Pflanzenschutz
Wer eine ertragreiche Ernte von hoher Qualität einbringen will, muss verschiedene Parameter berücksichtigen. Erfolgreicher Pflanzenschutz im Rebbau reduziert sich nicht auf die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln.
Beobachten
Eine genaue Beobachtung der Reben ist unabdingbar. Der Zeitpunkt des Austriebs zeigt dem Winzer an, wann mit dem Pflanzenschutz begonnen werden soll. Entscheidend ist auch, die feuchteren und schlechter belüfteten Parzellen im Auge zu behalten. Jeder Winzer kennt in seinem Rebberg die Stellen oder Rebstöcke, die regelmässig zuerst Pilzbefallssymptome zeigen.
Die auf der Website www.agrometeo.ch abrufbaren Risikoprognosemodelle für den Pilzbefall leisten wertvolle Hilfe bei der Bestätigung der vom Winzer gemachten Beobachtungen. Trotzdem können diese Modelle die Beobachtung vor Ort nicht ersetzen.
Vorbeugen
Alle Mittel sollten ausgeschöpft werden, die den Schädlingen das Leben erschweren. Dazu gehören eine fachgerechte Entlaubung und eine optimale Belüftung der Traubenzone. Auch die Pflege der Begrünung und das Unkrautmanagement müssen mit einbezogen werden. In feuchten, schlecht belüfteten Parzellen tragen krankheitsresistentere Rebsortenbestände und an den Standort angepasstere Unterlagen zur teilweisen Problemlösung bei. In einigen Fällen können Massnahmen wie Begrünung oder Drainage die Situation verbessern. Mittelfristig muss vielleicht das Erziehungssystem geändert oder angepasst werden (Gobelet-Erziehung, ganz enge Reihen, etc.).
Schützen
Die Pflanzenschutzstrategie muss umsichtig geplant und gut vorbereitet sein sowie verschiedenen Faktoren Rechnung tragen. Auch hier gilt: Vorbeugen ist besser als heilen. So ist zum Beispiel die ausschliessliche Verwendung von Kontaktmitteln in einem hoch mechanisierten Weinberg möglich. Dies bedingt aber eine Schlagkraft, die es erlaubt, die gesamte Fläche innerhalb eines Tages zu behandeln.
Daher sollen die eingesetzten Pflanzenschutzmittel sowohl an die Philosophie des Winzers angepasst als auch auf die technischen, wirtschaftlichen und gesetzlichen Vorgaben abgestimmt werden. Auch die Forderungen der Weinkellerei oder der Käufer müssen beachtet werden. Betriebstyp, Topografie, Boden- und Klimabedingungen sowie Anfälligkeit der Parzellen sind allesamt Faktoren, die die Strategie mitbestimmen.
Behandlungsintervalle
Wenn die Strategie für den Pflanzenschutz einmal definiert ist, gilt es mehrere Punkte zu berücksichtigen. Das richtige Behandlungsintervall ist entscheidend für den Erfolg. Dieses hängt hauptsächlich vom Pflanzenwachstum und von der Niederschlagsmenge ab. Spätestens nach einem vegetativen Wachstum von 20 – 25 cm muss wieder behandelt werden. Hinsichtlich der Niederschlagsmenge hängt der Zeitpunkt für eine erneute Behandlung vom Pflanzenschutzmitteltyp ab. Eine Applikation mit Kontaktmitteln muss nach 20 – 25 mm Niederschlag wiederholt werden. Die übrigen Mittel weisen eine bessere Regenfestigkeit auf, wobei die Niederschlagsmenge nur auf die rein systemischen Mittel gar keinen Einfluss ausübt. Bei einem bestimmten Pilzbefallsdruck vor der Blüte wird die Häufigkeit der nötigen Behandlungen oftmals unterschätzt. Vor der Blüte ist es oft ratsam, das Behandlungsintervall zu verkürzen. Dieses Vorgehen ermöglicht es, das Blütenstadium mit gesundem Laub zu überdauern und die zweite Saisonhälfte mit mehr Zuversicht anzugehen.
Wirkstoffe wechseln
Sehr wichtig ist auch, verschiedene Produkte alternierend einzusetzen, um eine Resistenzbildung zu verhindern. Dabei soll bei jeder Applikation die Wirkstoffgruppe gewechselt, das heisst, ein Fungizid mit einer anderen Wirkungsweise gewählt werden. Es ist auch ratsam, die maximal zulässige Anzahl Applikationsdurchgänge nicht auszuschöpfen. So sollten Mittel mit einer bestimmten Wirkungsweise, die zum Beispiel dreimal pro Saison angewendet werden dürfen, nur ein- bzw. zweimal eingesetzt werden. Die breite Palette an Resistenzgruppen, die dem Winzer zur Auswahl stehen, ermöglicht einen alternierenden Einsatz, wodurch der Resistenzbildung vorgebeugt werden kann.
Über- oder Unterdosierung vermeiden
Bei einer Applikation eines Einkomponentenwirkstoffs gegen den echten Mehltau an einem Wirkort wird die Zugabe einer verminderten Dosis Schwefel empfohlen. Die meisten Produkte gegen den falschen Mehltau, die an einem Wirkort eingesetzt werden, sind von einem zweiten Wirkstoff begleitet.
Die Pflanzenschutzmittel können ihre Wirkung nur entfalten, wenn sie korrekt ausgebracht werden. Die Düsenwahl, die Fahrgeschwindigkeit sowie die Brühemenge pro Hektare müssen passen. Das Wetter zum Applikationszeitpunkt spielt ebenfalls eine zentrale Rolle.
Flexibilität
Die Basisstrategie kann je nach Saisonverlauf angepasst werden. So kann bei steigendem Pilzbefallsdruck eine Verkürzung der Behandlungsintervalle angezeigt sein. Ein Produktewechsel oder die Behandlung jeder einzelnen Reihe kann je nach Applikationstechnik auch nötig sein.
Umgekehrt darf das Pflanzenschutzdispositiv in einer besonders freundlichen Wetterphase etwas gelockert werden. Dies kann bedeuten, dass die Behandlungsintervalle leicht ausgedehnt oder ein passenderes Pflanzenschutzmittel ausgewählt werden. Eine erfolgreiche Pflanzenschutzstrategie kombiniert wirksam Beobachtung, Vorbeugung, Schutz und Anpassung.
AutorAurèle Jobin, Pflanzenschutzberater, 1510 Moudon
Für weitere Infos stehen die Spezialisten des Pflanzenschutzberatungsdienstes der fenaco gerne zur Verfügung.