Der Winzerberuf vereint Handwerk, Naturverständnis und moderne Technik. Der 16-jährige Noah Kamm ist im zweiten Lehrjahr und wusste bereits in der Schulzeit, dass er diesen Weg einschlagen möchte: «Ich bin auf einem Weinbaubetrieb aufgewachsen und habe immer mitgeholfen – bereits in der Sekundarschule war klar, welchen Beruf ich genauer unter die Lupe nehmen will», erzählt er. Eine Schnupperlehre bestätigte seinen Wunsch. Seine Ausbildung absolviert er nun auf verschiedenen Betrieben. Aktuell arbeitet er bei Rutishauser-Divino in Winterthur, einem der grössten Weinproduzenten der Schweiz (siehe Kasten).
Die Rebe als Herzstück des Weinbaus
Je nach Jahreszeit und Reifegrad der Trauben fallen im Rebberg verschiedene Arbeiten an. «Beim morgendlichen Kaffee wird im Team besprochen, welche Aufgaben anstehen, bevor es dann in den Rebberg geht», erzählt Noah Kamm, «Unser Beruf ist stark von den Jahreszeiten und dem Wetter abhängig.» Im Winter werden die Rebstöcke geschnitten und Reparaturen an der Rebanlage durchgeführt. Der richtige Schnitt ist entscheidend für das Wachstum und die Erträge. «Die Reben schneiden wir meist mit der Maschine vor. Der Feinschnitt geschieht dann von Hand», erklärt Noah Kamm.
Im Sommer und Herbst stehen die Pflege der Rebstöcke und die Ernte im Vordergrund. Zu den Aufgaben, die im Frühjahr beginnen und den Wachstumszyklus bis in den Herbst begleiten, gehören das Anbinden der Reben, die Bewässerung und die Düngung. Diese Pflegearbeiten sind die zentrale Aufgabe einer Winzerin und eines Winzers. «Im Sommer fangen wir früher an, um die kühleren Morgenstunden zu nutzen», erzählt Noah Kamm.
Ein weiteres wichtiges Thema ist der Pflanzenschutz: «Wir achten darauf, dass die Reben nicht von Schädlingen befallen werden», erläutert Kamm. Dabei spielt der Umweltschutz eine grosse Rolle. Im Spätsommer, während die Trauben reifen, stehen Unterhaltsarbeiten wie Mulchen oder das Mähen von Unkraut an. «Die Maschinenarbeit mit dem Traktor oder dem Raupenfahrzeug macht mir besonders Spass», erzählt der Lernende.
Der Lehrbetrieb
Rutishauser-Divino gehört zur fenaco Genossenschaft und ist eine der grössten Schweizer Weinkellereien. Das Unternehmen besitzt eigene Rebberge in Zürich, Schaffhausen und Graubünden. Die Vinifikation und Abfüllung erfolgt in den beiden Produktionsbetrieben in Winterthur (ZH) und Münchenbuchsee (BE). Rutishauser-Divino bietet Lehrstellen für die EFZ-Lehrberufe Winzer / Winzerin sowie Weintechnologin / Weintechnologe an und bildet zudem Agrarpraktiker/innen (EBA) sowie Lebensmittelpraktiker/innen (EBA) aus.
Info-Nachmittag
Am Mittwoch, 30. Oktober 2024, um 14 Uhr öffnet Rutishauser-Divino ihre Türen für junge Talente. Am Lehrstellen-Infonachmittag können Interessierte die verschiedenen Berufe näher kennenlernen.
Vom Most bis zum fertigen Wein
Der Erntezeitpunkt ist entscheidend, da die Qualität der Trauben den Wein beeinflusst. Die sogenannte Traubenlese ist weitgehend Handarbeit, bei der nur die hochwertigen Trauben für die Weinherstellung selektioniert werden. Obwohl der Schwerpunkt auf der Arbeit im Rebberg liegt, gehört auch das Keltern zum Lernund Arbeitsinhalt eines angehenden Winzers. Die Arbeit im Keller schätzt Noah Kamm genauso, auch wenn diese bei grossen Lehrbetrieben wie Rutishauser-Divino hauptsächlich von Weintechnologinnen und -technologen erledigt wird: «Das Wissen, welches ich hier bekomme, ist essenziell für den gesamten Prozess der Weinherstellung.» In seinem Lehrbetrieb wird der fertige Wein schliesslich für den Verkauf vorbereitet. «Wein zu vermarkten ist ebenso wichtig wie die Produktion», erzählt der junge Mann, «besonders in einer Branche, in der neben traditionellen auch moderne Weine ihren Platz haben sollen.»
Herausforderungen und Anforderungen
Die Ausbildung zur Winzerin und zum Winzer ist anspruchsvoll. «Es ist nicht immer einfach, die Arbeit auf dem Betrieb und für die Schule zu vereinen», gesteht Noah Kamm. Besonders Fächer wie Mikrobiologie fordern ihn. «Das liegt mir nicht so», gibt der angehende Winzer zu. Auch die Betriebswechsel sind eine Herausforderung. «Man muss flexibel und bereit sein, andere Arbeitsweisen und Ansichten anzunehmen», erklärt Noah Kamm. Für Lernende sind die Betriebswechsel genau deshalb so enorm wertvoll.
Noah Kamm, Lernender«Man muss Freude an der Arbeit haben, sonst packt man das nicht.»
Auch der körperliche Einsatz ist gefragt, denn die Arbeit im Weinbau ist oft streng. Für Noah Kamm ist deshalb klar, dass eine gute Winzerin oder ein guter Winzer Leidenschaft für den Beruf mitbringen muss: «Man muss Freude an der Arbeit haben, sonst packt man das nicht», betont er. Eine gute Beobachtungsgabe und sensorische Fähigkeiten sind unerlässlich, um den Zustand der Reben einzuschätzen. Eine gute Nase ist im Weinkeller gefragt.
Ohne Fachkräfte keine Weinvielfalt
Der 16-Jährige sieht seine Ausbildung als entscheidend für die Zukunft des Schweizer Weinbaus. Er betont, dass qualifizierte Winzerinnen und Winzer notwendig sind, um die Vielfalt der Weinbaubetriebe zu erhalten. Mit seiner Ausbildung möchte er praktische Fähigkeiten und ein tiefes Verständnis für den Weinbau erlangen, um eines Tages den elterlichen Betrieb zu übernehmen.