Die Ausgangsituation auf dem Getreide- und Ölsaatenmarkt ist 2022 schwieriger als in den Vorjahren. Das letzte Jahr mit seinen chaotischen Wetterbedingungen und den resultierenden niedrigeren Erträgen hinterliess seinen Stempel bei den diesjährigen Preisen für das Erntegut. Und obwohl das Jahr 2022 noch relativ jung ist, hat es mit der schlimmen Kriegssituation in der Ukraine ebenfalls einen deutlichen Einfluss auf die Agrarbranche und die Preisentwicklungen.
Dementsprechend wurde dem MAXI-Event 2022 von vielen Seiten mit Spannung entgegengeblickt. Diese Veranstaltung ist der jährliche Treffpunkt für die Partnerinnen und Partner des MAXI-Systems Getreide und Ölsaaten (siehe Kasten unten).
Am Morgen des 07. Aprils eröffnete Fortunat Schmid, Mitglied der Geschäftsleitung der fenaco Getreide, Ölsaaten und Futtermittel (GOF) den Event, zu dem rund 250 Gäste erschienen waren.
Futtergetreideversorgung durch gute Partnerschaften sichergestellt
Basil Rüttimann, Leiter Geschäftsbereich Futtergetreide fenaco GOF, machte den Auftakt der fünf Vortragsrunden. Rüttimann ging in seiner Präsentation konkret auf die aktuelle Versorgungssituation beim Futtergetreide ein.
Aufgrund der mageren Ernten 2021 war das inländische Futtergetreide bereits im Dezember aufgebraucht. Ein Import aus Deutschland und Frankreich, so wie in den letzten Jahren üblich, ist in diesem Jahr nicht die Lösung, um Lücken zu schliessen. Denn auch die Schweizer Nachbarn hatten mit schlechten Wetterbedingungen und Minderqualitäten zu kämpfen.
Somit geht der Blick nach Osten. In diesen Regionen wurden top Ernten eingefahren. Aber hier ist die logistische Abwicklung über den Bahntransport ein «Lupf», wir Rüttimann ausführte. Statt einer Ländergrenze wie bei Frankreich und Deutschland, müssen im Fall von Rumänien vier Ländergrenzen passiert werden. Basil Rüttimann fasst es so zusammen: «Erst die Logistik auf die Beine stellen und dann schauen, wo man kaufen kann.»
Basil RüttimannErst die Logistik auf die Beine stellen und dann schauen, wo man kaufen kann.
Dank der schon bestehenden, guten Beziehungen zu Handelspartnern wie Rumänien und Ungarn sei die Versorgung mit Futtergetreide weiter sichergestellt. Dennoch hat der Kriegsausbruch in der Ukraine dazu geführt, dass die ohnehin schon hohen Preise noch einmal kräftig anstiegen.
Die Proteinversorgung wird eine Herausforderung
Ausgerechnet die kriegsgebeutelte Ukraine ist der wichtigste Proteinlieferant. Die Ukraine besitzt 32 Millionen Hektaren Ackerland mit fruchtbaren Schwarzerdeböden. Aber auch global gesehen wird die Beschaffung von Protein, zum Beispiel Futtersoja, eine Herausforderung werden. Die Ernten in Südamerika werden aufgrund von Trockenheit geringer ausfallen. Da von dort ohnehin nur wenig GVO-freies, zertifiziertes Material verfügbar ist, muss als Konsequenz die Ware zu 80 Prozent aus Europa kommen.
Gute Preise fürs inländisches Getreide
Dass die geringere Verfügbarkeit von inländischer Ware die Preise anheben würde, wurde erwartet. Die Frage war nur in welchem Masse und wieviel zusätzlich importiert werden müsse. Erst anfangs April veröffentlichte die fenaco GOF die Schlussabrechnungspreise für das Getreide und die Ölsaaten. Bei den Ölsaaten sind die Preise seit 2020 kontinuierlich im Aufstieg, allerdings mit Schwankungen. Es ist aber mehr als wahrscheinlich, dass der Trend anhält. Für 2021 sind die Erlöse deutlich höher, als in den Vorjahren. Die Nachfrage nach Raps und auch Sonnenblumen ist gross. Bei den Sonnenblumen wird die Rahmenmenge zudem auf 20 000 Tonnen erhöht. Joseph von Rotz, Leiter Fachbereich Schweizer Lebensmittel bei fenaco GOF, betonte: «Das Absatzpotential sollten hier nicht ungenutzt bleiben.»
Joseph von RotzDas Absatzpotential sollte hier nicht ungenutzt bleiben.
Beim Getreide war die Ernte im Inland die tiefste seit vielen Jahren, mit schwächeren Qualitäten als sonst üblich. Allerdings halfen die strategischen Lager der letzten Jahre eine Versorgungslücke abzufangen.
Die Abrechnungspreise sind dementsprechend deutlich über dem Vorjahresniveau. Aber auch bei den steigenden Importpreisen zeigt sich die allgegenwärtig hohe Nachfrage. Allerdings können diese durch Anpassungen bei den Grenzabgaben kompensiert werden. Um die Versorgung sicherzustellen wurde das Importkontingent aktuell noch einmal um 40 000 Tonnen erhöht. Zum Vergleich: Das Kontingent wurde in den letzten Jahren nie ausgeschöpft. Im Gegenzug wurden die Schutzzölle historisch verringert, auf Fr. 5.60 je 100 kg Brotgetreide.
Auch die Bio-Offensive der fenaco blieb bei von Rotz nicht unerwähnt. Einen hohen Stellenwert hat dabei die Annahme von Druschfrüchten. Kulturen die besonders gesucht sind, werden mit Zuschlägen honoriert (Sonnenblumen, Raps, Soja und Ackerbohnen). Die Beratungsdienstleistung soll diesbezüglich stark erweitert werden.
Mit Ausblick auf die nahe Zukunft sei ein klares Ziel eine Anbauplanung 2023, die auf den Bedarf und die Versorgungssicherheit ausgerichteten sei, so von Rotz.
Auch beim MAXI-System bleibt die Zeit nicht stehen
Als Fortunat Schmid, Leiter Geschäftsbereich Qualitätsmanagement bei fenaco GOF, wieder ans Podium trat, informierte er, dass das MAXI-System einige Anpassungen aufgrund veränderter Rahmenbedingungen erfahren werde. Sozusagen ein MAXI-System 2.0. Seit das System vor 20 Jahren ins Leben gerufen wurde, hat sich vieles verändert. Der Investitionsbedarf nimmt zu, Digitalisierung und Datenaustausch sind ein Thema, die Produktequalität und Logistik haben sich verändert und Angebot und Nachfrage stimmen nicht immer überein. Das Konzept knüpft an vielen Punkten zur ganzheitlichen Optimierung an. Konkrete Beispiele sind zum Beispiel ein regional bedarfsgerechter Anbau, um Lager- und Frachtkosten zu senken, eine Überarbeitung des Bahnkonzepts hin zu schlagkräftigen Sammelstellen und digitale Übernahmescheine.
Als weiteren Punkt präsentierte Fortunat Schmid die Übernahmebedingungen der Ernte 2022. Wichtige Punkte sind hier, dass es keine Kleinstmengenabzüge beim Bio mehr geben soll und die Mengen beim Mahlgetreide gezielter gesteuert werden.
Am Ende des Vortrags stellte Schmid den Plan einer neuen Sammelstelle vor, die 2025 «live gehen» soll. Sie kann auf einem Areal bei Biblis bis 25 000 Tonnen aufnehmen.
Tierfütterung aus einheimischen Rohstoffen = Wunschdenken?
Als Gastredner präsentierte Stephan Gut, Geschäftsleitung UFA AG, einen Überblick zur Versorgungssituation in der Tierfütterung bezüglich einheimischen Rohstoffen. Gleich zu Beginn machte Gut das Dilemma deutlich: Es gibt immer mehr Menschen in der Schweiz, die potentiell auch Fleisch essen. Gleichzeitig gehen die Ackerflächen zurück, die Menschen und Tiere ernähren. Die Menschen schätzen aber die Swissness der tierischen Produkte. Es wird künftig immer schwieriger werden, nur oder überwiegend inländisches Futter zu nutzen. Die Erträge stagnieren oder nehmen sogar ab, was unter anderem dem Klimawandel geschuldet ist. Die Extensivierung im Anbau ist ein weiterer Grund für ein Risiko hin zu Ertragsverlusten.
Hinzu kommt noch die Schwierigkeit der Proteinversorgung. Eine Zulassung, um Protein durch tierische Nebenprodukte (PAPs) zu ergänzen, ist für die Schweiz auf das Jahr 2023 erwartet. Inwieweit man dem Anspruch gerecht werden kann die Tiere mit einheimischen Futter zu versorgen, hängt auch von der Kategorie ab. Beim Rindfleisch und der Milch sind die Aussichten eher positiv, da sie ohnehin überwiegend mit Grundfutter, sprich von den heimischen Wiesen, gefüttert werden.
Nach der Initiative ist vor der Initiative
Die Vortragsrunde schloss Urs Schneider, Stellvertretender Direktor des Schweizer Bauernverbandes. Er nahm Stellung zur Initiative gegen Massentierhaltung, die vom Verband klar abgelehnt wird. Dennoch wird diese Initiative zur Abstimmung kommen. Die Forderungen der Initianten sollen laut deren Aussage das «Ende der industriellen Nutztierhaltung» bedeuten. Die Massnahmen dazu haben aber enorme Auswirkungen auf die Landwirtschaft: Massiv höhere Produktionskosten, eine verringerte Produktion und steigende Importe aus Ländern, bei denen die Tierschutz-Reglemente weniger strikt oder gar nicht erst vorhanden sind.
Schneider verdeutlichte, wie positiv die Entwicklung hinsichtlich des Tierschutzes in der Schweiz bereits sei und dass die Schweiz schon sehr gute Regelungen haben, so zum Beispiel im Bereich der Obergrenzen für Tierbestände. Im Ausland existieren solche Grenzen hingegen nicht.
Um das Stimmvolk grundlegend aufzuklären wird eine Kampagne in mehreren Schritten bis zur Abstimmung erfolgen. Dies wird ähnlich erfolgen wie im Vorjahr, als die beiden extremen Agrarinitiativen (Trinkwasser und Pestizid) zur Abstimmung standen.
Zu guter Letzt
Heinz Mollet, Leiter Divison Agrar bei der fenaco Genossenschaft, hielt das Schlusswort und bedankte sich bei Hansjörg Reiss, ehemaliger Vorsitzender der Geschäftsleitung von fenaco GOF, für seine wertvolle Arbeit. Zudem fand Mollet deutliche Wort hinsichtlich des «zu verurteilenden Angriffskrieg auf die Ukraine.»
Der diesjährige MAXI-Event konnte sicherlich einige wichtige Fragen klären und es zeigt, dass das System auch in der Version 1.0 Versorgungslücken gut abfangen kann.
System MAXI
In einer engen, partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit gegen 100 Getreidesammelstellen hat die fenaco-LANDI Gruppe ein nachhaltiges Modell zur Vermarktung von Getreide und Ölsaaten geschaffen: das System MAXI.
Über das System MAXI vermarktet die fenaco-LANDI Gruppe bedeutende Anteile des inländischen Brotgetreides sowie der inländischen Ölsaaten.
Das System MAXI basiert auf:
- einer verbindlichen Aufgabenteilung zwischen den Getreidesammelstellen und der fenaco
- einer Akontozahlung im Herbst
- einem transparenten Ausweis über Verkaufserlöse und Kostenelemente der Schlussabrechnung im Frühjahr
Weitere Informationen: fenaco GOF