Das Potenzial, welches die Galtphase hat, um Stoffwechselerkrankungen vorzubeugen, ist gross. Auch darum wird das Thema in anderen Milchvieh-Nationen intensiv bearbeitet. Unabhängig von Betriebsstruktur oder Aufstallungssystem können alle Milchviehhaltenden geeignete Massnahmen für ein optimales Galtphasenmanagement umsetzen. Das Ziel ist immer, dass die Kuh ein gesundes und vitales Kalb zur Welt bringt und keine Stoffwechselstörungen wie Milchfieber oder Ketose auftreten.
Quer gelesen
- Den meisten Stoffwechselstörungen kann mit einem optimierten Galtphasenmanagement vorgebeugt werden.
- Die höchste Priorität in der Galtphase hat der hohe TS-Verzehr.
- Für die Milchfieberprophylaxe kann entweder die Strategie der Kationen-Anionen-Bilanz oder des Kalziumtrainings umgesetzt werden.
Vorarbeit leisten
Bereits der Start in die Galtphase birgt einige Herausforderungen, denen man sich bewusst sein muss. Die erfolgreiche Galtphase beginnt im letzten Laktationsdrittel. Ende der Laktation sollte die Körperkondition der Kühe im Auge behalten werden. Neuste Studien aus Deutschland zeigen, dass der optimale BCS in der Galtphase zwischen 3,0 und 3,5 liegt. Verfettete Kühe haben ein höheres Risiko für Ketose und schlechtere Fruchtbarkeit. Und hier beginnt ein erster Teufelskreis. Kühe, die aufgrund von Verfettung später tragend werden, haben wiederum ein erhöhtes Risiko für eine Verfettung gegen Ende der Laktation. Kühe mit einem tiefen BCS beim Galtstellen haben ein geringeres Risiko für Ketose, weil weniger Körperfett abgebaut werden kann. Jedoch sollte kein zu tiefer BCS angestrebt werden, weil auch diese Kühe eine schlechtere Fruchtbarkeit aufweisen und in der Folgelaktation deutlich weniger Milch geben.
Zur Vorbereitung auf die Galtphase gehört auch die Klauenpflege. In der Galtphase darf es keine lahmen Kühe geben. Nach wie vor treten die meisten Klauenerkrankungen in den ersten 120 Lak ta tions tagen auf. Bei der Klauenpflege kann vor allem die Hornsohle entlastet werden, was die Gefahr von Sohlengeschwüren verringert. Auch die Körperkondition hat einen Einfluss auf Lahmheiten. Kühe mit einem tiefen BCS (unter 2) haben nicht genügend Ballenfettpolster und sind anfälliger für Sohlengeschwüre oder Weisse-Linie-Krankheit. Eine Lahmheit in der Startphase verringert die Laktationsleistung im Schnitt um 900 kg Milch. Es gibt Galtphasenmineralstoffe, die gezielt auf die Klauengesundheit wirken und die wichtigen Spurenelemente wie Zink, Mangan und Kupfer in organisch gebundener Form liefern. Dies gewährleistet eine sichere Aufnahme im Darm, ohne Wechselwirkungen im Pansen.
Fressen, fressen, fressen
Die absolut höchste Priorität während der Galtphase hat der TS-Verzehr. Viele Auswertungen und Studien zeigen, dass Galtkühe mit einem hohen TS-Verzehr weniger anfällig für Stoffwechselstörungen sind und zudem eine höhere Milchleistung erzielen. Um den Verzehr hoch zu halten, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Das vorgelegte Futter sollte immer schmackhaft sein. Krippenreste oder altes Heu erfüllen diese Anforderung nicht immer. Weiter kann der Verzehr hoch gehalten werden, wenn beim Galtstellen kein kompletter Futterwechsel gemacht wird. Deshalb kann sich das Verdünnen der Mischration mit Stroh lohnen. Wer zu wenig Galtkühe hat, um eine separate Ration herzustellen, kann eine Mischration mit qualitativ hochwertigem und kurz geschnittenem Häckselstroh verdünnen. Das kann auch von Hand mit einer Gabel gemacht werden, sowohl im Lauf- als auch im Anbindestall. Auch Galtphasenergänzungsfutter mit Lebendhefen helfen, den Verzehr hoch zu halten. Zudem sind diese geeignet, um die geforderte Nährstoffdichte einer Galtphasenration zu erreichen.
Galt in zwei Phasen
Für eine optimale Versorgung der Galtkuh sollte die Galtphase getrennt nach zwei Phasen betrachtet werden. Die erste Phase ist die Far-off-Phase, die ab dem Galt stellen bis drei Wochen vor dem Abkalben dauert. Die zweite Phase ist die Close-up Phase, welche die drei Wochen vor dem Abkalben umfasst. In den jeweiligen Phasen ist der Nährstoffbedarf unterschiedlich und liegt deutlich höher, als dass ein Ökoheu diesen zu decken vermag. Unabhängig vom Fütterungssystem muss die Fütterung den geforderten Bedarf decken (siehe Tabelle).
Die wichtigen Mineralstoffe
Mit der richtigen Mineralstoffversorgung kann einer Hypokalzämie (Milchfieber) effektiv vorgebeugt werden. Diese Stoffwechselstörung ist eine sogenannte Türöffnerkrankheit, welche die Gefahr von Folgekrankheiten wie Ketose, Labmagenverlagerung und Gebärmutterentzündung deutlich erhöht. Zu den wichtigsten Mineralstoffen in der Galtphase gehören Kalzium, Magnesium und Kalium.
Mit dem Einsetzen der Milchproduktion steigt der Kalziumbedarf um fast das Dreifache. Kann die Kuh nicht genügend Kalzium mobilisieren, tritt Milchfieber auf und die Kuh hat Festliegen. Hier spricht man von einer klinischen Hypokalzämie, welche etwa 15 Prozent der Kühe ab der vierten Laktation betrifft. Viel verbreiteter ist hingegen die subklinische (nicht sichtbare) Hypokalzämie. Diese Kühe liegen nicht fest, sind aber trotzdem nicht ganz fit. Sie fressen, aber nicht so viel wie gewünscht, Nachgeburtsverhalten tritt auf, eine Ketose entsteht. Die subklinische Hypokalzämie betrifft ab der dritten Laktation 40 Prozent und ab der vierten Laktation 50 Prozent der Kühe.
Das Magnesium ist ebenfalls ein wichtiger Mineralstoff bei der Milchfieberprophylaxe. Es ist unabdingbar für die Synthese von Parathormon und Vitamin D3. Ein Magnesiummangel führt zu geringerer Kalziummobilisierung aus den Knochen sowie zu einer verringerten Kalziumabsorption.
Ein besonders in der Schweiz entscheidender Mineralstoff ist das Kalium, welches oft im Überschuss im Raufutter vorkommt. Bei einem Überschuss steigt die Kationen-Anionen-Bilanz (DCAB), weil Kalium basisch wirkt.
DCAB- oder Kalziumtraining
Mit einer tiefen DCAB in der Close-up-Phase von unter 150 mEq / kg TS wird die Kuh in eine saure Stoffwechsellage gebracht, welche die Kalziummobilisation aus den Knochen anregt. Falls eine Senkung der DCAB unter 150 mEq / kg TS nicht möglich sein sollte, wird eine kalziumarme Fütterung, ein sogenanntes Kalziumtraining, während der gesamten Galtzeit empfohlen (weniger als 40 g Ca pro Tier und Tag). In beiden Fällen sind Raufutteranalysen entscheidend, um die richtige Strategie zu wählen. Wer beispielsweise Raufutter mit hohen Kalziumgehalten verfüttert, muss die Milchfieberprävention mittels DCAB-Senkung umsetzen. Die Systeme DCAB- und Kalziumtraining dürfen auf keinen Fall vermischt werden. Es gilt: entweder – oder.
In der Praxis kann die DCAB auf zwei Arten ermittelt werden. Einerseits mittels Raufutteranalysen, welche sehr genau sind und der Planung dienen. Andererseits kann der Harn-pH der Galtkühe gemessen werden. Galtkühe sollten zwei Wochen vor dem Abkalben einen Harn-pH von unter 7,0 aufweisen. Ist der Harn-pH grösser als 7,0, ist die Milchfiebergefahr erhöht. Bei der DCAB gibt es innerhalb der Grassilagen oder Dürrfutter grosse Spannweiten, welche hauptsächlich durch den Kaliumgehalt beeinflusst werden. Wenn die DCAB sinken soll, muss als erste Massnahme der Kaliumgehalt der Ration gesenkt werden. Wichtig zu beachten ist: Mit sinkender DCAB steigt der Bedarf an Kalzium, weil mehr Kalzium entzogen und absorbiert wird. So liegt der Kalziumbedarf bei einer DCAB von 150 mEq / kg TS bei rund 5 g / kg TS.