Das Wort «Lebensmittel» beschreibt etwas Essentielles, nämlich Mittel oder Nahrung die der Mensch zum Leben braucht. Viele Schweizer Haushalte wünschen sich, dass mehr qualitativ hochwertige, gesunde und vor allem umweltschonend produzierte Lebensmittel «Made in Switzerland» angeboten werden. Die wichtigste Vermarktungspartnerin von Schweizer Obst-, Gemüse- und Kartoffelproduzentinnen und -produzenten, die fenaco Landesprodukte, nimmt sich diesem Thema an. Deshalb wurde im Bereich Kernobst das Programm «Lebendiger Obstgarten» (Französisch: Vergers Vivants) ins Leben gerufen. Die praxisorientierte Initiative soll den Obstbau in der Schweiz einen Schritt vorwärtsbringen. Die beteiligten Produzentinnen und Produzenten erhalten von der fenaco in der Umsetzung der Programmpunkte technische Unterstützung. Für einige Massnahmen gibt es zudem eine direkte finanzielle Entschädigung durch die fenaco, da deren Umsetzung zu höheren Produktionskosten führt. Finanzielle Mittel sollen für Massnahmen und nicht fürs Marketing eingesetzt werden. Um am Markt einen Mehrpreis für diese ökologisch wertvoll produzierten Produkte zu realisieren, sucht fenaco Landesprodukte Synergien mit Partnern in der Wertschöpfungskette.
Von der Forschung zur Praxis
Dem Programmstart ging eine intensive Forschungsarbeit voraus. Die fenaco Landesprodukte arbeitete mit dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) an einem Projekt zur Reduktion von Pflanzenschutzmittelrückständen in Äpfeln. Innerhalb einer Forschungskooperation von fenaco und Agroscope (Kompetenzzentrum des Bundes für landwirtschaftliche Forschung) wurde das Projekt «Schweizer Äpfel – natürlich!» lanciert. Die gewonnenen Erkenntnisse bilden das Fundament für die Initiative «Lebendiger Obstgarten». Forschung und Entwicklung und der gegenseitige Wissenstransfer bilden wichtige Eckpfeiler des Programms. Die Initiative «Lebendiger Obstgarten» umfasst sechs Programmpunkte.
Die natürliche Schädlingsbekämpfung
Eine natürliche Schädlingsbekämpfung ist wichtig für eine ökologische Produktion. Das Fördern von Nützlingen kann helfen, den Einsatz von Pestiziden zu reduzieren. Erprobte Vorgehensweisen stehen dabei zur Verfügung. Durch das Anbringen von Nistkästen können insektenfressende Vögel gefördert werden. Die «Verwirrmethode» mit Duftstoffen (Pheromonen) eignet sich wiederum, um ein grosses Aufkommen von Insekten zu verhindern. Dabei wird die, über Duftstoffe stattfindende, Kommunikation zwischen männlichen und weiblichen Individuen einer Insektenart gestört. Die Männchen können dadurch die Weibchen nicht mehr finden und befruchten.
Biologisch und mechanisch vorgehen
Treten Pilzkrankheiten auf, werden besonders zu Beginn der Vegetationsperiode, synthetische Fungizide verwendet. Ab Mitte Juni bis zur Ernte setzen die Produzentinnen und Produzenten des Programms in Zukunft nur noch Pflanzenschutzmittel ein, welche auch in der biologischen Landwirtschaft Verwendung finden. Unkräuter werden ebenfalls überwiegend synthetisch bekämpft. Sie müssen in Obstgärten beseitigt werden, da sie den Obstbäumen Nährstoffe und Wasser entziehen. Eine mechanische Bekämpfung, zum Beispiel durch Hacken, ist wünschenswert. Allerdings stellt sie auch eine Herausforderung dar, da sie aufwendig ist und hohe Mehrkosten verursacht.
Förderung der Biodiversität und Bodenaktivität
Ohne Bestäuber entstehen aus den Blüten später keine Früchte. Vor allem Wildbienen und Hummeln sind dabei erwünschte Besucher in Obstgärten. Um sie gezielt einzuladen, ist zum Beispiel der Bau von Bienenhotels eine Option. Die Biodiversität hat einen grossen Einfluss auf das Vorhandensein von bestäubenden Insekten und anderen Nützlingen. Durch das Anlegen von Blumenwiesen und Buntbrachen oder das Pflanzen von Hecken wird Bienen und weiteren Insekten- und Tierarten eine Heimat geboten. Raubvögeln lassen sich fördern, indem Nistkästen und Sitzstangen angebracht werden. Dies ermöglicht eine nachhaltige Mäusebekämpfung. Kleine Raubtiere, wie das Wiesel, sind ebenfalls erprobte Mäusejäger. Sie finden in aufgeschichteten Steinhaufen eine Heimat. Aber auch die Bodenbiodiversität ist wichtig. Mikroorganismen und Kleinstlebewesen sind an Wechselwirkungen im Boden beteiligt, die essentiell für die Bodengesundheit sind. Nur auf einem gesunden Boden können Pflanzen kräftig wachsen. Ein Boden, der Tausende von Jahren Zeit hatte, sich zu entwickeln, muss erhalten und gepflegt werden. Mit dem Einsatz von Kompost und organischem Dünger wird der Humusgehalt gefördert und die biologische Aktivität des Bodens verbessert.
Sparsame Nutzung von Ressourcen
Dank dem Einsatz von Technologien wie der Tröpfchenbewässerung kann der Wasserverbrauch in den Obstgärten signifikant gesenkt werden. Dabei bekommen die Bäume in den Anlagen genau so viel Wasser, wie sie für das jeweilige Vegetationsstadium benötigen. Es verdunstet und versickert weniger Wasser. Sonden, welche die Feuchtigkeit im Boden erfassen (Tensiometer) können helfen zu entscheiden, wann eine Bewässerung notwendig ist.
Das Projekt «Lebendiger Obstgarten» ist somit im Einklang mit der Weiterentwicklung der Agrarpolitik «AP 22+». Die Botschaft dabei ist, dass umwelt- und tierfreundlicher produziert werden sollte. Dies beinhaltet, dass weniger nicht erneuerbare Ressourcen verbraucht werden. Ein reger Wissensaustausch ermöglicht es, trotzdem effizienter zu produzieren. Den Landwirtinnen und Landwirten wird eine Zukunft geboten, indem der Mehrwert ihrer Produkte stärker zur Geltung gebracht wird. Besonders das Generieren und Verdeutlichen eines Mehrwerts der erzeugten Produkte ist ein wichtiges Anliegen vom «Lebendigen Obstgarten».
Massnahmenpaket «Lebendiger Obstgarten»
• Förderung von Nützlingen zur natürlichen Schädlingsbekämpfung
• Reduktion des Einsatzes von synthetischen Pflanzenschutzmitteln
• Förderung der mechanischen Unkrautbekämpfung
• Ausbau der Biodiversität
• Verbesserung der Bodenaktivität
• Reduktion des Wasserverbrauchs in der Bewässerung
Weiterführende Informationen www.lebendigerobstgarten.ch