Wenn wir über Humus sprechen, müssen wir zuerst den Begriff klären, denn nicht immer wird darunter dasselbe verstanden. Umgangssprachlich wird damit oft der gesamte humushaltige Oberboden bezeichnet («Abhumusieren»). Oder es wird die gesamte organische Bodensubstanz gemeint, bestehend aus Wurzeln, Bodentieren, Mikroorganismen und, vor allem, aus abgestorbenem Material. Bei der Humusanalyse wird eigentlich nur der organisch gebundene Bodenkohlenstoff (Corg) analysiert. Die im Humus ebenfalls vorkommenden Elemente wie Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff, Phosphor oder Schwefel werden berücksichtigt, indem der Gehalt an organischem Kohlenstoff mit dem Faktor 1,725 multipliziert wird: Das ergibt den Humusgehalt eines Bodens. Dieser Faktor ist allerdings nur ein typischer Wert für den Kohlenstoffanteil in der organischen Bodensubstanz; im Einzelfall kann er abweichen.
Betriebsstoff für Bodenorganismen und Baustoff für den Boden
Humus als abgestorbene organische Bodensubstanz entsteht bei der Zersetzung der organischen Bodensubstanz durch die Bodenlebewesen. Die Bodentiere wie Regenwürmer, Springschwänze und viele weitere zerkleinern die Pflanzenreste und mischen sie in den Boden ein. Mikroorganismen, hauptsächlich Bakterien und Pilze, zersetzen diese weiter zu Humus. Früher verwendete man oft den Begriff «Humifizierung», um die Abbauprozesse zu stabilen Humusverbindungen zu beschreiben; je nach Umweltbedingungen verlaufen sie unterschiedlich rasch. Ein Grossteil der organischen Bodensubstanz wird dabei von den Bodenlebewesen als Energiequelle verwendet. Bei der Veratmung entsteht CO 2 , das in die Atmosphäre entweicht.
Wie kann Humus gefördert werden
• Schonende Bodenbearbeitung
• Vielfältige Fruchtfolge mit Einbeziehen von humusfreundlichen Kulturen
• Langdauernde Bodenbewurzelung
• Immer bewachsene Böden (Kultur, Zwischenkultur, Untersaaten und unproblematische Ackerbeikräuter)
• Regelmässige Zufuhr von organischer Substanz (Stroh, Erntereste, Mist und Grüngutkompost)
Stabiler Dauerhumus durch Bindung mit Tonmineralen
Beim Abbau durch die Mikroorganismen entstehen einerseits einfache organischen Verbindungen, die wenig stabil sind und von Mikroorganismen als Nahrungsquelle verwendet werden («Nährhumus»). Andererseits werden komplexere organische Verbindungen besonders durch den Einschluss in Aggregate sowie durch die Bindung an Tonminerale dem weiteren Abbau entzogen («Dauerhumus»). Diese stabilen Ton-Humus-Komplexe können im Boden während längerer Zeit, sogar Jahrzehnte bis Jahrhunderte, überdauern.
Humus ist Dünger und schützt vor Nährstoffauswaschung
Humus ist aber nicht nur Energielieferant für das Bodenleben. Die Mikro organismen setzen beim Abbau der organischen Substanz auch Nährstoffe für die Pflanzen frei. Ähnlich wie Tonminerale verfügt Humus über eine hohe Kationenaustauschkapazität. Kationische Nährstoffe wie Ammonium (NH4+), Calcium (Ca), Magnesium (Mg), Kalium (K), Eisen (Fe) werden dabei in pflanzenverfügbarer Form an den Ton-Humus-Komplexen gespeichert und sind so vor Verlust geschützt. Humus wirkt nicht nur als Nährstoffspeicher, sondern ist auch in der Lage, das Zwanzigfache seines Eigengewichts an Wasser zu speichern; das macht die Böden widerstandsfähiger gegen Trockenheit, was im Hinblick auf die Klimaerwärmung sehr wertvoll ist. Ausserdem hat Humus eine Pufferfunktion zur Stabilisierung des Boden-pH und ist in der Lage, Schadstoffe im Boden zu binden.
Humusaufbau gegen Erosion und Verdichtung
Nicht zuletzt hat Humus auch eine wichtige Funktion für die Bodenstruktur. Die Ton-Humus-Komplexe sind die Bausteine für das Bodengefüge. Sie ermöglichen die schwammartige Struktur des Bodens und sorgen damit gleichzeitig für eine gute Durchlüftung, Wasseraufnahme und Wasserspeicherung des Bodens. Die Struktur der Böden wird dadurch widerstandsfähiger gegenüber Erosion und Verdichtung.
Der typische Humusgehalt von Schweizer Ackerböden
Der Humusgehalt eines Bodens wird auch geprägt von seiner Körnung. Ein nicht landwirtschaftlich genutzter Moorboden besteht überwiegend aus organischer Substanz; ein tonreicher, schwerer Tonboden kann den Humus besser halten, als ein leichter sandiger Boden. Innerhalb seiner für den jeweiligen Boden natürlichen Bandbreite wird der Humusgehalt aber massgeblich von der Bewirtschaftung beeinflusst. In der gemässigten Zone ist Wald der natürliche Bewuchs. Blatt- und Nadelfall bringen auf diesen Böden laufend neues organisches Material ein. Waldböden haben deshalb einen viel höheren Humusanteil als Ackerböden an denselben Standorten. Durch die Bodenbearbeitung und die Verfügbarkeit von leicht löslichen Düngern aus Gülle oder Kunstdünger wird der Humus im Boden abgebaut. Auswertungen von Corg-Messungen im Rahmen der nationalen Bodenbeobachtung (NABO) deuten darauf hin, dass die Gehalte in den letzten 30 Jahren auf den mineralischen Ackerböden im gesamtschweizerischen Durchschnitt relativ stabil sind, allerdings auf einem tieferen Niveau als in vergleichbaren Wiesen- oder Waldböden.
Die Bodenbewohner wollen gefüttert werden
Wie kann Humusaufbau gelingen? Grundsätzlich ist ein biologisch hoch aktiver Boden anzustreben. Aktive Böden vermögen organisches Material rasch abzubauen. Grundlage ist die generelle Förderung der Bodenfruchtbarkeit durch die bekannten Massnahmen wie schonende Bodenbearbeitung, vielfältige Fruchtfolge, langdauernde Bodendurchwurzelung und regelmässige, ausreichende Zufuhr von organischer Substanz aus Stroh und anderen Ernteresten sowie aus Mist oder Grüngutkompost. Daneben können die Bodenlebewesen direkt gefördert werden, indem sie – ähnlich wie die Nutztiere auf der Weide – regelmässig gefüttert werden. Die Fütterung erfolgt durch Wurzelausscheidungen, der wichtigsten Energiequelle für die Mikroorganismen. Sie sind sozusagen der Motor für ein gesundes Bodenleben. Ackerböden sollten also möglichst immer bewachsen sein, das heisst durchwurzelt von einer Kultur, einer Zwischenkultur oder einer Gründüngung. Idealerweise sind auch Untersaaten einzuplanen, um die Zeit mit wenig Bewuchs beim Auflaufen der Kultur oder während der Abreife, zu überbrücken. Aus diesem Blickwinkel ist auch eine Durchwurzelung durch unproblematische Ackerbeikräuter förderlich. Vermieden werden sollten lange Bracheperioden wie Winterbrachen, da während der langen vegetationslosen Zeit das Bodenleben buchstäblich verhungert.
Weitere Informationen
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