Einstallmilch dank Rein-Raus-Verfahren
Betrieb Widmer, Mühlrüti (SG)
Kälber mästen kann auch die Familie Widmer aus dem Toggenburgerland. Sie verkaufen jährlich rund 120 Kälber, welche sie selber mästen. In zwei Buchten werden je 20 Kälber mit der Anicom im Rein-Raus-Verfahren eingestallt und gemästet. Die zugekauften Tränker sind vorzugsweise weibliche Mastrassenkälber und ab und zu ein männlicher Milchrassentränker. So können Widmers jedes Jahr drei Umtriebe realisieren. In beiden Buchten hat es einen ad libitum Tränkeautomat, welcher direkt mit dem Milchtank verbunden ist. Ein effizienter und reibungsloser Automatenservice ist wichtig, damit die Kälber stets trinken können. Dank dem Einstallen im Rein-Raus-Verfahren, kann die Vollmilch mit einer spezifischen Einstallmilch ergänzt werden.
Hanspeter Widmer«Mit der Kälbermast haben wir eine gute Alternative zur Käsereimilch-Produktion.»
Den Weg in die Kälbermast fand die Familie Widmer vor rund zehn Jahren. Bis dahin wurde Käsereimilch für die Tilsiterherstellung produziert. Als der Preis für ihre Käsereimilch drastisch sank, suchten sie eine bessere Lösung. Da der Laufstall für 20 Milchkühe gut eingerichtet war und Widmers weiterhin Milchkühe halten wollten, entschieden sie sich für die Kälbermast. Heute sind sie froh, dass sie den Schritt gewagt haben. «Die gewonnene Flexibilität, auch bei der Futterkonservierung und der Möglichkeit, Silage zu machen, schätzen wir sehr», so Hanspeter Widmer. Mit der bäuerlichen Kälbermast konnte die Wertschöpfung der Milch verbessert werden.
Mit den Milchkühen wird jährlich zwischen 140 000 bis 150 000 l Milch produziert und mit dieser Menge und der Anzahl Kälber, ist die Teilnahme am Label der IP-Suisse möglich. Wichtig sei, dass man die Wirtschaftlichkeit über einen längeren Zeitraum betrachtet und nicht nach jedem Umtrieb. Da die Kälber im gleichen Stall wie die Kühe sind, fällt die Kälberüberwachung leichter. Für diese nimmt sich die Familie Widmer jeden Tag Zeit, denn ein krankes Kalb zu spät zu behandeln, dürfe nicht passieren. Allgemein sei die Gesundheit der Kälber die grösste Herausforderung. Deshalb haben sie sich auch für das Rein-Raus-Verfahren entschieden, welches ermöglicht, den Stall nach jedem Umtrieb gründlich zu waschen. Damit die während den Leertagen produzierte Milch möglichst schnell wieder vertränkt werden kann, dürfen zwischen dem Ausstallen und Einstallen aber nur wenige Tage liegen.
Medikamenteneinsatz reduziert
Betrieb Früh, Nesslau (SG)
Seit über dreissig Jahren mästet Fridolin Früh, oberhalb von Nesslau, Kälber. Die Kälbermast bot für ihn beim Einstieg in die Betriebsleitung die Möglichkeit, Milchkühe zu halten. Frühs Vater besass einen Betrieb, aber kein Vieh. Das Dürrfutter wurde jeden Winter von den Tieren eines Nachbarn herunter «geässt», sprich gefressen. Als er die Lehre zum Landwirt beendete, war für ihn klar, dass er selber Milchkühe halten möchte.
Fridolin Früh«Mit der Kälbermast sind wir finanziell unabhängig und flexibel.»
Ohne ein Lieferrecht bei einer Käserei war es 1987 jedoch nicht möglich, Milch abzuliefern. Darum stieg Früh in die Kälbermast ein. Durch die Kälbermast konnte die Familie Früh den Betrieb stets optimieren und weiterentwickeln. «Mit der Kälbermast sind wir finanziell unabhängig und flexibel», erklärt Früh. Die Flexibilität erlaubt es ihm auch, einem Nebenerwerb am nahe gelegenen Sessellift nachzugehen. Mit der Milch seiner zwölf Brown Swiss Kühe produziert Früh jährlich rund 60 bis 70 Mastkälber. Das Ziel ist es, möglichst marktgerecht zu produzieren. Das heisst, er produziert den Grossteil der Milch im Sommer mit günstigem Gras und liefert die meisten Mastkälber im Spätsommer und gegen die Weihnachtsfesttage. Alle Kälber unterschiedlichen Alters sind in einer Gruppe und werden an einem Tränkeautomaten mit Halsbanderkennung getränkt. Früh hat wohl einen der kürzesten Milchlieferwege, denn der Tränkeautomat steht etwa einen Meter von der Milchpumpe der Rohrmelkanlage entfernt.
Die Frage, ob er mit der Kälbermast aufhören und Mutterkühe halten soll, hat sich Früh schon gestellt. Aus Sicht der Bewirtschaftung seiner Mäh-Weiden und aufgrund der topografischen Gegebenheiten ist er jedoch überzeugt, dass Milchkühe zusammen mit der Kälbermast für ihn die beste Art der Bewirtschaftung darstellen. Zudem macht ihm die Arbeit mit den Kälbern sichtlich Freude. «Wenn man einem gesunden Kalb zuschauen kann wie es wächst und zunimmt, mache das schon Spass», meint Früh. Die Kälberbeschaffung organisiert er teils selber, teils über einen Händler. Kauft er Tränker von Kollegen oder Nachbarn, nimmt er nicht nur die guten Tränker, sondern alle. Dementsprechend ist auch die Qualität unterschiedlich. Früh stallt, wenn immer möglich, Mastrassenkälber ein. Er ist überzeugt, dass diese robuster und weniger krankheitsanfällig sind und in der Summe besser rentieren.
Dank verbessertem Kälbermanagement sind heute keine Gruppenbehandlungen mehr nötig, was mitunter dazu führte, dass der Antibiotikaverbrauch in den letzten Jahren mehr als halbiert wurde. Ein gutes Auge für Kälber und eine frühe Krankheitserkennung sind in der Kälbermast nach wie vor essenziell für den Erfolg.
Kälbermast im Winter
Betrieb Styger, Steinerberg (SZ)
Die bäuerliche Kälbermast passt zum Betrieb der Familie Styger, oder besser gesagt, der Betrieb passt optimal zur bäuerlichen Kälbermast. Roli Styger ist Kälbermäster in zweiter Generation. Er mästet pro Jahr rund 60 Kälber und hält zwölf Milchkühe der Rasse Braunvieh, deren Milch komplett den Mastkälbern vertränkt wird. Im Sommer gehen die Kühe «z’Alp» und er geht einem Nebenerwerb nach, weshalb in den Sommermonaten keine Kälber gemästet werden.
Roli Styger«Ich kaufe die Kälber nur von Betrieben, die ich wirklich kenne.»
Gesunde Kälber sind für Styger zentral und ein Schlüsselfaktor für die erfolgreiche Kälbermast. Darum unternimmt er alles, damit die Kälber gesund bleiben. So kauft er alle Kälber direkt von den umliegenden Betrieben. «Dort kenne ich die Haltungsbedingungen und weiss, worauf ich bei den jeweiligen Kälbern speziell Acht geben muss», so Styger. Gekauft werden vorzugsweise Mastrassentränker, auch wenn diese im Ankauf teurer sind. Diese kommen zuerst für zwei Wochen in ein Iglu in Quarantäne, wo sie geimpft werden und die Eisen- und Selenversorgung mittels Paste sichergestellt wird.
Danach erfolgt die Eingliederung in die Gruppe am Tränkeautomaten. Mit diesem System schafft es Styger, auf Gruppenbehandlungen fast vollständig zu verzichten. Dem Stroh mischt er Kalk bei, um den Ammoniak zu binden und eine optimale Luftqualität zu erhalten. Und es stimmt: Kniet man in der Kälberbucht bei Styger auf die 50 cm hohe Mistmatratze, so riecht man kein Ammoniak. Für ihn überwiegen die Vorteile dieser Art der Kälbermast. Er kann seine Futtergrundlage, das Gras, bestmöglich mit den Milchkühen veredeln und behält die Wertschöpfung der Milch auf dem Betrieb. Zudem sind seine Arbeitszeiten flexibler, da er mit der Milch nicht an Liefertermine gebunden ist und sich den Weg zu einer Sammelstelle sparen kann.
Da jedes seiner Mastkälber rund 1200 l Vollmilch erhält, kann Styger Labelkälber für IP-Suisse produzieren. Dies wäre bei einer reinen Wasser-Pulver-Mast nicht möglich. So kann er einen höheren Milchpreis erzielen, als wenn er Silomilch abliefern würde. Er mahnt aber, dass die Kälbermast zeitintensiv ist und ein gewisser Durchhaltewille und Optimismus vorhanden sein muss. Der Tränkeautomat mit Tiererkennung ermöglicht es Styger, die zwei Kälbergruppen punktgenau zu tränken. Hinzu kommt, dass er den schnellen und einwandfreien Service als sehr wertvoll empfindet. Styger ist überzeugt, dass seine Kälber durch das Vertränken der eigenen Vollmilch gesünder sind und bessere Mastleistungen erbringen.