Am frühen Morgen des 8. Juni bog ein Auto nach dem anderen bei Holziken auf das Gelände des Biohof Lüschers (AG) ab. Bio hat an diesem Morgen Vorfahrt, was sich schon dadurch zeigte, dass der Verkehr zu Gunsten der Besucherinnen und Besucher geregelt wurde.
Der Ansturm kommt nicht von ungefähr. Der Hof des Ehepaar Lüschers ist der Austragungsort der ersten Bio-Ackerbautagung seit 2019. Und dies gleich in doppelter Stärke, an zwei aufeinanderfolgenden Tagen.
Gemeinsam organisiert
Organisiert wurde die Tagung vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL, Bio Suisse, Sativa Rheinau, dem landwirtschaftlichen Zentrum Liebegg und natürlich dem Biohof Lüscher.
Herbert Schmid vom landwirtschaftlichen Zentrum Liebegg eröffnete die Tagung im Festzelt und gab einen kurzen Überblick, was die Tagung zu bieten hat. An 15 Feld- Posten konnten sich die Besucherinnen und Besucher über verschiedene Kulturen und Anbaumethoden informieren. Zudem gab es im Festzelt und auf dem Gelände noch Stände verschiedener Aussteller aus den Bereichen Landtechnik, Bio-Produkte und Saatgut.
Knut Schmidtke, Direktor für Forschung, Extension & Innovation vom FiBL, verdeutlichte in einem kurzen Vortrag, wie viel der Bio-Anbau für die Bodenfruchtbarkeit leistet und dass «Bio» eine eigene Identität mit sich bringt. Die Zuwachsraten im Bio-Bereich seien beachtlich und dazu gehörten auch Systeme mit agrarökologischen Ansätzen wie die Regenerative Landwirtschaft.
Eine kleine Auswahl der Posten
Ab 9.30 Uhr konnten die Posten besichtigt werden. Dabei hatten die Besucherinnen und Besucher die Qual der Wahl, sich zwischen vielen spannenden Themen zu entscheiden. Ein «Stundenplan» half dabei, sich zu orientieren, wann und wo die 30-minütigen Präsentationen (Deutsch oder Französisch) stattfanden.
Posten 15 widmete sich dem Kartoffelanbau. Neben den neusten Sorten für den Anbau und der Anwendung von Homöopathie, wurde ein spannendes neues Projekt des FiBL vorgestellt. Durch das einsäen von Spitzwegerich, zehn Tage vor Bestandesschluss der Kartoffel, kann eine Nitratauswaschung reduziert werden. Spitzwegerich nimmt Nitrat aus dem Boden auf und kann durch die Freisetzung des Stoffes Aucubin den Abbau von Ammonium im Boden hemmen.
Posten 14 zeigte Altbekanntes mit neuen Erkenntnissen zum gemischten Anbau von Mais mit Stangenbohnen sowie zum Sorghumanbau. Die Kombination von Mais mit Bohnen, also Energie und Protein, ist nicht neu, aber mittlerweile wurde der Anbau in vielerlei Hinsicht optimiert. So sind die Sorten hinsichtlich einer gemeinsamen Aussaat optimiert worden. Das zeigt sich zum Beispiel in der Korngrösse und der Möglichkeit, beide Kulturen gemeinsam auszusäen und abreifen zu lassen. Die Handhabung der Kulturführung ist an der von Mais angelehnt.
Die neuen Bohnensorten zeigen nun eine gewisse Kältetoleranz und einen geringeren Phasin-Gehalt. Laut Andrea Zempf vom Wallierhof sei diese Kombination besonders für Betriebe mit wenig Nährstoffen auf den Flächen geeignet. Auch brächte es mehr Biodiversität in den Mais.
Sorghum scheint nach wie vor ein zweischneidiges Schwert zu sein. Es ist weniger attraktiv für Schädlinge als Mais und bildet mehr feine Wurzeln aus, was es für trockene Standorte attraktiv macht. Dennoch ist die Verdaulichkeit weiterhin ein schwieriger Punkt, weiss Tiziana Vonlanthen vom Agroscope zu berichten.
Posten 8 widmete sich einer der Früchte der Stunde, der Sonnenblume. Es wurde, unter anderem durch Andreas Rohner von der fenaco GOF gezeigt, wie der Anbau mit einer Untersaat und mechanischer Unkrautregulierung gelingt. Die Untersaat kann zum Beispiel entweder direkt mit der Sonnenblume ausgesät werden, oder auch erst nach dem letzten Durchgang der mechanischen Unkrautbekämpfung. Im ersten Fall sollte eine Konkurrenzsituation bei trockenen Bedingungen beachtet werden. Im zweiten Fall kann hingegen schon mehr Unkraut innerhalb der Sonnenblumenreihe vorhanden sein. Zudem wurde auf die Vorteile von Striegeln und Hacken eingegangen und es wurde besprochen, wie man die lästigen Krähen fernhält.
Biodiversitätsförderflächen als Besucherfänger
Posten 11 lockte wohl am meisten Besucher an. Hier ging es um das Thema Biodiversität und besonders Biodiversitätsförderflächen (BFF). Nach den neuen ÖLN-Vorgaben für 2023/24 sollen diese 3,5 Prozent der offenen Ackerflächen (ab 3 Hektaren, ohne Kunstwiesen) betragen. Für viele Betriebe ist diese Vorgabe jedoch mit der Sorge verbunden, wertvolles Ackerland dafür nutzen zu müssen.
Das muss jedoch nicht sein, da es zahlreiche Möglichkeiten gibt, solche Flächen geschickt einzubinden. Dies wurde am Beispiel des Biohof Lüscher erläutert.
Gelungenes Revival
Das «Revival» der Bio-Ackerbautagung ist gelungen. Laut Medienmitteilung von Bio Suisse haben rund 2000 Personen die Tagung an den zwei Tagen besucht. Bio Suisse macht in ihrer Mitteilung noch einmal darauf aufmerksam, dass die Nachfrage nach Knospe-Ackerkulturen weiterhin gross sein und anhalten werde. Gefragt seien insbesondere Mahlweizen, Sonnenblumen, Futtersoja, Zuckerrüben und Speisehafer. Zudem bestehe ein zusätzlicher Bedarf an Proteinträgern. Um der Nachfrage gerecht zu werden, brauche es zusätzliche Bio-Ackerbauflächen von rund 15 000 Hektaren.