Bis 2013 wurde das Rapssaatgut mit einem Wirkstoff aus der Gruppe der Neonicotinoide gebeizt. Dies hat in den meisten Fällen genügt, um den Rapserdfloh unter der wirtschaftlichen Schadschwelle zu halten, flächige Insektizidbehandlungen im Nachauflauf waren die Ausnahme. Nach der Suspendierung der Neonicotinoid-Beizmittel muss der Rapserdfloh nach dem Auflaufen breitflächig mit Insektiziden bekämpft werden. Es sind nur Insektizide aus der Gruppe der Pyrethroide bewilligt. Diese sind starke Nützlingsgifte und auch gefährlich für Wasserorganismen. Weil Insektizide aus nur einer Wirkstoffgruppe bewilligt sind, besteht vor allem bei Mehrfachbehandlungen ein grosses Resistenzrisiko. Resistenzen sind in Deutschland, Frankreich und Grossbritannien bereits recht verbreitet nachgewiesen worden. In der Schweiz hat Agroscope ein Monitoring bezüglich Resistenzentwicklung beim Rapserdfloh durchgeführt. In zwei Parzellen in der Ostschweiz, wo Mehrfachbehandlungen durchgeführt wurden, vermutet man Resistenzen. Es geht also darum, die Insektizid-Behandlungen auf das notwendige Minimum zu beschränken, um Resistenzbildung zu vermeiden und die Umwelt nicht zu belasten.
Eine frühe Behandlung ist gerechtfertigt, wenn der Bestand gefährdet ist.
Käfer oder Larve bekämpfen?
Die bisher gültige Bekämpfungsschwelle beim Auflaufen des Raps (Keimblattstadium) liegt bei 50 Prozent der Pflanzen mit mehreren Frassstellen. Im 5- bis 8-Blattstadium des Rapses (Mitte bis Ende Oktober) liegt die Schwelle bei 80 Prozent Pflanzen mit Frassstellen und 100 Käfern in der Falle innerhalb von drei Wochen oder alternativ, wenn an sieben von zehn Trieben mindestens eine Larve zu finden ist. Im Keimblattstadium des Rapses frisst der Käfer kleine Löcher oder Schabstellen. Bei einem sehr starken Besatz können die Rapspflanzen eingehen. Untersuchungen haben allerdings gezeigt, dass eine Rapspflanze erst ab einem Blattfrass von mehr als 25 Prozent gefährdet ist. Wird bereits behandelt, wenn nur einzelne Frassstellen sichtbar sind, dann ist diese Behandlung unnötig aus der Sicht der Bestandessicherung.
Das ist auch der Fall, wenn die Hälfte der Pflanzen, oder sogar mehr, im Bestand vereinzelt Symptome zeigen. Nun kann argumentiert werden, dass in diesem Fall die Käfer eliminiert wurden und die Larven kein Problem werden. Wer früh behandelt muss davon ausgehen, dass die Käfer noch bis Ende Oktober einfliegen und Eier ablegen. Zudem sind die Larven im 5- bis 8-Blattstadium (Mitte bis Ende Oktober) noch gut zu erfassen. Zu diesem Zeitpunkt wandern die Larven von den Blattstielen in den Haupttrieb und umgekehrt und werden so mit dem Insektizid erfasst. Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass die Wirkung auf die Larven gleich gut, in einigen Versuchen sogar besser war, wenn im Oktober behandelt wurde. Der Schaden durch die Larven wurde bisher etwas überschätzt. Studien haben gezeigt, dass ein Besatz von fünf Larven pro Pflanze noch keinen wirtschaftlichen Schaden verursacht hat, wenn der Raps vital und gut im Wachstum ist.
Neue Bekämpfungsschwellen für 2022
Wer Direktzahlungen bezieht, muss den Ökologischen Leistungsnachweis (ÖLN) erfüllen. In der Direktzahlungsverordnung (Art. 18) ist festgehalten, dass bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln die Schadschwellen sowie die Empfehlungen von Prognose- und Warndiensten berücksichtigt werden müssen.
Stadium 10 50 Prozent der Pflanzen mit mehreren Frassstellen
Stadium 15 – 18 80 Prozent der Pflanzen mit mehreren Frassstellen und über 100 Fänge pro Falle in drei Wochen oder sieben von zehn Trieben mit mindestens einer Larve.
Neuer Zusatz zur bestehenden Bekämpfungsschwelle: In der Regel wird nur eine einmalige Behandlung durchgeführt (entweder im Keimblattstadium oder später). Falls man eine frühe Behandlung durchführt, dann ist eine zweite Behandlung möglich, wenn der Raps schwach entwickelt ist und vier Wochen nach Fallenfang mindestens zwei Larven je Pflanze vorhanden sind.
Gefahrenpotenzial entscheidet
Um möglichst wenig Behandlungen durchzuführen, sollten unnötige frühe Behandlungen vermieden werden. Eine frühe Behandlung ist gerechtfertigt, wenn der Bestand gefährdet ist. Ist dies nicht der Fall, gilt es abzuwarten und wenn nötig die Larven im Oktober zu behandeln. Das bedingt aber, dass nach der Rapssaat Fallen gestellt werden, um den Einflug des Erdflohs zu erfassen. Die Fallen (sie müssen nicht von gelber Farbe sein) sollten ebenerdig eingegraben werden, weil sich die Käfer im Feld hüpfend fortbewegen. Idealerweise werden sie in der Rapsparzelle in Richtung Waldrand oder einer Hecke vergraben. Die Erdflöhe verbringen dort die Sommerzeit und fliegen dann in die Rapsfelder ein. Sobald die Erdflöhe eingeflogen sind, werden regelmässige Feldkontrollen notwendig, um das Risiko abschätzen zu können.
Neue Ergänzung zur bestehenden Bekämpfungsschwelle
Das Ziel muss sein, möglichst wenig Pflanzenschutzmittel, möglichst gezielt einzusetzen. Damit können Kosten gespart, Resistenzen verhindert und die Umwelt geschont werden. Mit den neuen Erkenntnissen aus der Forschung haben deshalb die Arbeitsgruppe Bekämpfungsschwellen und die Konferenz der kantonalen Pflanzenschutzdienste beschlossen, einen Zusatz zur bestehenden Bekämpfungsschwelle zu machen. Damit sollen unnötige Behandlungen, welche Resistenzen anheizen, vermieden werden. Der Zusatz lautet: In der Regel wird nur eine einmalige Behandlung durchgeführt (entweder im Keimblattstadium oder später). Falls eine frühe Behandlung durchführt wurde, ist eine zweite Behandlung möglich, wenn der Raps schwach entwickelt ist und vier Wochen nach Fallenfang mindestens zwei Larven je Pflanze vorhanden sind. Die Bekämpfungsschwellen für die Saison 2021 sind bereits publiziert, deshalb gilt die neue Schwelle ab 2022. Es lohnt sich aber, die Schwelle bereits ab Herbst 2021 anzuwenden, um etwas gegen Resistenzen und für die Umwelt zu tun.
Weiterführende Informationen
Das PDF «Aktuelle Bekämpfungsschwellen» kann unter www.agridea.ch (Suche nach «Bekämpfungsschwellen») oder direkt hier heruntergeladen werden.