Für Entscheidungsfindungen in der Präzisionslandwirtschaft werden kleinräumige Informationen zu Bodenbeschaffenheit und Nährstoffverfügbarkeit benötigt. Herkömmliche Laboranalysen von Bodenproben sind dafür meist zu kostspielig. Aushelfen können verschiedene Sensoranwendungen. Eine bisher in der Geo- und Umweltforschung angewandte Technik, die Gammaspektroskopie, basiert auf der Messung natürlicher Radioaktivität im Boden. Mit dem Sensorsystem von Soiloptix feiert diese Technologie in Übersee und im benachbarten Ausland einigen kommerziellen Erfolg und wurde bereits auf Tausenden Hektaren Ackerland eingesetzt. An einem Trägerfahrzeug montiert, wird der Sensor über das Feld gefahren. Zusätzlich werden mindestens drei Bodenproben pro Feld für Laboranalysen entnommen. Diese verwendet Soiloptix für die jeweils auf das Feld zugeschnittene Kalibration.
Der lange Katalog an bestimmbaren Bodenparametern deutet auf einen Alleskönner hin. Da keinerlei Validierung des Systems vorliegt, weder von der Firma noch extern, ist in Anbetracht der schieren Anzahl von Messgrössen wohl eine Portion Skepsis angebracht. Ein klarer Vorteil dieser Technik gegenüber Sensoren, welche das sichtbare und das Nahinfrarotlicht verwenden, liegt jedoch auf der Hand – statt nur die Bodenoberfläche abzutasten, lässt diese Technik tief blicken, in Mineralböden zwischen 30 und 60 cm tief.
Natürliche Radioaktivität
Die Radioaktivität im Boden ist hauptsächlich auf radioaktiv zerfallende Atomsorten, sogenannte Radioisotope, der Elemente Uran, Thorium und Kalium zurückzuführen. Diese sind bereits bei der Geburt der Erde entstanden und befinden sich in den Gesteinen der Erdkruste und in den Mineralböden, die sich daraus gebildet haben. Die sogenannte Gammastrahlung, die beim Zerfall von radioaktivem Kalium und bei Zwischenprodukten beim Zerfall von Thorium und Uran ausgestrahlt wird, ist intensiv genug, um in Böden unmittelbar nachweisbar zu sein. Ebenfalls in Böden gut nachweisbar ist Gammastrahlung, die beim Zerfall von radioaktivem Cäsium ausgestrahlt wird. Hier kann eigentlich nicht von «natürlicher» Radioaktivität gesprochen werden, denn dieses Cäsium stammt vom Reaktorunfall in Tschernobyl und von Atombombentests der 50er- und 60er-Jahre.
Stromimpulse als Mass
Soiloptix und ähnliche Systeme setzen sogenannte Szintillationszähler ein. Die Gammastrahlung aus dem Boden trifft auf einen Salzkristall im Sensor, löst dabei schwache Lichtblitze aus, welche in messbare Stromimpulse übersetzt werden. Diese Stromimpulse sind charakteristisch für den jeweiligen Zerfall. Zählt man sie, bekommt man ein direktes Mass für Uran, Thorium, Kalium und Cäsium im Boden.
Mit den Laboranalysen von drei Bodenproben wird pro Feld für jede Zielgrösse, zum Beispiel organischer Kohlenstoff, eine mathematisch-statistische Beziehung zum Uran, Thorium, Kalium und Cäsium bestimmt. Daraus werden schliesslich die Bodeninformationskarten abgeleitet. Die Kalibration pro Feld ist wichtig, da vor allem das Ausgangsgestein, aus dem sich der Boden gebildet hat, aber auch das vergangene landwirtschaftliche Management entscheidenden Einfluss hat.
Robuste Korrelationen sind entscheidend
Das oben beschriebene Prinzip hinter Soiloptix und ähnlichen Systemen steht und fällt mit den statistischen Beziehungen («Korrelationen») zwischen der Bodeninformation und der gemessenen Strahlung. Diese Beziehungen müssen ausgeprägt sein und für das jeweilige Feld Gültigkeit haben. Für die durch Soiloptix als anwendbar gelisteten Bodeninformationen gibt es nur für wenige Fälle gut dokumentierter wissenschaftlicher Literatur. Am besten belegt und auch plausibel erklärbar ist die Beziehung für die Vorhersage der Tonfraktion (mineralische Bodenpartikel kleiner als 2 µm), da insbesondere Thorium, aber auch Uran bevorzugt an Minerale in der Tonfraktion gebunden sind. Auch für die Beziehungen mit organischem Kohlenstoff gibt es Belege in der Literatur – das Cäsium aus dem radioaktiven Niederschlag des letzten Jahrhunderts wurde aufgrund seiner Ähnlichkeit mit Kalium schnell in die Pflanzen aufgenommen und befindet sich heute tendenziell in der organischen Fraktion des Bodens.
Keine wissenschaftliche Literatur findet sich zu anderen von Soiloptix gelieferten Parametern, zum Beispiel zu Nitrat-Stickstoff. Dieser ist für die Optimierung der Stickstoffdüngung interessant. Von Agroscope und Innovagri gesammelte Erfahrungen mit Soiloptix im Versuch hinterliessen hier ein grosses Fragezeichen. Der von Soiloptix ausgegebene Nitrat-Stickstoff entsprach stets einem fixen Prozentsatz des Gesamtstickstoffs. Diese scheinbare «Kopplung» entsprach weder der Realität in den untersuchten Feldern, noch scheint dies generell für gedüngte Böden eine gute Näherung darzustellen. Schliesslich ist der mineralische Stickstoff ziemlich dynamisch durch Düngung, Pflanzenaufnahme, mikrobielle Freisetzung und Immobilisierung sowie Verluste bestimmt. Der Gesamtstickstoff im Boden ist jedoch eine vergleichsweise konstante Grösse.
Fragwürdige Parameter beiseite, wird für die Schätzung der organischen Substanz und des Tongehaltes eine gute Anwendbarkeit erwartet, zum Beispiel zur Bestimmung von Teilflächen für die teilflächenspezifische Saat und Düngung. Die entstandenen Hypothesen werden in Folgeversuchen weiter untersucht. Geplant ist eine Messkampagne im Herbst 2022.
Soiloptix als Landor-Service
Für das Jahr 2022 baut Landor in Zusammenarbeit mit Innovagri ein Bodenprobefahrzeug mit hydraulischem Bodenprobenstecher und einem Soiloptix-Sensor. Damit will Landor in einem Pilotprojekt prüfen, ob sich die ÖLN-Bodenprobe mit einer räumlich hochaufgelösten Kartierung der Bodeneigenschaften ergänzen lässt.
Co-Autor Frank Liebisch, Agroscope, Leiter Forschungsgruppe Gewässerschutz und Stoffflüsse