Feuerbrand ist eine von Bakterien verursachte Krankheit. Sie ist hochinfektiös und kann im Kernobstanbau zu erheblichen Ertragseinbussen oder gar -ausfällen führen. Die Bekämpfung der Krankheit und ihres Erregers Erwinia amylovora gestaltet sich schwierig. Verschiedene neue Bekämpfungsstrategien wurden an der zweiten nationalen Feuerbrandtagung diskutiert, die im November 2018 bei Agroscope in Wädenswil stattfand. Einige Methoden befinden sich erst in der Labortestphase und sind noch nicht reif für einen Praxiseinsatz. Doch die Bekämpfung ist komplex und – wie Alain Gaume von Agroscope sagte – «es braucht verschiedenen Tools in der Toolbox, um eine integrierte Lösung gegen den Feuerbrand zu haben ». Und an dieser Toolbox wird intensiv geforscht, wie die folgenden Beispiele zeigen.
Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen
Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) hat die Wirksamkeit der amtlichen Massnahmen zur Bekämpfung von Feuerbrand durch eine externe Firma analysieren lassen. Die Analyse umfasste die Jahre von 2000 bis 2014. Der Bericht ist unter www.pflanzenschutzdienst.ch einzusehen. Die Evaluation hat gezeigt, dass die in der Richtlinie Nr. 3 des BLW vorgesehenen Massnahmen grundsätzlich geeignet sind, um entsprechende Produktionsbedingungen für die nachhaltige Produktion von Kernobstgehölzen und Kernobst zu schaffen. Die Evaluation hat aber auch ergeben, dass sich aus der langjährigen Erfahrung mit der Bekämpfung des Feuerbrandes Empfehlungen für den zukünftigen Umgang mit dem Schaderreger ableiten lassen. Eine Plattform zum Austausch braucht es für die Optimierung der bereits vorhandenen Massnahmen. Und die Forschung muss weiter am Ball bleiben. Zudem soll der Feuerbranderreger ab 2020 im neuen Pflanzengesundheitsrecht nicht mehr als Quarantäneorganismus eingestuft werden. Er zählt zwar weiterhin als besonders gefährlicher Schadorganismus, wird aber neu nur noch bezüglich des Pflanzguts geregelt sein. Feuerbrand erfüllt aufgrund der Verbreitung des bakteriellen Erregers hierzulande die Kriterien für die Regulierung als Quarantäneorganismus nicht mehr. Somit ist Feuerbrand ab 2020 grundsätzlich nicht mehr meldeund bekämpfungspflichtig. Eine Ausnahme ist das Wallis: Es kann weiterhin als Schutzgebiet anerkannt werden. Um einen zu abrupten Wechsel im Jahre 2020 zu vermeiden, befasst sich zurzeit eine Arbeitsgruppe mit der Prüfung von verschiedenen Szenarien für einen schrittweisen Wechsel der Regelung dieses Erregers. Dazu werden gegenwärtig insbesondere mögliche Übergangsbestimmungen eruiert und abgewogen.
Carole Enz, Agroscope
Pflanzenschutzstrategien
Am Agroscope-Steinobstzentrum Breitenhof in Wintersingen (BL) gibt es eine Prüfparzelle für Versuche mit Feuerbrand unter praxisnahen Bedingungen. Die Versuche finden unter strengen Biosicherheitsauflagen statt. So ist die Anlage komplett eingenetzt und ist nur über ein Schleusensystem zugänglich. Getestet werden vor allem die Sortenanfälligkeit und Anwendungsstrategien von Pflanzenschutzmitteln. Anita Schöneberg und Vanessa Reininger, wissenschaftliche Mitarbeiterinnen bei Agroscope, testeten in ihren Versuchen die Wirksamkeit der beiden Pflanzenschutzmittel LMA und Blossom Protect. LMA beinhaltet als Wirkstoff Kaliumaluminiumsulfat; Blossom Protect basiert auf einer antagonistischen Hefe und ist auch für den biologischen Anbau zugelassen. Die Pflanzenschutzmittel wurden auf den zwei Apfelsorten Gala Galaxy und Ladina angewendet. Aus den Ergebnissen kann abgeleitet werden, dass LMA und Blossom Protect meist vergleichbare Wirkungsgrade erzielen. Beim Vergleich der beiden Apfelsorten bestätigte sich, dass Ladina eine robuste Sorte ist und weniger stark von Feuerbrand betroffen war als Gala Galaxy. Zudem konnten die beiden Pflanzenschutzmittel bei Ladina einen höheren Wirkungsgrad erzielen als bei Gala Galaxy. Gemäss Agroscope kann mit dem Anbau robuster Sorten in Kombination mit einer angepassten Pflanzenschutzstrategie am besten dem Feuerbrand begegnet werden.
Prognosemodell Maryblyt
Das Prognosemodell Maryblyt errechnet für verschiedene Regionen der Schweiz während der Blütezeit die Infektionsgefahr mit Feuerbrand aufgrund der Temperatur und der Feuchtigkeit. Maryblyt ist also ein Hilfsmittel zur Beurteilung der Feuerbrand- Situation. Vanessa Reininger überprüfte in ihren Versuchen, wie gut der tatsächliche Feuerbrandbefall mit dem vorhergesagten Befall des Modells übereinstimmt. Dazu wurden die Zellzahlen des Erregerbakteriums Erwinia amylovora in der Apfelblüte bestimmt. Diese Zellzahlen wurden dann mit dem vom Modell errechneten Infektionspotenzial verglichen. Es zeigte sich, dass bei einer hohen Zelldichte sich die Zellvermehrung nicht immer mit dem Modell deckt. Allerdings ist zu beachten, dass in der Praxis in der Regel die Zelldichte geringer ist, als in Versuchsanlagen, wo der Infektionsdruck künstlich hochgehalten wird. Diese Situation sollte in der Praxis nicht vorkommen. Dennoch rät Reininger, den Befall im Auge zu behalten, auch wenn ein tiefes Infektionspotenzial vorhergesagt wird.
Robuste Sorten
Martin Kellerhals von Agroscope entwickelt mit seinem Team Obstsorten, die feuerbrandresistent sind. In neue Apfelsorten werden Resistenzgene aus Wildäpfeln und aus robusten Sorten eingekreuzt. Potenzielle neue Sorten werden sowohl im Gewächshaus als auch im Freiland auf ihre Resistenz gegenüber Feuerbrand geprüft. Bei Agroscope wird Fast Track getestet, um schneller neue Sorten zu entwickeln. Bei dieser Zuchtmethode werden im Gewächshaus künstlich Winterbedingungen erzeugt. So ist es möglich, die Generationszeit zu beschleunigen und neue Kreuzungen schneller auf Feuerbrandresistenz zu testen.
Andrea Patocchi arbeitet ebenfalls bei Agroscope im Bereich feuerbrandrobuster Sorten. Bei ihm werden unter anderem neue Züchtungstechnologien geprüft. Er erforscht die Chancen und Risiken der Cisgenetik. Das Bundesamt für Landwirtschaft bewilligte einen Feldversuch an der Protected Site, wo an einer feuerbrandresistenten cisgenen Gala-Linie geforscht wird.
Bakterien gegen Feuerbrand
Cosima Pelludat untersucht die Wirksamkeit von bakteriellen Antagonisten des Feuerbranderregers. Dazu nahm die Forscherin Proben von Apfelbäumen am Standort Wädenswil und untersuchte, welche Mikroorganismen in der Apfelblüte sitzen. Es zeigte sich, dass wenige Arten dominieren. Insbesondere Erwinia tasmaniensis war stark präsent. Diese Bakterienart ist mit dem Feuerbranderreger Erwinia amylovora verwandt, ist aber kein Erreger des Feuerbrands. Ziel ist es, einen einheimischen Antagonisten zu finden, der die Blüte besetzt, sodass der Feuerbranderreger verdrängt wird.
Viren gegen Feuerbrand
Einen neuen Ansatz bei der Bekämpfung von Feuerbrand untersucht auch die Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW). Dort wird untersucht, ob bakterielle Viren gegen Feuerbrand eingesetzt werden können. Sogenannte Bakteriophagen befallen das Feuerbrand Bakterium und machen es unschädlich. Bakteriophagen haben keine schädlichen Auswirkungen auf die Umwelt, sie sind selbstreproduzierend und selbstlimitierend; das heisst, sobald kein Feuerbrandbakterium mehr vorhanden ist, verschwinden auch die Bakteriophagen, erklärte Forscherin Leandra Knecht. Bakteriophagen sind wirtsspezifisch und somit kann gezielt gegen ausschliesslich Erwinia amylovora vorgegangen werden. Unter Laborbedingungen konnte der Erreger E. amylovora mit Bakteriophagen deutlich reduziert werden. Für eine optimale Wirksamkeit testet die ZHAW einen Cocktail aus verschiedenen Bakteriophagen. Ob Bakteriophagen für die praktische Anwendung dienen können, muss durch weitere Forschungsarbeit noch abgeklärt werden. Bakteriophagen können zudem für einen Nachweistest von Feuerbrand dienen. Der Einsatz von Bakteriophagen wird derzeit noch erforscht.
Dachprojekt «Gemeinsam gegen Feuerbrand»
Im Zeitraum von 2014 bis 2018 wurde das Dachprojekt «Gemeinsam gegen Feuerbrand» durchgeführt und zusammen von Agroscope, dem Schweizer Obstverband (SOV) und dem Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) geleitet. Das Ziel war, gemeinsam mit allen Akteuren der Kernobstbranche direkte und indirekte Massnahmen für ein erfolgreiches Feuerbrand-Management zu erforschen und weiterzuentwickeln. Der Schlussbericht des Projektes ist nun verfügbar unter www.feuerbrand.ch.
Der vorliegende Artikel basiert auf Ergebnissen, die an der zweiten Nationalen Feuerbrandtagung vom 2. November 2018 an der Agroscope in Wädenswil präsentiert wurden.
Weitere Informationen unter www.feuerbrand.ch