Samenbürtige, meist pilzliche Getreidekrankheiten sind ein Problem. Eine zuverlässige Abhilfe verschaffte bisher die chemisch-synthetische Beize. Jahrelange Erfahrungen und Studien zeigen aber, dass die negativen Auswirkungen auf die Umwelt nicht zu unterschätzen sind. Ganz zu schweigen vom Menschen, der beim Saatguteinfüllen in die Sämaschine den Beizstaub einatmet und damit in Berührung kommt. Es braucht Alternativen zur Beize. Die Heisswasserbehandlung der 1960er-Jahre wirkte verlässlich gegen Pilzkrankheiten, die sich auf und in dem Korn befinden, hatte aber sonst Schwächen wie eine reduzierte Keimfähigkeit und eine zu geringe Kapazität. Mit der Thermosem-Technologie nutzt man nun die Vorteile der Heisswassermethode.
Was dem einen schadet …
Es ist laut, sehr laut, wenn man den Bereich für die Saatgutaufbereitung bei UFA-Samen in Lyssach (BE) betritt. Verursacht wird diese Geräuschkulisse durch die Thermosem-Anlage, die letztes Jahr den Betrieb aufgenommen hat. Äusserlich sieht der mächtige, rüttelnde Zylinder aus wie eine normale Saatguttrocknungsanlage, im Inneren herrschen jedoch andere Bedingungen als bei der Trocknung. Bei der Thermosem-Technologie wird das Saatgut feuchter Hitze zwischen 60 und 70 Grad ausgesetzt. Dies dauert pro Saatgutkorn nur knapp eine Minute, der Effekt ist aber enorm. Was dem Saatgut nicht schadet, schadet den Pilzsporen auf deren Oberfläche umso mehr.
Eine echte Alternative zur Beize
Da die Methode lediglich auf Wasser und Wärme basiert, ist sie optimal für den wirkstofffreien und biologischen Anbau geeignet. Eine Gefahr für Mensch, Tier und Umwelt ist ebenfalls ausgeschlossen. Studien von Agroscope konnten zudem beweisen, dass die Thermosem-Behandlung vor vielen Krankheiten einen gleichwertigen Schutz wie die chemisch-synthetische Beize bietet. Dies ist der Fall bei Blatt- und Spelzenbräune, Schneeschimmel sowie Stink-, Stein- und Zwergbrand. Bei Flugbrand hingegen kommt die Dampfbehandlung an ihre Grenzen, da hier der Erreger im Inneren des Samenkorns sitzt. Ebenfalls bietet die chemisch-synthetische Beizung immer noch den effektivsten Schutz bei bodenbürtigen Krankheiten.
Die erste Thermosem-Saison
Erste Erfahrungen von Produzenten zeigen, dass die Kultur sich genauso entwickelt wie jene aus gebeiztem Saatgut. Je hundert Kilogramm kostet das Saatgut Fr. 5.20 mehr als chemisch-synthetisch gebeiztes Saatgut. Für die kommende Aussaat im September liegen bereits grosse Mengen dampfbehandeltes Getreidesaatgut in der Lagerhalle in Lyssach parat. Die Thermosem-Kennzeichnung auf den Saatgutsäcken ist schon von Weitem gut erkennbar.
Weitere Informationen sind auf der Website von Thermosem verfügbar