Im Jahr 2022 wurden laut Swiss Granum in der Schweiz auf 64 667 Hektaren Futtergetreide angebaut. Die Verteilung der Produktionsflächen spiegelt sich in der Inlandversorgung wider. Bei der Gerste beträgt sie mit 72 Prozent knapp neun Monate, während es beim Futterweizen mit 17 Prozent nur knapp zwei Monate sind. Insgesamt wurde mit der Ernte 2022 rund 40 Prozent des Futtergetreidebedarfs in der Schweiz produziert (siehe Grafik Getreideversorgung). Aufgrund der gestiegenen Produktionskosten im Ackerbau einigte sich die Kommission «Markt-Qualität Getreide» von Swiss Granum am 12. Mai 2022 auf eine Erhöhung der Richtpreise für Futtergetreide und Eiweisspflanzen um Fr. 3.00 je 100 kg. Auf eine gleichzeitige Anpassung der Schwellenpreise mit entsprechendem Antrag an das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) konnte sich die Kommission nicht einigen. Eine parallele Entwicklung von Richt- und Schwellenpreis wäre bei stabilen Marktverhältnissen aber nötig, um dem im Inland produzierten Futtergetreide dieselben Absatzchancen zu bieten.
Grenzschutzmechanismus auf dem Prüfstand
Mit dem Schwellenpreissystem soll die Schweizer Futtergetreideproduktion geschützt werden, damit eine sinnvolle Versorgung mit Inlandware sichergestellt ist. Der Schwellenpreis entspricht dem Zielpreis für Importfuttergetreide an der Schweizer Grenze. Er setzt sich aus dem internationalen Beschaffungspreis und der Grenzbelastung zusammen. Diese Preis-Ermittlung wird vom Bundesrat festgelegt. Die Grenzbelastung wiederum setzt sich aus Garantiefondsbeitrag und Zollansatz zusammen. Das BLW prüft sie monatlich und passt sie wenn nötig an. Die Grenzbelastung tritt jeweils am ersten Tag des Folgemonats in Kraft. Aufgrund der zeitlichen Verzögerung zwischen der Datenerhebung und dem Inkrafttreten besteht bei grossen Preisschwankungen an den internationalen Märkten das Risiko, dass über mehrere Wochen kein passender Grenzschutz gewährleistet ist. Die zeitliche Verzögerung kann umgekehrt auch dazu führen, dass ein hoher Grenzschutz in Kraft ist, obwohl das Inlandgetreide bereits vermarktet wurde.
Fakt ist: Der aktuell verwendete Grenzschutzmechanismus ist für volatile Märkte ungeeignet und führt zu Marktverzerrungen. Die Branchenorganisation Swiss Granum hat deshalb die Arbeitsgruppe «Grenzschutz Getreide» beauftragt, Verbesserungen der Methodik zur Festlegung der Grenzbelastung bei volatilen Märkten vorzuschlagen.
Schlussabrechnungspreise unter Druck
Inlandgetreide wie Futterweizen, das mehrheitlich im August, September und Oktober vermarktet werden konnte, hat von hohen Importpreisen und der damit verbundenen Grenzbelastung profitiert. Für Gerste und Triticale, wo die Versorgung mit Inlandware rund neun Monate beträgt, war dies nicht der Fall. Beim Körnermais startete die Vermarktung Mitte November, in einer Periode mit einer zu tiefen Grenzbelastung im Vergleich zum Richtpreis. Aus diesem Grund hat die fenaco im Sinne der Schweizer Landwirtinnen und Landwirte die Vermarktung der Inlandware temporär ausgesetzt, um später eine bessere Preisphase zu nutzen.
Im aktuellen Umfeld ist es kaum möglich, für Schweizer Futtergetreide Preise zu erzielen, die über dem Schwellenpreis liegen – es sei denn, die internationalen Preise übersteuern den Schweizer Grenzschutz. Die derzeitige Konstellation von Richtpreis, Schwellenpreis und Grenzschutz zieht für Mischfutterhersteller mit einem hohen Anteil an Schweizer Futtergetreide in ihren Rezepturen einen Kostennachteil nach sich.