Für Klauentiere, die vorübergehend oder dauerhaft den Herkunftsbetrieb verlassen, muss ein Begleitdokument ausgefüllt werden. Tierhaltende, Transporteure, Schlachtbetriebe sowie die Veterinärämter sind sich einig, dass die vorgeschriebenen Begleitdokumente eine grosse administrative Belastung darstellen. Ab November 2020 stehen die Begleitdokumente für Schweinetransporte auch elektronisch zur Verfügung. Möglich gemacht wird dies mit dem von der Identitas AG entwickelten Informationssystem «eTransit». Dies erlaubt durchgängig elektronische Prozesse über die gesamte Transportkette und erleichtert die Archivierungspflicht.
eTransit farmer
Ein elektronisches Begleitdokument können Schweinehalter mit der neuen Applikation «eTransit farmer» oder via Tierverkehrsdatenbank (TVD) erstellen. Nach dem Login mit dem Agate-Account kommuniziert die App mit der TVD, um die Stammdaten des Herkunftsbetriebs (Name, Adresse, usw.) abzufragen. Ein eBegleitdokument lässt sich in vier Schritten erstellen. Genau wie bei der Papierversion müssen in einem ersten Schritt das Transportdatum, die Tiergattung sowie der Bestimmungszweck angegeben werden. Danach wird der Bestimmungsort eingetragen. Weiter werden die Anzahl Schweine sowie das Label erfasst. Zum Schluss muss der Landwirt bestätigen, dass der Herkunftsbetrieb seuchenfrei ist, die aufgeführten Tiere weder krank, verletzt, noch verunfallt sind und keiner Medikamentenabsetzfrist unterliegen. Falls dies nicht zutrifft, muss das eBegleitdokument auf der TVD erstellt und mit den entsprechenden Zusatzinformationen versehen werden. Mit dem Button «Senden» wird das eBegleitdokument abgeschlossen und für den Transport freigegeben. Die Doku-ment-ID des eBegleitdokuments kann nun mittels QR-Code an den nächsten Akteur in der Transportkette weitergegeben werden. Falls das Übertragen via QR-Code nicht möglich ist, kann die Dokument-ID als Text per WhatsApp, SMS oder E-Mail übermittelt werden.
eTransit trucker
Die Tiertransportchauffeure arbeiten mit der Applikation «eTransit trucker». Indem der Chauffeur den QR-Code auf dem Smartphone des Landwirts abscannt, werden die entsprechenden eBegleitdokument-Daten via eTransit-Server bezogen. In sieben kurzen Schritten übernimmt der Chauffeur das eBegleitdokument. Dieser Vorgang wird als «Tiere laden» bezeichnet. Als erstes müssen die Chauffeure angeben, ob die Tierschutzverordnung eingehalten wird (TSchV Art. 152 a). Im nächsten Schritt folgen die Beladungsdaten. Anhand der optionalen GPS-Lokalisierung wird der Standort automatisch erfasst. Weiter gilt es, das Datum zu kontrollieren und die Uhrzeit festzuhalten. Im vierten Schritt gibt der Chauffeur die Fahrzeugnummer, die Transportfirma sowie bei Bedarf die Vermarkterfirma an. Anschliessend muss die Anzahl Tiere bestätigt oder gegebenenfalls angepasst werden. Zum Schluss quittiert der Chauffeur das Laden der Tiere und das eBegleitdokument wird um die vom Chauffeur erfassten Daten ergänzt. Am Zierlort angekommen, erfasst der Chauffeur die Abladedaten. Dazu gehören die Abladezeit, der Abladeort, die Transportdauer sowie die Anzahl abgeladener Tiere. Nun ist das eBegleitdokument bereit für die Entgegennahme. Dazu verwendet der Zielort «eTransit farmer». Die Weitergabe der Dokument-ID erfolgt im Normalfall mittels QR-Code.
Zu Papier transferieren
Wird ein Begleitdokument in Papierform erstellt oder zu Papier transferiert, kann es im Anschluss nicht mehr in eTransit weitergeführt werden. Ganz nach dem Grundsatz «Einmal Papier, immer Papier», wie Thomas de Buman, eTransit-Projektleiter bei der Identitas erklärt. Ein Papiertransfer ist beispielsweise notwendig, wenn bei der Übergabe zum nächsten Akteur in der Transportkette keine Internetverbindung für den Datenabgleich mit dem Server vorhanden ist oder die übernehmende Partei eTransit (noch) nicht einsetzt. In diesem Fall wird eine sechsstellige Papiertransfer-Nummer erstellt, welche ins Unterschriftsfeld des Tierhalters auf dem Begleitdokument eingetragen werden muss. Gemeinsam mit dem Transportdatum dient diese Papiertransfer-Nummer als Referenz, um das ursprüngliche elektronische Begleitdokument via eTransit Web aufrufen zu können.
Archivierungspflicht
Ein grosser Vorteil des neuen Informationssystems ist der reduzierte administrative Aufwand bei allen Beteiligten. Durch die Vernetzung mit der TVD sind bei der Erstellung bereits viele Daten vorerfasst. Zudem sorgt eTransit für ein automatisches und sicheres Archivieren aller ausgestellten elektronischen Begleitdokumente. Aufgrund der Dokumentationspflicht gegenüber dem Bund scannt die Anicom heute alle Begleitdokumente ein und bewahrt diese drei Jahre elektronisch auf. Mit dem Umstieg auf eBegleitdokumente entfällt dieser Schritt.
Papierlos ist nicht Pflicht
Die Tierhalter sind keineswegs dazu verpflichtet, den papierlosen Weg zu gehen. Der Einsatz von eBegleitdokumenten ist nicht vorgeschrieben: «Das Dokument kann in Papierform oder in elektronischer Form ausgestellt und aufbewahrt werden», hält Artikel 12 der Tierseuchenverordnung fest. Damit wirklich alle von den Vorteilen von eTransit profitieren können, sind sämtliche Akteure der Transportkette gefordert. De Buman ist überzeugt, dass das Bedürfnis nach einer digitalen Lösung da ist, weil eTransit die Prozesse für alle beteiligten Akteure vereinfacht.
App im Alltag getestet
Seit März 2020 wurde die Pilotversion von Tierhaltern, Transporteuren sowie Schlachtbetrieben getestet. Mit dabei war auch die Anicom AG, deren Chauffeure die Funktionalität von «eTransit trucker» auf Herz und Nieren prüften. Seitens der Chauffeure sind die Rückmeldungen positiv. Die Chauffeure kommen mit der digitalen Lösung bestens klar: «eTransit trucker ist sehr anwenderund benutzerfreundlich», lobt der Anicom-Chauffeur Martin Wingeier, der vor allem die einfache Handhabung schätzt.
Im Moment nur für Schweine
Das Ausfüllen von eBegleitdokumenten ist vorerst nur bei Schweinen möglich. In einer späteren Phase soll es auch für andere Klauentiergattungen eingeführt werden.