Einfach mal die Beine hochlegen, den Sonnenuntergang am Meer geniessen oder eine mehrtägige Wanderung unternehmen. Was für Personen in einem Anstellungsverhältnis ganz normal ist, bleibt den Betriebsleiterinnen und Betriebsleitern oft vergönnt. Das kann gesundheitsschädigend sein und ernsthafte Folgen mit sich ziehen.
Gesundheit ist die Grundlage für eine hohe Lebensqualität. Mit dem technischen Fortschritt kann heute die körperliche Belastung verringert werden. Die psychische Belastung wird immer grösser – beispielsweise durch den hohen administrativen Aufwand oder aber auch durch Existenzängste. Die Stressbelastung steigt und Landwirtinnen und Landwirte leiden immer häufiger unter einem Burnout. Doch wie kann das verhindert werden? Eine Patentlösung gibt es nicht – gezielte Auszeiten und frühes Erkennen der Symptome können aber helfen.
«Ich habe einen sehr zuverlässigen Betriebshelfer. Dank ihm,kann ich in den Ferien auch wirklich abschalten.»
Beat Bachmann, Landwirt
Vorbeugen
Die zeitliche Arbeitsbelastung liegt gemäss dem Agrarbericht 2013 in der Landwirtschaft deutlich höher als in anderen Berufsgruppen. Verschiedene wissenschaftliche Studien zeigen, dass es zwischen Burnout und Arbeitsbelastung sowie Zeitdruck einen deutlichen Zusammenhang gibt. Besonders emotionale Erschöpfung hängt stark mit der Menge der zu erledigenden Arbeit zusammen. Zudem ist bei Beschäftigten mit hoher zeitlicher Belastung das Burnout-Risiko erhöht. Gemäss der Broschüre «Burnout – ein Leitfander des ifa» der Burnout-Expertin Simone Albrecht sind die Warnsymptome «überhöhter Energieeinsatz» und «Erschöpfung» ein Indiz, um ein mögliches Burnout möglichst früh zu erkennen. Wer also unter Hyperaktivität, Gefühl der Unentbehrlichkeit, Gefühl, nie Zeit zu haben, Verleugnung eigener Bedürfnisse, Verdrängung von Misserfolgen und Enttäuschungen oder nicht Abschalten können, Energiemangel und Unausgeschlafenheit leidet, könnte unter Umständen an einem Burnout leiden.
Die zwei Begriffe Burnout und Stress treten immer wieder gemeinsam auf. Obwohl Stress alleine nicht zu einem Burnout führt, stehen sie oft in enger Verbindung. Cornel Rimle, Einzel-, Paar- und Generationenberater, rät Personen, die unter Stress leiden, regelmässig Frei- und Ferienzeiten zu organisieren. Stress und Burnout sind aber nicht die einzigen Gründe, weshalb sich gerade Landwirtinnen und Landwirte Zeit für Ferien nehmen sollten.
Balance zwischen Arbeit, Familie und Freizeit
Auf dem bäuerlichen Familienbetrieb verschmelzen oft Familien- und Arbeitsleben. Die Partnerin oder der Partner arbeitet mit und es kann vorkommen, dass nur noch der Betrieb im Mittelpunkt steht. Die Beziehung und das Familienleben auch noch gezielt zu pflegen, ist nicht einfach. Folgende Tipps können helfen, die Balance zwischen Arbeit, Familie und Freizeit zu finden (Merkblatt «Beziehungen und Lebensqualität», Agridea, 2014; nicht abschliessend):
- Zeit für sich nehmen, eigene Bedürfnisse wahrnehmen.
- Zeit füreinander nehmen, gemeinsame Abende, Wochenenden und Ferien.
- Feierabend und Freizeit fest im Wochenplan eintragen.
- Durch Aus- und Weiterbildung Arbeiten rationell und mit weniger Belastung bewältigen.
Abstand kann helfen
Die alltägliche Arbeit auf dem Betrieb unter einer hohen Zeitbelastung kann eine Betriebsleiterin oder einen Betriebsleiter «betriebsblind» machen. Das heisst, die Arbeit wird nur noch erledigt und es wird nicht mehr über mögliche Entwicklungen oder die strategischen Ziele des Betriebs nachgedacht – es fehlt einfach die Zeit. Gezielte Auszeiten, seien dies einzelne freie Tage oder Ferien, helfen Betriebsleiterinnen und Betriebsleitern, abzuschalten. Die tägliche Arbeit kann vergessen werden und der Kopf wird frei für andere Gedanken. Gut möglich, dass jemand plötzlich seinen Betrieb in einem anderen Licht sieht und hinterfragt: Wieso mache ich das eigentlich so?
Auch seien Leute nach dem Urlaub messbar zufriedener, gesünder und fühlen sich wohler, wie Dr. Christine Syrek, Abteilung für Arbeits-, Be-triebs- und Organisationspsychologie Universität Trier, in einem Interview mit dem Tagesanzeiger erklärte. Nach den Ferien seien die Personen aber auch kreativer, mental flexibler, hilfsbereiter und leistungsfähiger. Ebenfalls zeigen Studien, dass längere Ferien nicht mehr Erholung bedeuten.
Ferienorganisation
Um in den Ferien wirklich Abstand vom Betrieb zu erhalten, müssen die Betriebsabläufe weiterhin reibungslos funktionieren. Hierfür muss selbstverständlich eine Vertretung organisiert werden. Bei grösseren Betrieben mit Angestellten ist dies weniger umständlich, ebenfalls, wenn Familienmitglieder oder Freunde die Arbeiten während der Abwesenheit übernehmen können.
Betriebe, ohne diese Möglichkeiten, können sich an den Betriebshelferdienst wenden. Diese sind teilweise an die kantonalen Bauernverbände oder an Maschinenringe angegliedert. Auf der Internetseite des Schweizer Bauernverbands gibt es eine Übersicht verschiedener Anlaufstellen (www.sbv-usp.ch ➞ Services ➞ Brauchen Sie Hilfe?). Landwirtinnen und Landwirte müssen immer im Blick behalten, dass ein zusätzlicher Betriebshelfer Kosten verursacht. In der Ferienbudgetierung muss dies berücksichtigt werden.
Passender Betriebshelfer
Auch die LANDI Sursee unterstützt Landwirtinnen und Landwirte mit einem Betriebshelferdienst. «Der Betriebshelferdienst ist eine Dienstleistung für unsere Kunden und Mitglieder. Wir dienen als Vermittler», erklärt Franz Vogel, Verantwortlicher für den Betriebshelferdienst der LANDI. Der Dienst werde vor allem bei Unfällen oder Krankheiten genutzt, aber auch zu rund einem Drittel für Ferienablösungen. Vor allem im Winter werde der Dienst für Ausfälle aufgrund von Operationen beansprucht.
«Es ist enorm wichtig, dass ich unsere Kunden wie auch die möglichen Betriebshelfer kenne», erklärt Vogel, «Denn ein Landwirt überlässt seinen Betrieb nicht einfach irgendjemandem.» Dem stimmt auch Beat Bachmann, Landwirt aus Hildisrieden, zu. Vor einigen Jahren hat er das erste Mal den Betriebshelferdienst Sursee für eine Ferienablösung angefragt. Seither hat er jedes Jahr den gleichen Betriebshelfer für seine zwei Wochen Ferien im Herbst. «Ich habe einen sehr zuverlässigen Betriebshelfer. Dank ihm, kann ich in den Ferien auch wirklich abschalten», erläutert Bachmann.
Energie tanken
Zwei Wochen Ferien sind für Bachmann und seine Familie jedes Jahr eingeplant. «In den Ferien habe ich wirklich Zeit für meine Familie», sagt Bachmann, «Während des Jahres habe ich mit meinem Einmann-Betrieb nur wenig Zeit – regelmässig frei habe ich ja nicht». Nach den Ferien geht Bachmann mit anderer, neuer Energie an die Arbeit. Er konnte Energie tanken – das geht aber nur, wenn jemand auf dem Betrieb ist, dem man wirklich vertrauen kann und der weiss, was er tut. Mit seinem vielseitigen Betrieb mit Milchvieh, Pensionspferden und 70 Muttersauen zur Zucht braucht Bachmann eine erfahrene Person. «Der Betrieb läuft weiter, ob ich da bin oder nicht», erläutert Bachmann. Er freut sich bereits heute wieder auf seine Ferien im Herbst mit seiner Frau und seinen drei Kindern.