Fusarienpilze befallen Getreidearten während der Blüte und können das Erntegut mit Pilzgiften, sogenannten Mykotoxinen, befallen. In den Jahren 2013 und 2014 wurden schweizweit Gerstenproben von Praxisbetrieben gesammelt und die dazugehörigen Anbaufaktoren erhoben. Dabei konnte gezeigt werden, dass ein angepasstes Anbaumanagement das Risiko von Mykotoxinbelastungen verringern kann.
Monitoring
In den Proben der Praxisbetriebe war die häufigste Fusarienart Fusarium graminearum (FG), gefolgt von F. avenaceum und F. poae. Fusarium graminearum bildet vor allem das Mykotoxin Deoxynivalenol (DON), welches zu Futterverweigerung führt und das Immunsystem der Tiere schwächt. Zudem wird das östrogen wirkende Zearalenon gebildet, welches Fruchtbarkeitsprobleme hervorrufen kann. Insbesondere Schweine reagieren sehr empfindlich auf Mykotoxin-belastete Futtermittel. In den untersuchten Praxisproben war DON das am häufigsten gemessene Toxin. Durch die trockenen Witterungsbedingungen während der Blüte in den Jahren 2013 und 2014 waren der Befall mit FG und die resultierende DON-Belastung im Erntegut sehr gering. Insgesamt wurden bei nur zehn der 440 Proben (2 %) der Grenzwert von 1250 ppb für unverarbeitetes Getreide überschritten. Der Zearalenon- Grenzwert (100 ppb in unverarbeitetem Getreide) wurde nur bei drei Proben (< 1 %) überschritten.
Rolle der Bodenbearbeitung
Trotz des tiefen Fusarienbefalls und der geringen Mykotoxinbelastung konnten Unterschiede zwischen den verschiedenen Anbaumassnahmen festgestellt werden. Proben aus Feldern mit Vorfrucht Mais zeigten eine höhere Belastung mit FG und DON. Zusätzlich zeigte sich, dass sämtliche Massnahmen zur Reduzierung von Ernterückständen auf der Oberfläche das Infektionsrisiko minimierten. Ernteproben von Feldern mit wendender Bodenbearbeitung zeigten einen tieferen Befall von FG, verglichen mit Proben aus Feldern mit reduzierter Bodenbearbeitung. In Bezug auf DON konnte dieser Effekt nicht beobachtet werden, vermutlich aufgrund der geringen Kontamination in den beiden Monitoringjahren (Grafik 1).
Erntereste zerkleinern
Eine zusätzliche Zerkleinerung von Mais-Ernteresten reduzierte die DON-Belastung in den entsprechenden Ernteproben im Vergleich zu Proben ohne zerkleinerte Mais-Erntereste. Somit konnten erstmals Anbaufaktoren für Gerste definiert werden, welche das Risiko einer Fusarieninfektion und damit einer Kontamination des Ernteguts mit DON verringern können. Eine erneute Durchführung dieses Monitorings in den Jahren 2016 und 2017 konnte diese Ergebnisse bestätigen. Zusätzlich wurde in diesen beiden Jahren die Mykotoxinbelastung im Stroh analysiert und eine Auswertung der Ergebnisse findet derzeit statt.
Versuche in Klimakammern
Zur Bewertung der Wirkung von Temperatur und Feuchtigkeit auf den Pilzbefall wurden an Agroscope am Standort Zürich-Reckenholz in begehbaren Klimakammern Versuche mit zwei künstlich infizierten Gerstensorten durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, dass 15 °C bei Gerste eine Infektion fördern, im Gegensatz zu den höheren Temperaturen (≥ 20 °C) bei Weizen. Bereits nach einer Feuchtigkeitsperiode von vier Stunden wurde ein Befall festgestellt, eine längere Feuchtigkeitsperiode von acht, beziehungsweise zwölf Stunden führte je nach Gerstensorte zu einem stärkeren Befall.
Zudem wurde im Vergleich zu Weizen bei Gerste eine längere Periode der Anfälligkeit in den verschiedenen Wachstumsstadien erkannt. Die künstlichen Infektionen führten bereits ab dem Erscheinen der Grannen (BBCH 49) bis hin zum Stadium der frühen Teigreife (BBCH 83) zu Befallssymptomen und zur Bildung von DON. Die stärkste Anfälligkeit wurde von Mitte der Blüte (BBCH 65) bis zum Stadium der späten Milchreife (BBCH 77) beobachtet (Grafik 2).
Auch unter Feldbedingungen wurden nach künstlichen Infektionen vor allem in den Stadien des Ährenschiebens (BBCH 51) bis zum Ende der Blüte (BBCH 69) erhöhte DON-Werte im Erntegut gemessen.
Risikoprognose für Gerste
Der Einbezug der gewonnenen Ergebnisse für Gerste in das bestehende Prognosemodell FusaProg (für Weizen) wird derzeit getestet. Das erweiterte Modell soll in den nächsten Jahren der Praxis zur Verfügung gestellt werden. Damit kann sowohl das Risiko einer Mykotoxinbelastung in Gerste prognostiziert, als auch die Wirkung unterschiedlicher Anbaustrategien quantifiziert werden. Die Verringerung des Infektionsdrucks durch Anbaumassnahmen kann somit zu geringeren Fungizideinsätzen beitragen.
Gerstenanbau in der Schweiz
In der Schweiz wird Gerste heute auf zirka drei Prozent der landwirtschaft lichen Nutzfläche angebaut. Die Ernte betrug im Jahr 2016 im Durchschnitt 7 t/ha und wurde hauptsächlich für Futterzwecke, aber auch zur Herstellung von Malz angebaut, wobei die Anbaufläche seit Jahren rückläufig ist. Der Hauptimport von Futtergerste erfolgt aus Deutschland, Frankreich und Italien, während Braugerste hauptsächlich aus Deutschland und Frankreich importiert wird.