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Betriebsführung

Ein Gewinn für alle Beteiligten

Menschen mit einer Behinderung können eine Bereicherung für einen Landwirtschaftsbetrieb sein. Wie die Zusammenarbeit aussehen kann, sollte dabei gut besprochen werden. Unterstützung erhalten interessierte Familien durch die Stiftung Landwirtschaft und Behinderte.

Adrian Burri beim Datieren der Eier

Adrian Burri beim Datieren der Eier.

(Laura Keller)

Publiziert am

Aktualisiert am

ehemalige Redaktorin UFA-Revue

Der Betrieb der Familie Egli befindet sich in Bichwil SG im Untertoggenburg. Neben dem Betriebsleiter Rolf Egli arbeiten seine Eltern Vreni und Karl auf dem Hof mit. Das Team wird zudem durch eine ganz besondere Person unterstützt: Adrian Burri lebt seit bald 20 Jahren auf dem Betrieb der Eglis und gehört damit praktisch zur Familie. Der gebürtige Luzerner hat seit seiner Geburt eine kognitive Behinderung und ist eine tatkräftige Unterstützung für den Biobetrieb mit Ammenkühen, 3000 Legehennen sowie rund 180 Hochstämmern.

Ausbildung zum Hofmitarbeiter

Alles begann vor über 20 Jahren, als der St. Galler Bauernverband eine Veranstaltung in Wattwil organisierte, um die Angebote der Stiftung «Landwirtschaft und Behinderte», kurz LuB, mehreren Gemeinden im Toggenburg schmackhaft zu machen. Am Ende waren die Eglis die einzigen in ihrer Gemeinde, die der Aufforderung folgten. Früher hätten sie bäuerliche Lehrtöchter beschäftigt und seien es deshalb gewohnt, mit anderen Personen auf dem Betrieb zusammenzuleben. Adrian gehöre neben den vier Kindern ebenfalls zur Familie, erzählen Vreni und Karl Egli. Seit August 2000 wohnt er bei ihnen auf dem Hof. Zuvor hatte Adrian Burri die Hofmitarbeiterausbildung auf einem anderen Betrieb absolviert und wechselte dann zum Biobetrieb nach Bichwil.

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Die Familie Egli: Karl und Vreni Egli, Adrian Burri und Rolf Egli (v.l.). 

(Bild: Laura Keller)

Voraussetzungen für interessierte Familien

  • Familienverhältnis muss strukturiert und intakt sein 
  • Offenheit für Menschen mit einer kognitiven Behinderung 
  • Genügend sinnvolle Arbeit 
  • Strukturierter Tagesablauf 
  • Bewusstsein der 24h-Betreuung 
  • Geld darf nicht im Vordergrund stehen

Bereitschaft der Familie

LuB ist eine eigenständige Stiftung und existiert bereits seit 25 Jahren. Susann Steiner ist seit gut vier Jahren die Geschäftsleiterin. Neben ihr arbeiten sechs weitere Personen für die Stiftung.

Die gute Zusammenarbeit zwischen der LuB, den Bauernfamilien und den kognitiv behinderten Menschen werde grossgeschrieben und funktioniere sehr gut. In 14 Kantonen hat LuB total 95 Personen vermittelt. Dabei unterstützt LuB die Familien vom Kennenlernen bis zur regelmässigen Begleitung auf dem Betrieb während die Personen mit kognitiver Behinderung bereits auf dem Betrieb wohnen.

Eine agogische Ausbildung oder Erfahrungen in der Betreuung seien für interessierte Familien keine Voraussetzung. «Wichtig sind aber die Bereitschaft und die Zeit, welche die Familien aufbringen müssen», erklärt Susann Steiner. Die betreuenden Familien, erhalten eine angemessene Entschädigung durch die LuB. Die Person mit einer Behinderung bezahlt jeden Monat ihre erhaltenen Sozialleistungen an die LuB. Die Stiftung gibt den grössten Teil an die Bauernfamilie weiter. Der Mitarbeitende erhält dann von diesem Geld einen kleinen Lohn für seine Arbeit. «Die Personen mit einer kognitiven Behinderung entwickeln ein grösseres Selbstbewusstsein, wenn sie merken, dass sie gebraucht werden», berichtet die Geschäftsleiterin von LuB.

Vielseitiges Angebot

Neben der Dauerplatzierung werden auch berufliche Ausbildungen angeboten. Die beliebteste dabei ist die Hofmitarbeiterausbildung am Strickhof, welche zwei Jahre dauert. Der Unterricht findet einmal wöchentlich statt und ergänzt die berufspraktische Ausbildung auf dem Betrieb. Danach können verschiedene Wege eingeschlagen werden. Eine Dauerplatzierung, ein Arbeitsplatz im ersten Arbeitsmarkt oder die Ausbildung in Form eines Eidgenössischen Berufsattests sind einige Möglichkeiten.

Ferienprogramme und begleitete Wochenenden ergänzen das Angebot von LuB. Vier bis sechs begleitete Ferienwochen pro Jahr können besucht werden. Dabei sind sie mit Gleichgesinnten unterwegs und die betreuenden Familien werden entlastet.

Persönliche Entwicklung

Adrian Burri habe sich in der Zeit bei der Familie Egli enorm entwickelt, sagt Karl Egli. Vom scheuen und eher ruhigen Jungen, ist heute, 20 Jahre später, nicht mehr viel zu sehen. Der 40-jährige Mann ist in der Familie sowie im Dorf sehr gut integriert. Alle kennen und schätzen ihn. Zu seinen täglichen Aufgaben zählen das Datieren der Eier, das Putzen der Laufhöfe sowie das Einstreuen der Liegebereiche. Die Arbeit im Obst und das Helfen bei der Raufutterernte gehören ebenfalls dazu. «Adrian arbeitet sehr gerne», betont Karl Egli. Der Betrieb ist ideal für die Mitarbeit eines Menschen mit kognitiver Behinderung. Die Eglis verfügen über genügend Arbeit, die von Hand erledigt werden kann. Obwohl Adrian Traktor fahren darf, wäre ein zu sehr mechanisierter Betrieb nicht geeignet.

An jedem Fest dabei

Adrian wohnt im Haus von Vreni und Karl Egli auf dem Betriebsstandort in Bichwil. Für Rolf Egli, der auf dem zweiten Standort in Magdenau wohnt, sei es von Anfang an klar gewesen, dass er die Zusammenarbeit mit LuB fortführen möchte. Adrian Burri wohnt in seinem eigenen Zimmer. Die Eglis haben zudem eine Mieterin im Haus, die bei Ferienabwesenheit der Eglis in Notfallsituationen eine Ansprechperson ist.

Der leidenschaftliche Fasnächtler Adrian Burri ist aktives Mitglied der Guggenmusig «Konfettifäger» in Schwarzenbach. «Adrian ist an jedem Fest dabei», ergänzt Vreni Egli. Die fünfte Jahreszeit sei für ihn besonders wichtig.

Zu Adrian Burris Leidenschaften gehören ebenso die Landmaschinen, welche er bei seinen abendlichen Spaziergängen überall genau betrachtet. Wenn jemand von den Nachbarn eine neue Maschine gekauft hat, weiss er sofort Bescheid. Jedes zweite Wochenende verbringt er bei seiner Familie in Luzern oder einem der beiden Stützpunkte, auf welchen die Stiftung LuB Freizeitprogramme anbietet. 

Stiftung Landwirtschaft und Behinderte

Die Stiftung Landwirtschaft und Behinderte (LuB) bringt Menschen mit Beeinträchtigung und Bauernfamilien zusammen. Die Menschen mit Beeinträchtigung erhalten einen Wohn- und Arbeitsplatz und die Bauerfamilien erhalten einen Mitarbeitenden und durch die Betreuungsaufgabe ein zusätzliches Standbein. Die 1993 gegründete Stiftung wirkt dabei unterstützend. Momentan begleitet LuB 95 Mitarbeitende mit Beeinträchtigung in 14 Kantonen.

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