Ab 2025 wird die Geschlechtsbestimmung im Brut-Ei in der konventionellen Produktion eingeführt. Was war aus schlag gebend, dass es zu dieser einheitlichen Schweizer Branchenlösung kam?
Am 3. September 2020 haben die Delegierten an der DV der Gallo Suisse beschlossen, einen Weg für den Ausstieg aus dem Kükentöten einzuschlagen. Voraussetzung war einerseits, dass eine Alternative erarbeitet wird, die ethisch vertretbar und so nachhaltig ist wie die heutige Praxis, und andererseits die Bereitschaft von Handel und Konsumierenden, die Kosten zu tragen. Um diesen Beschluss erfolgreich umzusetzen, war es entscheidend, alle Marktakteure an einen Tisch zu bringen und im Dialog gemeinsam eine Lösung zu erarbeiten. Ausschlaggebend war demnach der Wille der Produzenten, Verantwortung zu übernehmen, sowie die Bereitschaft der verschiedenen Marktakteure, sich aktiv an der Lösungsfindung zu beteiligen. Zudem war eine Technologie erforderlich, die die Erwartungen erfüllt.
Wieso hat sich die Eierbranche für das System Genus Focus entschieden?
Bei der Wahl der Technologie ging man systematisch vor und evaluierte alle Anbieter nach einheitlichen Kriterien. Letztendlich konnte Genus Focus von Orbem mit dem besten Gesamt paket zum Zeitpunkt des Entscheids überzeugen. Die Methode ist nicht invasiv, das heisst, das Ei wird nicht geöffnet. Sie zeichnet sich durch eine hohe Zuverlässigkeit aus und wird zu einem Zeitpunkt angewendet, an dem das Schmerzempfinden des Embryos ausgeschlossen werden kann (vor Tag 13). Zudem erfordert der praktisch voll automatisierte Prozess nur wenig zusätzliches Personal. Dadurch ergibt sich ein Preis-Leistungs-Verhältnis, das die Umsetzung des Projekts ermöglicht.
Welche Auswirkungen hat die Geschlechtsbestimmung im Ei für die gesamte Wertschöpfungskette vom Brut-Ei bis zu den Konsumentinnen und Konsumenten?
Die Umsetzung stellt die gesamte Branche vor eine sehr grosse Herausforderung. Die Brütereien müssen nicht nur in Räumlichkeiten und Infrastruktur investieren, sondern auch ihre Prozesse anpassen und lernen, die neue Technologie optimal zu nutzen. Für Aufzüchter und Eierproduzenten kann insbesondere das erste Jahr je nach Situation sehr schwierig sein, da die Küken beziehungsweise Junghennen plötzlich teurer werden, was zusätzliches Kapital für den Ankauf erfordert. Für Vermarkter, Detailhändler sowie Konsumentinnen und Konsumenten bedeutet dies, dass alle Schweizer Eier ab dem 1. Januar 2025 teurer werden. Zwar sprechen wir von wenigen Rappen pro Ei, was sich im Jahresbudget auf einige Franken beläuft, dennoch kommen Preiserhöhungen, selbst wenn sie gut begründet und nachvollziehbar erklärt werden, nicht überall gut an. Verantwortungsvolle Produktion ist nur mit verantwortungsvollem Konsum möglich.
Interview: Eva Studinger