Wie kann Landwirtschaft in einem Wüstenstaat funktionieren und sogar expandieren? Dieser Frage gingen die Teilnehmenden der UFA-Revue Leserreise in die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) nach. Die VAE sind ein Land der Superlative: Wo vor 25 Jahren noch Wüste war und die Küstenbewohnenden vom Perlentauchen und bescheidener Landwirtschaft lebten, sind nun ultramoderne Städte. Die VAE verfügen über das sechstgrösste Ölvorkommen der Welt. Der Reichtum des Landes zeigt sich in einem Steuersatz von 0 %, Einheimische erhalten bei der Heirat ein Grundstück vom Staat geschenkt und auch Geld für den Bau eines Eigenheims wird grosszügig gewährt. Die Kosten der Verwaltungsbehörden werden mit Gebühren finanziert, vorwiegend mit der Alkoholabgabe, die 30% beträgt.
Tag 1
Knapp 7 Flugstunden von der Schweiz entfernt, erwartete uns die multikulturelle Grossstadt Dubai mit über 3 Millionen Einwohnenden. Von den gesamthaft über 10 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern in den VAE sind 85 % Arbeitsmigranten und -migrantinnen.
Eine wichtige Einnahmequelle in den VAE bildet der Tourismus. Deshalb werden in Dubai täglich 550 l Wasser pro Person benötigt. Wasser ist in Wüstenstaaten aber normalerweise knapp. In den VAE produzieren 70 Entsalzungsanlagen landesweit rund 4,3 Milliarden Liter entsalztes Wasser. Dazu wird Grundwasser abgepumpt. Abwasser wird aufbereitet und speist über Tropfanlagen Parks und Grünanlagen. Zudem wird "Cloud-Seeding" praktiziert – von Flugzeugen aus werden Salzmoleküle in die Wolken geschossen, die dann Regen abgeben.
Tag 2 – das alte Dubai, Gewürzmarkt, Goldbasar, Wassershow Burj Khalifa
Auf einem kleinen Spaziergang durch das historische Viertel Al Bastakiya lernten wir die Feinheiten der Kaffee-Zeremonie kennen. Mit dem Wassertaxi fuhren wir zum Gewürz- und Goldsouk. Das Abendessen nahmen wir in einem Restaurant mit Blick auf den Burj Khalifa ein und genossen die mit Musik untermalte Lichter- und Wassershow.
Tag 3 Burj Khalifa, Kamelfarm, grosse Moschee
In einem der grössten Einkaufszentren der Welt befindet sich der 828 Meter hohe Burj Khalifa. Mit einer Geschwindigkeit von 10 Metern pro Sekunde brachte uns der Aufzug zur 124. Etage, von wo wir einen atemberaubenden Blick über die Grossstadt geniessen konnten – ein unvergessliches Erlebnis!
Anschliessend besuchten wir die grösste Kamelmilchfarm der VAE. Unter dem Namen «Camelicious» wird auf der Farm zweimal täglich die Milch von circa 4000 Tieren verarbeitet und weltweit exportiert. Dafür sind 700 Angestellte im Einsatz. Die Milch gilt als sehr gesundes Nahrungsmittel und soll Antikörper gegen verschiedene Krankheiten enthalten. Da die Moleküle von Fett und Protein anders sind als bei Kuhmilch, ist sie auch für Menschen mit Milchallergie verträglich. Je nach Saison gibt ein Kamel durchschnittlich 7- 10 Liter Milch. Geschlechtsreif werden die weiblichen Kamele mit etwa 3 Jahren. Jeweils von Mitte September bis März werden sie trächtig. Die Tragzeit beträgt 13 Monate. Nach der Geburt bleiben die Jungtiere für 40 Tage bei der Mutter. Danach sind sie in getrennten Gehegen untergebracht, haben aber Sicht und Geruchskontakt. Vor dem Melken saugt das Jungtier 1-2 Liter Milch direkt bei der Mutter. Kamele können ca. achtmal trächtig werden, bei einer Lebenserwartung von 20 bis 25 Jahren.
«In Abu Dhabi ist der Reichtum, in Dubai die Wirtschaft und Entwicklung» sagt uns Reiseleiter Mohamed. Dieser Reichtum wurde uns vor Augen geführt bei der Besichtigung der imposanten Sheikh Zayed Moschee. Sie gehört zu den eindrucksvollsten Bauwerken der VAE.
Tag 4 Falkenklinik, Hydroponik Farm
In den VAE sind Falken Statussymbol und Haustier zugleich und können mehr als 200'000 US-Dollar kosten, je nach Rasse und Farbe. Die Tiere haben sogar einen Reisepass, in welchem ihre persönlichen Daten festgehalten sind. Da die Jagd mit Falken in VAE seit 1993 verboten ist, reisen Besitzer und Falken mit Emirates Airlines beispielsweise nach Kasachstan. Der Falke hat dabei einen eigenen Sitzplatz und reist 1. Klasse. Dreimal pro Jahr müssen seine Krallen geschnitten werden, dies geschieht in der Falkenklinik, die wir besichtigten. Die Tiere werden sediert, die Krallen geschnitten und der allgemeine Gesundheitszustand wird kontrolliert. Problemlos werden defekte oder fehlende Federn ersetzt, drei Operationsräume und ein Notfallteam stehen rund um die Uhr zur Verfügung. 10-11'000 Falken werden so jährlich behandelt. Hat der Besitzer keine Zeit sein Tier abzuholen, steht ein Falken-Hotelzimmer auf dem Gelände zur Verfügung, Gruppenhaltung in einer Freiflughalle bei längeren Aufenthalten wird auch angeboten.
Die VAE haben zurzeit einen Selbstversorgungsgrad von etwa 42% und arbeiten daran, diesen auszubauen. Zurzeit gibt es vier Hydrokulturfarmen. Dieses Anbausystem benötigt 70% weniger Wasser. Wir besuchten die älteste Hydrokulturfarm der VAE: seit 2005 in Betrieb, 7,5 ha gross, 21 Angestellte, geplante Erweiterung auf 32 ha. Das Wasser ist kostenlos, der Strom wird vom Staat subventioniert. Vor Ort werden vor allem Salate und Kräuter produziert. Saatgut kommt aus Ägypten und Südafrika, Technologie aus den Niederlanden, die Steinwolle zur Anzucht der Samen aus Polen. Die Samen werden von Hand gesät, nach der Keimung werden die Setzlinge entweder ins Freiland oder im vorwiegend gekühlten Gewächshaus, in Röhren versetzt, durch welche das Substrat fliesst. Verkauft werden die Produkte an Supermärkte und Hotels, geerntet wird von Hand (mit Wurzelballen) nach rund 45 Tagen, Überschuss wird kompostiert.
Tag 5, Miracle Garden, Pferdegestüt
Eine Welt der Blütenpracht erwartete uns im Dubai Miracle Garden, dem grössten Blumengarten der Welt. Der 7,2 ha grosse Park beherbergt ein Meer von 150 Millionen Blumen, die zu Schlössern und lebensgrossen Häusern sowie weiteren Arrangements verarbeitet wurden.
Schardscha, unser nächstes Ziel, war bis Mitte der 1950er Jahre das bedeutendste Emirat, konnte aber aufgrund der vergleichsweise geringen Erdöl-Vorkommen nicht mit dem Wachstum Abu Dhabis und Dubais mithalten. Auf dem 272 ha grossen Gelände des Sharjah Equestrian & Racing Clubs mit 415 Angestellten werden die edlen Araber Pferde gezüchtet, hier vor allem Showpferde. Es wird künstlich besamt, eine Dose kostet zwischen 600-100'000.- US-Dollar. Besonders edle Tiere erzielen dann schon mal Preise von 300'000.- Euro. Bewertet werden die Tiere von fünf Richtern nach den Kriterien Hals, Bewegung, Kopf, Rücken und Ausstrahlung. Zurzeit sind etwa 1'200 Pferde auf dem Gelände. Den Tieren wird ein umfassendes Wellnessprogramm geboten: pro Woche gehts 2–3-mal in den Swimmingpool, ein Vibrationsbrett für Fussgelenke und Muskeln steht ebenso zur Verfügung wie ein Horse Walker mit knietiefem Wasser, Wärmelampen und Kühlbadewanne.
In Fujeirah besuchten wir die 2017 gegründete Rumailah Milchfarm, mit über 300 Jersey Kühen. Gefüttert wird Alpha Gras, das aus Indien importiert wird, sowie Soja und Mais. Die Kühe sind in auf 18-20 Grad Celsius gekühlten Ställen untergebracht, Jungvieh aufgeteilt in Altersgruppen. Im Hochsommer steht eine gekühlte Freilaufhalle zur Verfügung. Zurzeit werden 60 Kühe 2-mal täglich gemolken mit durchschnittlich 6'200 Litern pro Laktationsperiode. Es wird künstlich besamt mit gesextem Samen und die Abkalbung erfolgt gestaffelt. Die Rohmilch wird auf 0 Grad gekühlt, pasteurisiert, kontrolliert und anschliessend in Flaschen abgefüllt. Butter, Ghee, Laban und Eiscreme werden ebenfalls produziert.
6. Tag, Biofarm, Dattelhain und Kamelmarkt
Seit den 1970er-Jahren werden viele Wüstengebiete durch systematische Bewässerung in landwirtschaftlich nutzbare Gebiete verwandelt. In den grundwasserreichen Gebieten um Al Ain und im Hadschar-Gebirge kann seit jeher Landwirtschaft und Viehzucht betrieben werden. Wir besuchten die grösste Biofarm in Privatbesitz der VAE: 25 ha, 200 Angestellte. Seit 2016 werden mehr als 50 Gemüsesorte angebaut, gedüngt wird mit Kompost und dem Mist der 35'000 Hühner der Farm. Unkrautbekämpfung und Ernte erfolgen von Hand. Das Gemüse wächst in Mischkulturen, der Boden ist zum Teil mit weisser Plastikfolie abgedeckt gegen Fliegen. Zur Schädlingsbekämpfung wird Oel aus den Samen des Neem Baums vermischt mit Essig, Knoblauch und Zwiebeln eingesetzt. Das kostenlose Wasser wird aus einem Staudamm in unterirdischen Rohren hergeleitet, Grundwasser wird mittlerweile aus 200 Metern Tiefe heraufgepumpt. Die Pflanzen werden durch Tropfbewässerung versorgt. Hier wird auf Expansion gesetzt, geplant ist eine Erweiterung auf 100 ha. Da der Boden salzhaltig ist, braucht es drei Jahre Vorbereitung bis zur ersten möglichen Anpflanzung.
In den VAE stehen rund 42 Millionen Dattelpalmen, sie machen etwa 57% des Landwirtschaftsertrags aus. In Al Ain besuchten wir eine Datteloase. Eindrücklich wurde uns das Erklimmen der hohen Bäume in rasanter Geschwindigkeit vorgeführt. Das Wasser wird über die steinernen Falaj-Kanäle verteilt, ein traditionelles arabisches Bewässerungssystem.
Auf dem Kamelmarkt erfuhren wir, was ein Kamel auszeichnet und attraktiver macht als andere. Ziegen, Kühe und Schafe standen ebenfalls zum Verkauf. Der Handel und das Feilschen der Käufer und Verkäufer war spannend zu sehen.
7. Tag, das moderne Dubai, Wüstensafari
Bei leichtem Regen (!) starteten wir unsere Rundfahrt durch das moderne Dubai. Trotz geringem Ölvorkommen (nur 3%) werden in Dubai 11% des BIP der VAE erwirtschaftet. Der moderne Jachthafen von Dubai, erstaunliche Wolkenkratzer, das Wahrzeichen von Dubai, der Burj Al Arab, ein 7-Stern Hotel in Form eines Segels, erwarteten uns auf unserer Fahrt.
Spektakulär ist die 560 ha grosse Insel „Palm Jumeirah». Allein die Aufschüttungsarbeiten dauerten zwei Jahre. Die Insel besteht aus drei Abschnitten: dem „Stamm“, den „Palmenwedeln“ und dem sie umgebenden „Sichelmond“ zum Schutz gegen Sturmfluten. Der vier Kilometer lange und 600 Meter breite „Stamm“ und die 16 „Palmenwedel“ sind miteinander verbunden und bilden zusammen eine Insel. Der Fusspunkt der Palme ist über eine 300 Meter lange Brücke mit dem Festland verbunden. Insgesamt wurden schätzungsweise 200 Millionen Kubikmeter Sand und Steine für die Aufschüttung benötigt.
Ein Bummel durch den Souk Madinat Jumeirah rundete den Vormittag ab.
Gegen Abend wurden wir von Allradfahrzeugen abgeholt und in die Wüste gefahren. In rasantem Tempo durchfuhren wir die Dünen. Beim anschliessenden Abendessen wurden wir mit Bauch-, Derwischtanz und Jongleur-Darbietungen unterhalten.
Gegen Mittag des folgenden Tages flogen wir zurück in die Schweiz.
Wer lebt, sieht viel, wer reist, sieht mehr.
(arabisches Sprichwort)