In der Kälberaufzucht sind Durchfallerkrankungen sehr häufig und gefürchtet. Die Betreuung der kranken Tiere erfordert viel Zeit und trotzdem kommen nicht selten Tiere zum Festliegen und verenden. In der Regel ist Durchfall die Folge einer Infektion der Kälber mit Erregern. Dies können Bakterien (pathogene E. coli),Viren (meist Rota- und Corona-Viren) oder Einzeller (Protozoen) sein. Gerade Kryptosporidien führen in den ersten beiden Lebenswochen besonders häufig zu Problemen. Bei Kälbern im Alter von mehr als vier Wochen können auch Kokzidien (Eimeria bovis, Eimeria zuernii) und Giardien (Protozoen) Durchfall verursachen.
Erhöhter Infektionsdruck
Erkranken auf einem Betrieb mehr als 20 Prozent der Kälber an Durchfall, so liegt das an systematischen Mängeln bei der Haltung, Fütterung oder Hygiene: klinische Erkrankungen treten nämlich insbesondere auf, wenn der Infektionsdruck, bedingt durch schlechte hygienische Bedingungen, sehr hoch ist oder die Abwehrbereitschaft des Organismus herabgesetzt ist (ungenügende Kolostrumversorgung, schlechte Haltungsbedingungen, zu geringe Menge an Vollmilch). Bei Bestandesproblemen ist ein Erregernachweis aus dem Durchfallkot sinnvoll, um wirksame vorbeugende Massnahmen ergreifen zu können. Zum Nachweis der Erreger sind inzwischen Schnelltests («Dipstick») verfügbar, die der Bestandestierarzt veranlassen kann. Daraus ergibt sich das weitere Vorgehen: eine Impfung der Muttertiere während der letzten Wochen der Trächtigkeit kann insbesondere bei bakteriell bedingten Durchfällen der Kälber helfen.
Sind dagegen Kryptosporidien das zentrale Problem, ist es praktisch wirkungslos, das Muttertier zu impfen. Bei diesen Erregern ist hingegen das Reinigen der Kälberiglus mit einem Hochdruckreiniger mit vollständigem Abtrocknen und Leerstehen über drei Tage höchst effektiv, um den Erregerdruck zu minimieren.
Wie vorbeugen?
Wasserbecken, Festfuttereinrichtungen und Tränkeutensilien (Nuggi, Schläuche, Eimer, Mixbecher beim Automat, Wasser- und Milchkreisläufe vom Automat etc.) müssen immer sauber gehalten werden. Zudem sollten die gesunden vor den kranken Kälbern gefüttert und betreut werden. Es empfiehlt sich auch, für die kranken Kälber separate Nuggi zu verwenden, damit das Übertragen der Krankheit verringert wird. Gemäss einer Studie aus der Schweiz hatten Kälber mit einer tiefen Immunglobulinkonzentration im Blut mehrheitlich eine Durchfallerkrankung. Zudem gibt es Hinweise, dass bei einer ausreichenden Kolostralmilchversorgung weniger Kryptosporidienoozysten ausgeschieden werden. Der Zusammenhang zwischen Kolostralmilch und Kryptosporidienschutz ist jedoch noch nicht gesichert. Es ist aber klar, dass eine ausreichende Kolostralmilchversorgung wichtig ist für ein gesundes Kalb. Mangelerscheinungen bei der Energie-, Protein-, Mineral-stoff-, Spurenelement- (z.B Eisen, Selen) oder Vitaminversorgung sollten vermieden werden, da dies zu verminderter Krankheitsabwehr führt.
Kranke Tiere therapieren
Durchfallkranke Kälber verlieren über den Darm täglich bis zu acht Liter Flüssigkeit und in grossem Umfang Salze (Elektrolyte). Um diese Verluste zu ersetzen, sollten möglichst komplexe Diättränken eingesetzt werden, die sich verglichen mit Elektrolyttränken als wirkungsvoller erwiesen haben. Jeweils zwei Liter Diättränke sollten zweimal täglich im Wechsel mit der Milch angeboten werden. Als kausale Therapie bei Infektionen mit Cryptosporidium parvumführt das Verabreichen von Halofuginon einmal täglich mit der Tränke über sieben Tage zu einer Reduktion der Erregerausscheidung und des Durchfalls. Das Mittel darf nie überdosiert werden, um schwerwiegende Nebenwirkungen zu vermeiden. Werden die Kälber trotzdem schwach und wollen nicht mehr trinken, so ist die tierärztliche Behandlung mit einer Infusion unumgänglich, um die Tiere wieder zu stabilisieren.
Phytogene Futtermittelzusatzstoffe
Phytogene Futtermittelzusatzstoffe sind pflanzlicher Herkunft und können je nach Substanzgruppe eine antibakterielle, antimikrobielle, antioxidative, verdauungsfördernde, appetitanregende und schleimlösende Wirkung haben. Neben der Förderung der Widerstandskraft des Kalbes werden unter anderem Kräuterkombinationen eingesetzt, um die Darmflora zu stärken. Dies kann das Ausbreiten von Durchfallerregern wie Kryptosporidien oder Kokzidien verringern sowie einen positiven Effekt auf die Futterverwertung und die Zunahmen haben. Phytogene Futtermittelzusatzstoffe haben die beste Wirkung, wenn sie frühzeitig und über einen längeren Zeitraum verabreichet werden.
Vorbeugen ist stets die beste Medizin, denn schwere Durchfallerkrankungen, vor allem während der ersten Lebenswochen, können langfristige Konsequenzen haben.
Eine Beratung durch den Schweizer Kälbergesundheitsdienst vor Ort auf dem Betrieb kann helfen, Schwach stellen zu entdecken und zu minimieren. |