Mit überlegter Planung zum Erfolg
Die Bewirtschafter von Obstund Weinanlagen setzen sich kontinuierlich mit der Erneuerung der Kulturen auseinander. Obstbäume und Reben können teils über lange Zeit Erträge liefern. Doch mit der Zeit sinkt die Qualität und/ oder die Wirtschaftlichkeit der alternden Kulturen so weit, bis sie nicht mehr rentabel sind. Um das Produktionspotenzial aufrechtzuerhalten, muss der Landwirt seine Kulturen erneuern. Dabei hat er ein klares Ziel vor Augen: die Kapitalrendite.
Die Verjüngung der Kultur kann aufgrund wirtschaftlicher Faktoren notwendig sein, zum Beispiel wenn eine Obst- oder Rebsorte auf dem Markt nicht mehr nachgefragt wird. Daneben sind das Alter und der physiologische Zustand der Kultur Beweggründe für eine solche Massnahme. Der finanzielle Aspekt bleibt jedoch der entscheidende Faktor. Die durchschnittliche Nutzungsdauer einer Dauerkultur hängt vom Typ und der Sorte der Kultur ab (siehe Tabelle). Je nach Geschichte der Kultur und ihrem Unterhalt kann ihre Nutzungsdauer um ein paar Jahre variieren.
Erneuerungsrate
Anhand der Nutzungsdauer der Kultur lässt sich die theoretische Erneuerungsrate in Prozent einfach berechnen: 100/Anzahl Ertragsjahre. Beispiel: Die Erneuerungsrate von Apfelbäumen in Reihen mit einer durchschnittlichen Nutzungsdauer von 18 Jahren beträgt 100/18 = 5.5 %. Dies bedeutet, dass ein Betrieb von 10 ha rund 0.5 ha pro Jahr erneuern sollte.
Überlegungen vor der Pflanzung
Eine Erneuerung wird von diversen Überlegungen und Entscheidungen begleitet. Für Kopfzerbrechen sorgt nicht nur die Sorten- oder Klonwahl, die nach wie vor eine grosse Unbekannte ist, auch muss der Produzent zahlreiche entscheidende Fragen beantworten:
Wahl der Unterlage:Sie beeinflusst den Wuchs je nach Bodenart, Vorkultur (müder oder frischer Boden) und Anbauweise (Reihen, Sträucher, …)
Anbausystem:Die Art oder Sorte, die sich am besten für ein gegebenes Anbausystem eignet. Weitere entscheidende Faktoren sind die technischen Kompetenzen und Kenntnisse des Bewirtschafters, die vorhandenen Maschinen, das Personal und die Betriebsorganisation. Eignet sich ein Anbausystem nicht für eine Art oder Sorte, so kann sich dies negativ auf die Kapitalrendite auswirken.
Pflanzmaterial:Insbesondere im Obstbau wird das für einen speziellen Anlagentyp vorbereitete Edelreis bei Baumschulen bezogen. Beispielsweise für Bäume, die in eine Obstanlage mit hoher Pflanzdichte oder in Reihen gepflanzt werden. Um böse Überraschungen zu vermeiden, sollte man sich vor der Bestellung gut informieren und sich über die eigenen Vorlieben im Klaren sein. Eine Regel ist für alle Kulturen entscheidend: Man sollte immer zertifizierte Pflanzen verwenden.
Den Boden verbessern
Vor der Erneuerung einer Dauerkultur empfiehlt es sich, eine Bodenanalyse vorzunehmen. Wird dabei ein grösserer Mangel an einem Grundnährstoff wie zum Beispiel Kalium festgestellt, so kann das Gleichgewicht des Bodens nur vor dem Pflanzen wiederhergestellt werden. Die Praxis hat ausserdem gezeigt, dass sich bei müdem Boden ein Ruhejahr zwischen zwei Kulturen positiv auf deren Leistungsfähigkeit auswirkt. Diesbezüglich trägt die Aussaat von Sudangras zu einer deutlichen Verbesserung der Bodeneigenschaften bei. Schliesslich erlaubt eine gute Bodenvorbereitung der Pflanze, optimal Wurzeln zu schlagen. Die Zufuhr von geeignetem organischem Material bringt ebenfalls Vorteile: Die neue Kultur wächst besser an und liefert früher Erträge.
Hilfe bei der Entscheidung
Die Zeiten ändern sich, die Technik entwickelt sich weiter, die Kenntnisse ebenfalls. Eine externe Beratung hilft, die eigenen Entscheidungen kritisch zu überdenken und so den grösstmöglichen Erfolg zu erzielen. Die Schlussentscheidung obliegt allerdings immer dem Produzenten. Vor dem Kauf eines Fahrzeugs oder einer Maschine informiert sich der Produzent, er studiert die Möglichkeiten, vergleicht diese und entscheidet. Leider werden bei einer Erneuerung solche Überlegungen aber allzu oft vernachlässigt, wie viele «misslungene» Kulturen beweisen. Dem Betrieb stehen für die Entscheidungsfindung kompetente, externe Berater zur Verfügung. Oftmals sind diese Dienste gratis. Die fenaco-LANDI Gruppe und ihr Netzwerk an qualifizierten Fachleuten ist eine ausgezeichnete Anlaufstelle.
Eine Fläche erneuern oder investieren
Der Wissensstand unterliegt einem stetigen Wandel. In Bezug auf Erneuerung ist es üblich, in Flächeneinheiten zu denken. Einige Obstproduzenten verfolgen jedoch eine andere Strategie. Sie gehen von der Summe aus, die für die Erneuerung der Obstanlage zur Verfügung steht: Wie sollen die Mittel investiert werden, anstatt wie soll eine Hektare Anbaufläche erneuert werden? Wie lassen sich die verfügbaren Mittel einem grösseren Pflanzenkapital pro m² zuteilen, damit eine schnellere Kapitalrendite generiert wird?
Apfelbaumanlagen mit hoher Pflanzdichte in Kombination mit moderner, gut eingesetzter Technik liefern äusserst interessante wirtschaftliche Ergebnisse.
Erneuerung – Innovation
Dass man sich im Rahmen der Überlegungen rund um eine Erneuerung auch über technische Innovationen informiert, erscheint selbstverständlich. Bestünde der Erwerbs-Obstbau ohne Innovation aus Hochstamm-Anlagen und würden die Reben in Go-belet-Erziehung geführt? Ist man neugierig und interessiert, hilft dies, Entscheide zu treffen und innovative Lösungen zu wählen. Gespräche mit Kollegen und Fachleuten, der Besuch anderer Betriebe und Systeme sind stets bereichernd. Innovation erfordert einen gewissen Wagemut, aber insbesondere eine fachliche Beratung. Die wirtschaftliche Situation lässt nur wenig Raum für Fehler. Bei Dauerkulturen werden Entscheidungen für viele Jahre getroffen. Daher ist es ein absolutes Muss, sich genügend Bedenkzeit zu nehmen. Diese Zeit ist eine Investition, um in Zukunft Erfolg zu haben.
AutorAlain Dorsaz, Pflanzenbauberater, 1510 Moudon