachhaltige Eindrücke für die Zukunft
Mit Bildern im Kopf von spriessenden Pilzen, straff organisierten Abläufen und manueller Präzision endet der Tag für die Gruppe bei einem gemeinsamen Abendessen. Auf den Tellern: Champignons im Speckmantel und cremiges Pilzrisotto. Simon Tobler fasst die Eindrücke zusammen: «Das war die interessanteste Exkursion bisher. Uns war gar nicht bewusst, welchen Herausforderungen sich ein solcher Betrieb stellen muss.»
Die Erkenntnisse des Tages sind wertvoll für die angehende Branchenspezialistin und die angehenden Branchenspezialisten: Sie werden in Zukunft vielleicht bald selbst vor ähnlichen Herausforderungen stehen – sei es in der Führung eines eigenen Betriebs oder in spezialisierten Unternehmen der Agrarbranche.
Führungstrainee-Programm bei der fenaco
Weiterbildungen wie der Abschluss zum Agrotechniker HF oder Agrokaufmann HF eröffnen vielseitige Karrieremöglichkeiten in der Agrarbranche. Die fenaco Genossenschaft bietet Absolventinnen und Absolventen mit ihrem Führungstrainee-Programm eine attraktive Einstiegsmöglichkeit. Dabei wird breites Wissen in den Bereichen Agrar, Detailhandel, Energie und Rechnungswesen vermittelt und gezielt der Einsatz von Führungsinstrumenten geschult. Nach dem Programm besteht die Option, eine Führungstätigkeit innerhalb der fenaco-LANDI Gruppe zu übernehmen.