Das landwirtschaftliche Gewerbe geniesst im bäuerlichen Erbrecht einen besonderen Schutz. Im Erbfall kann sich ein selbstbewirtschaftender Erbe das Gewerbe ungeteilt zum Ertragswert zuweisen lassen. Demgegenüber hat der Hofnachfolger eines Kleinbetriebes keinen gesetzlichen Anspruch zur Übernahme zum Ertragswert. Vielmehr ist der (drei bis vier Mal höhere) Verkehrswert massgebend.
Bei einem Kleinbetrieb ist das Betriebsinventar zum Verkehrswert und nicht zum tieferen Nutzwert zu bewerten. Soll die Hofübergabe dennoch zu einem Preis unter dem Verkehrswert erfolgen, so handelt es sich um eine Bevorzugung des Übernehmers.
Der lebzeitige Verkauf eines Kleinbetriebes unter dem Verkehrswert stellt eine Zuwendung («gemischte Schenkung») dar. Solche Zuwendungen unterstehen im späteren Erbfall der Ausgleichungspflicht (Art. 626 ZGB) oder, bei Befreiung von der Ausgleichungspflicht, der Herabsetzungsklage wegen Verletzung von Pflichtteilen. Eine erbrechtliche Ausgleichung oder Herabsetzung kommt jedoch nur in Betracht, wenn Verkäufer und Käufer bei Abschluss des Kaufvertrages von der Differenz zwischen Kaufpreis und Verkehrswert Kenntnis hatten. Sie mussten sich somit bewusst gewesen sein, dass kein Gewerbe vorgelegen hat. Es reicht nicht, dass die Parteien das Missverhältnis zwischen Kaufpreis und Verkehrswert hätten erkennen können. Diese Rechtsprechung (BGE 5A_404 / 2018) ist also «hofnachfolgerfreundlich».
Massnahmen gegen spätere erbrechtliche Streitigkeiten
Um spätere erbrechtliche Streitigkeiten gar nicht erst entstehen zu lassen, bieten sich folgende Möglichkeiten:
a | Erbvertrag
Die sicherste Variante zur Vermeidung erbrechtlicher Probleme ist die Kombination des Grundstückkaufvertrages mit einem Erbvertrag unter Miteinbezug aller Erben. Die Miterben verzichten darin verbindlich, auf die spätere Einrede der Verletzung ihrer Pflichtteile zu verzichten. Der Erbvertrag muss vom Notar vor zwei Zeugen beurkundet werden.
b | Höherer Übernahmepreis
Ist ein Erbvertrag (z. B. mangels Einigkeit) nicht möglich, so kann das erbrechtliche Risiko durch einen höheren Übernahmepreis minimiert werden. Denkbar ist beispielsweise eine Übernahme des Bodens zum doppelten Ertragswert und der Gebäude zum Zeitwert.
c | Erbrechtliche Begünstigung des Hofübernehmers
Der Verkäufer kann den Hofübernehmer zusätzlich dadurch begünstigen, indem er ihm und zu Lasten der übrigen Pflichtteilserben die verfügbare Quote am Nachlass zuwendet. Die anderen Pflichtteilserben erhalten dann lediglich ihren Pflichtteil. Diese Begünstigung kann erbvertraglich bindend oder durch ein Testament erfolgen.
d | Vertragliches Gewinnanspruchsrecht
Bei lebzeitiger Hofübergabe besteht von Gesetzes wegen kein Gewinnanspruchsrecht. Ein solches kann (und sollte) jedoch vereinbart werden. Verschiedene Varianten sind denkbar: zum Beispiel längere Teilungsfrist, Erweiterung der gesetzlichen Gewinnanspruchstatbestände, Änderung der zulässigen Abzüge, Änderung Besitzesdauerabzug.
e | Vertragliches Kaufsrecht / Vorkaufsrecht
Ist damit zu rechnen, dass Teile des übertragenen Betriebes künftig der Bauzone zugewiesen werden, kann zu Gunsten der Miterben ein vertragliches Kaufsrecht oder ein preislich limitiertes Vorkaufsrecht an künftigem Bauland vereinbart werden.
f | Vertragliches Rückkaufsrecht
Für den Fall, dass der Erwerber die Selbstbewirtschaftung aufgibt, kann ein Rückkaufsrecht vereinbart werden. Nach der hier vertretenen Auffassung sollte davon nur mit Zurückhaltung Gebrauch gemacht werden, denn nicht selten ist unter den Miterben kein geeigneter Selbstbewirtschafter vorhanden.
Vermögensverzicht und Ergänzungsleistungen
Eine mögliche Folge der lebzeitigen Übertragung eines Kleinbetriebes unter dem Verkehrswert kann die Kürzung von Ergänzungsleistungen (ELG) beim Verkäufer sein. Die Differenz zwischen dem Verkehrswert und dem Kaufpreis stellt einen Vermögensverzicht dar. Die Ergänzungsleistungen können gekürzt werden. Die kantonale Praxis ist allerdings uneinheitlich.
Der Kleinbetrieb im Erbfall
Häufig möchte der Erblasser den Hof nach seinem Ableben für die kommende Generation erhalten und ihn einem selbstbewirtschaftenden Nachkommen hinterlassen. Das Erbrecht bietet hierzu einen «Werkzeugkasten», mit Hilfe dessen der Erblasser eine Hofnachfolge herbeiführen kann.
a | Erbvertrag
Der Erbvertrag unter Einbezug aller künftigen Erben erlaubt weitgehende Gestaltungsfreiheit. Der Erblasser kann mit dem künftigen Hoferben einen Vermächtnisvertrag abschliessen. Darin wird der Gegenwert des Vermächtnisses, das heisst der Anrechnungswert für den Hof verbindlich vereinbart (entgeltliches Vermächtnis). Denkbar ist, dass der Hofübernehmer im Gegenzug auf seine Erbenstellung verzichtet und die Miterben auf die Geltendmachung der Einrede von allfälligen Pflichtteilsverletzungen verzichten. Der Hofübernehmer bekommt dann im Erbfall den Hof zu einem Anrechnungswert unter dem Verkehrswert, hat aber sonst keine erbrechtlichen Ansprüche mehr.
b | Testamentarisches Vermächtnis
Der landwirtschaftliche Kleinbetrieb kann dem Hofnachfolger durch ein testamentarisches Vermächtnis zugewendet werden. Da davon auszugehen ist, dass der Hofnachfolger mit dem Vermächtnis gegenüber den Miterben ohnehin begünstigt wird, kann ihm zugleich die Erbenstellung entzogen werden. Er ist dann nicht mehr Erbe und sein Pflichtteil wird ihm allein durch das Vermächtnis am Hof abgegolten. Wird der Hoferbe durch das Vermächtnis mit einem Anrechnungswert für den Hof unter dem Verkehrswert so stark begünstigt, dass die Pflichtteile der Miterben verletzt werden, so können diese auf Herabsetzung des Vermächtnisses klagen (Art. 486 ZGB).
c | Teilungsanordnung
Der Erblasser, der seinen landwirtschaftlichen Kleinbetrieb ungeteilt an die nächste Generation weitergeben will, kann testamentarisch und für die Erben im Streitfall verbindlich anordnen, dass der landwirtschaftliche Betrieb an einen bestimmten Erben zuzuweisen sei. Der Erblasser kann den Hofübernehmer auch wertmässig begünstigen, indem er den Anrechnungswert für den Betrieb festlegt (Vorausvermächtnis). Er kann weiter auch Anordnungen treffen, inwieweit der Anrechnungswert bei besonderen Umständen (z. B. Investitionen) zu erhöhen ist. Schranke für eine Begünstigung des Übernehmers bildet immer das Pflichtteilsrecht der Miterben. Ausgleichszahlungen sind bei Kleinbetrieben nur beschränkt zulässig.
d | Vor- und Nachvermächtnis
Der Erblasser kann einen Vermächtnisnehmer bezeichnen und diesen verpflichten, das Vermächtnis (den Hof) später an einen bestimmten Nachvermächtnisnehmer auszuliefern (Art. 488 Abs. 3 ZGB). Das Vorund Nachvermächtnis kann dann in Frage kommen, wenn der Erblasser den Kleinbetrieb nach seinem Tod für eine gewisse Zeit zu Eigentum an seine Ehepartnerin / Lebenspartnerin übertragen will, verbunden mit der Verpflichtung, den Hof später (z. B. bei Eintritt der Lebenspartnerin in das Rentenalter), an einen seiner Nachkommen auszuliefern. Dieses Instrument eignet sich besonders für «Patchworkfamilien».
e | Einsetzung Willensvollstrecker
Aufgrund der Komplexität ist in den Fällen der Nachlassplanung über einen Kleinbetrieb die testamentarische Einsetzung eines Willensvollstreckers zu empfehlen. Dieser kann das Sachvermächtnis am Hof im Grundbuch eintragen lassen, ohne dass dazu die Zustimmung der Miterben erforderlich ist.
Zuweisungsrecht nach bürgerlichem Erbrecht
Hinterlässt der Erblasser keine Verfügung von Todes wegen, so kann unter gewissen Voraussetzungen für einen selbstbewirtschaftenden Erben ein Zuweisungsrecht am Hof aus dem bürgerlichen Erbrecht abgeleitet werden (Art. 613 ZGB). Zu beachten ist allerdings, dass der Anrechnungswert im ZGB, anders als im bäuerlichen Erbrecht, den Erbteil des betreffenden Erben nicht wesentlich (höchstens um 1 / 3) übersteigen darf. Diese Grenze wird oftmals überschritten, weshal sich die Miterben einer Zuweisung widersetzen könnten. n
Ausblick: Revision Erbrecht
Derzeit berät das Parlament eine Teilrevision des Erbrechts. Das bäuerliche Erbrecht ist davon nicht direkt betroffen. Kernpunkt der Revision sind Anpassungen im Pflichtteilsrecht. Das Pflichtteilsrecht der Eltern soll aufgehoben werden. Der Pflichtteil der Nachkommen soll von drei Vierteln des gesetzlichen Erbteils auf die Hälfte reduziert werden. Das Pflichtteilsrecht des Ehegatten soll unverändert bei der Hälfte bleiben. Die Änderungen im Pflichtteilsrecht sind aus Sicht des bäuerlichen Erbrechts zu begrüssen. Sie schaffen für die Nachfolge von bäuerlichen Kleinbetrieben und nichtbäuerlichen Unternehmen mehr Gestaltungsmöglichkeiten.