Eine steile Strasse mit einigen 180 Grad Kurven führt nach Tschlin, einem kleinen Bergdorf im Unterengadin. Die Strassen sind erstaunlich gut ausgebaut. «Unser Dorf ist bekannter, als es auf den ersten Blick scheinen mag», erklärt Cla Janett. «Wir haben eine eigene Brauerei sowie ein grosses Zentrum für Shaolin-Mönche, wo Touristen in intakter Natur einen Rückzugsort finden», erzählt der Junglandwirt. Cla Janett hingegen ist hier im Bergdorf Tschlin kein Tourist – er übernahm am 1. Januar 2016 den landwirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern. Die Entscheidung respektive die Diskussionen innerhalb der Familie starteten aber bereits rund fünf Jahre vor der Übernahme.
43 ha biologisch bewirtschaftet
Janetts Bio-Betrieb, den er nun seit zwei Jahren führt, liegt in der Bergzone IV mit insgesamt 43 Hektaren. Auf einer Hektare pflanzt Janett Futtergetreide an. Zwei weitere Hektaren sind Kunstwiesen. Die restliche Fläche ist aufgeteilt in übrige Dauer- und Ökowiesen. Viele der Parzellen weisen eine Steigung von über 50 Prozent auf – die Wiesen werden zur Futterproduktion genutzt. In seinem einen Stall, der direkt neben dem Wohnhaus liegt, hält Janett 19 Milchkühe, zehn Jährlinge und sieben Kälber. Im zweiten Stall betreibt Janett Aufzucht mit durchschnittlich 10 Tieren. Während des Sommers ist das gesamte Vieh auf einer Gemeinschaftsalp. Mit den verschiedenen Betriebszweigen und den steilen Flächen erreicht der Betrieb drei Standardarbeitskräfte (SAK).
«Es gibt Investitionen, die nicht planbar sind. Dafür muss immer Geld vorhanden sein.» Cla Janett, Landwirt
Frühe Planung
Janett ist Landmaschinenmechaniker EFZ und hat die Ausbildung zum Landwirt EFZ in der Nachholbildung am Plantahof während vier Jahren absolviert. « Für mich war bereits zu Beginn der Landwirtschaftslehre klar, dass ich den Betrieb übernehmen möchte », erzählt Janett. Er begann also bereits damals mit seiner Familie über eine mögliche Übernahme zu sprechen. Sein einziger Bruder war selbstverständlich auch von Anfang an in die Gespräche involviert. Für Janett war diese frühe Planung klar ein Erfolgsfaktor. Zur erfolgreichen Übernahme trug auch die gut vorbereitete Pensionierung seiner Eltern bei.
Pension gut vorbereitet
Um fair zu handeln und keines der beiden Kinder zu kurz kommen zu lassen, erhielten beide Brüder einen Erbvorbezug. Für Janett ist klar, dass dies nur aufgrund der guten Vorbereitung der Eltern funktioniert hatte. Sie entschieden sich bereits einige Jahre vor der Pensionierung des Vaters, nicht mehr zu investieren und solche Entscheide dem späteren Betriebsleiter zu überlassen. Janett arbeitete schon vor der Übernahme auf dem Betrieb. Selbstverständlich gab es da bereits einen Erfahrungsaustausch. Janett war angestellt und erhielt seinen Lohn. Heute ist das umgekehrt: Beide Elternteile arbeiten weiterhin auf dem Betrieb und werden bezahlt. Janett hatte bereits als Angestellter einige Maschineninvestitionen selber getätigt. « Meine Eltern fragten mich ab und zu, ob ich mir bei einer Investition sicher sei », erzählt Janett, «aber sie hatten nie direkt einen Vorschlag abgelehnt. Die Diskussionen waren hilfreich und der Austausch mit ihnen als erfahrene Betriebsleiter wichtig». Gespräche mit allen Beteiligten und auch Toleranz untereinander seien das Wichtigste, unterstreicht Janett.
Herausforderung Finanzen
«Damit vorgängige Investitionen und die Hofübernahme möglich sind, muss man in anderen Bereichen etwas kürzertreten und sparen», sagt Janett. Er sparte beispielsweise beim Auto oder ging weniger oft in den Ausgang. «Wenn man ein Ziel vor Augen hat, muss man darauf hinarbeiten», so Janett. Für ihn war auch immer klar, dass seine Eltern ihm den Betrieb nicht schenken sollen. «Meine Eltern haben für ihren Betrieb und auch für ihre spätere Pension gearbeitet – da will ich auch angemessen dafür bezahlen», sagt Janett klar. Dasselbe gilt für den Lohn, welchen er heute ausbezahlt.
Nötige Abklärungen
«Der Papierkram war relativ einfach zu klären», erzählt Janett. Dazu gehören die Bank, betreffend den Kredit, die Anfrage für Starthilfe, diverse Ummeldungen sowie der Abschluss der nötigen Versicherungen. Für die Versicherungen beantragte Janett bei verschiedenen Anbietern Offerten. Das beste Angebot stellte die Emmental Versicherung, das er dann auch angenommen hatte. Für Janett war insbesondere wichtig, dass die Vorsorge bereits jetzt gut geregelt ist – Risikoversicherung, Taggeld und so weiter. Das einzige, was nicht geklappt hatte, war die Umstellung in der Tierverkehrsdatenbank. «Am 3. Januar 2016 habe ich ein Kalb verkauft. Als ich dann die Begleitdokumente vorbereiten wollte, musste ich feststellen, dass ich gemäss Agate gar keine Tiere mehr hatte», schmunzelt Janett. Mit einem kurzen Anruf sei dies aber schnell korrigiert worden.
Hofübergabe – wann ist was zu tun?
Mindestens ein Jahr im Voraus, besser früher, muss die Hofübernahme innerhalb der Familie vorbereitet werden. Die gesamte Familie muss informiert werden und die Form der Übergabe sowie die Finanzierung abgeklärt werden. Rund ein halbes Jahr im Voraus müssen die Unterlagen für ein Beratungsgespräch zusammengestellt werden. Ein ausführlicher Grundbuchauszug, eine Invetarliste und vieles mehr muss bereitgestellt werden. Im selben Zeitraum gilt es, die Versicherungen zu überprüfen. Dies ist sowohl für Personen, wie auch Sachversicherungen und die Vorsorge zu tun. Die Meldung der Hofübergabe an diverse Stellen erfolgt kurz vor der Hofübergabe. Bei der Übernahme selbst müssen die eherechtlichen Vereinbarungen berücksichtigt werden.
Es gibt diverse Beratungsstellen, die Landwirte bei einer Hofübergabe unterstützen. Diese beginnen bei kantonalen Bauernverbänden über landwirtschaftliche Beratungszentren bis hin zu Agriexpert. Ebenfalls gibt es zahlreiche Checklisten zur Hofübernahme im Internet zu finden. Die UFA-Revue veröffentlichte 2013 ein Sonderheft zum Thema Hofübergabe (www.ufarevue.ch ➞ Leserservice ➞ Downloads).
Bau: gut überdenken
Janett übernahm den Betrieb am 1. Januar 2016. Die Betriebsleitung hingegen trat er bereits im September 2015 an. «Ein Wechsel mitten in der Saison war aus meiner Sicht nicht optimal», erklärt Janett. Auf die Frage hin, wie Janett seinen Betrieb weiterentwickeln möchte, sagt er klar: «Ich möchte den technischen Fortschritt nutzen. Zusätzlich möchte ich alle Tiere in einem Stall halten können, damit die Arbeitsverwertung besser wird». Trotzdem will er noch einige Zeit so weiterfahren und noch nicht investieren. «Ein Bau muss mehrmals hinterfragt werden – sowohl von den Eltern vor der Hofübergabe wie auch von den Kindern nach der Hofübernahme». Janett möchte nicht bauen und nachher nur noch dafür arbeiten, dass diese Investition auch bezahlt werden kann. Ebenfalls ist ihm wichtig, dass er immer ein kleines «Pölsterchen» hat. «Es gibt Investitionen, die nicht planbar sind, wie beispielsweise eine Maschine, die kaputtgeht oder Landkauf von einem Nachbarn. Für solche Investitionen muss immer Geld vorhanden sein», sagt Janett klar.
Zukunft Familienbetrieb
Auch möchte Janett klar einen Familienbetrieb führen. Seine Verlobte Valeria Tschenett arbeitet heute noch 100 Prozent auswärts und hilft in ihrer Freizeit auf dem Betrieb mit. Sie unterstützt Janett in der Buchhaltung und führt die Tierverkehrsdatenbank. Das Ziel ist aber, dass seine Verlobte in Zukunft auf dem Betrieb arbeiten wird. Gemeinsam werden sie Optionen für die Zukunft ausarbeiten und insbesondere darauf achten, sich in finanzieller und arbeitstechnischer Hinsicht nicht zu übernehmen.