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Nutztiere

Damit die Kuh nicht «Nein» sagt

Fruchtbarkeitsprobleme lassen sich meist auf ein und dieselbe Ursache zurückführen: Eine negative Energiebilanz zu Laktationsbeginn. Sie zu vermeiden und im Fall der Fälle schnell einzugreifen, ist für eine gute Fruchtbarkeit entscheidend.

Die Wasserversorgung kann auch einen Einfluss auf die Fruchtbarkeit haben, denn ein Mangel senkt den Futterverzehr. Genügend Tränkeplätze mit sauberem,...

Die Wasserversorgung kann auch einen Einfluss auf die Fruchtbarkeit haben, denn ein Mangel senkt den Futterverzehr. Genügend Tränkeplätze mit sauberem, frischem Wasser sind essenziell.

(Swissgenetics, die-fruchtbare-kuh.ch)

Publiziert am

Swissgenetics

Bei einer negativen Energiebilanz verhindert ein hormoneller Schutzmechanismus, dass die Kuh im Energieloch bald wieder tragend wird. Einem weiteren Energieaufwand des Organismus durch die erneute Trächtigkeit wird so entgegengewirkt, denn die Kuh soll vorerst nicht trächtig werden. Das Sexualzentrum im Hypothalamus bremst deshalb zunächst das Wiederanlaufen des Zyklus. Auch die Synthese verschiedener Hormone ist bei Kühen mit einem Energiedefizit reduziert. So kommt es zu stiller Brunst, Zysten oder anderen «Fruchtbarkeitsstörungen» (siehe Kasten).Wenn die Kuh vor oder nach dem Abkalben zu schlecht frisst, büsst sie an Körperkondition ein und eine Ketose kann entstehen. Dies ist nebst dem hormonellen Schutzmechanismus eine weitere Ursache für Fruchtbarkeitsprobleme. Denn durch das massive Mobilisieren von Energiedepots entstehen die sogenannten Ketonkörper. Diese Giftstoffe stören viele Funktionen der Geschlechtsorgane. Sie hemmen die Eierstöcke, reizen die Gebärmutter und vergiften die Embryonen.

Risiko und Anzeichen schlechter Fruchtbarkeit

Risiko

Warnsignale

Schlechte Futteraufnahme

  • Verfettete Galtkuh
  • Eine Mutter von Zwillingen, die vor dem Kalben nicht genug fressen kann
  • Zögerliches Fressverhalten vor und nach dem Kalben

Gestörte Nachgeburtsphase

  • Kuh trinkt nach Kalben kein Wasser
  • Nachgeburtsverhalten
  • Milchfieber
  • Lahmheit
  • Gebärmutterentzündung
  • Euterentzündung

Verlust von Körperkondition

> 1 BCS-Punkt abgebaut

Energiemangel

  • Milcheiweiss < 3,2 %
  • Fett-Eiweiss-Verhältnis zu Laktationsbeginn > 1,5
  • Ketose-Test +

Pilzgifte

  • Hohe Mykotoxingehalte
  • Hefebefall in der Silage

Ungünstige Stallverhältnisse

  • Hitze
  • Hohe Luftfeuchtigkeit, schlechter Luftaustausch
  • Wassermangel

Frühzeitig vorsorgen

Da insbesondere fette Kühe ihre Reserven abbauen, sind sie Risikotiere für Ketose und nachfolgende Fruchtbarkeitsprobleme. Die Körperkondition am Laktationsende entscheidet also, ob die Kuh zukünftig fruchtbar ist oder nicht. Während des Trockenstehens dürfen die Kühe allerdings keine Körpermasse verlieren, da sie sonst schon mit belastetem Stoffwechsel abkalben. Bereits verfettete Galtkühe darf man nicht abspecken. Sie müssen unbedingt am Fressen gehalten werden, damit sie mit einem funktionierenden Pansen abkalben. Wichtig ist daher zwar ein energieärmeres, aber qualitativ einwandfreies und schmackhaftes Futter.

Vorbereitung vor der Geburt

Eine gute Vorbereitung auf das Abkalben beginnt mindestens 14 Tage davor, indem das Grundfutter wieder auf das der laktierenden Kühe umgestellt wird. Rinder sollten mindestens drei Wochen vor dem Abkalben in die Herde integriert werden, damit sie ausreichend Zeit für das Eingewöhnen haben. Speziell fette Kühe müssen jetzt sorgfältig angefüttert werden, um ihre Fresslust zu erhalten. Vor dem Abkalben sinkt der Futterverzehr in der Regel sowieso. Stress, beispielsweise durch kurzfristiges Umstallen in einen Abkalbestall, drückt diesen zusätzlich.

Nach der Geburt maximiert ein einfacher Trick die Futteraufnahme, indem mehrere Kessel lauwarmes Wasser angeboten werden. So kann die Kuh den Flüssigkeitsverlust durch die Geburt schnell ausgleichen. Nimmt sie jetzt kein Wasser an, ist sie wahrscheinlich bereits krank.

Fruchtbarkeitsstörungen

Ein hormoneller Regelmechanismus schützt Kühe mit negativer Energiebilanz davor, trächtig zu werden. Er verhindert die zusätzliche energetische Belastung des Organismus durch eine Trächtigkeit. Diese Schutzfunktion «Fruchtbarkeitsstörungen» wird erkannt durch:

  • Ein schlechtes / spätes Anlaufen des Zyklus 
  • Das Einstellen des Brunstgeschehens nach einer frühen ersten Brunst 
  • Stille Brunst 
  • Zysten 
  • Permanentes Umrindern

Futterqualität für Fruchtbarkeit

Damit frischmelkende Kühe so viel fressen wie möglich, hat eine einwandfreie Futterqualität oberste Priorität. Schon bei der Futtergewinnung sollte man daran denken: Verschmutzungen bremsen die Futteraufnahme. Fehlgärungen oder Schimmel senken aber nicht nur den Verzehr, sondern beeinträchtigen die Gesundheit und die Fruchtbarkeit direkt. Sie vergiften die Eizellen, schädigen die Gebärmutter und töten die Embryonen. Je öfter und frischer das Futter vorgelegt wird, umso mehr fressen die Kühe. Das Untermischen von leckeren Futtermitteln wie zum Beispiel Rüben unter weniger schmackhafte wie Grassilage ist ein Kniff, wie man Kühe zu einer höheren Futteraufnahme überlistet.

Luftverhältnisse und Wasser

Schlechte Verhältnisse im Stall und eine mangelhafte Wasserversorgung sind zwei weitere Faktoren, die den Futterverzehr der Startphasenkühe senken und in Fruchtbarkeitsproblemen enden können. Dunkelheit, hohe Luftfeuchtigkeit, ein zu geringer Luftaustausch und Wärme reduzieren den Appetit. Auch durstige Tiere fressen schlecht. Es ist wichtig, dass alle Tiere, insbesondere auch rangniedere, ihren Durst löschen können. Dass dies gewährleistet ist, braucht es mindestens zehn Zentimeter Tränketrog-Länge pro Laufstallkuh, welche auf möglichst viele, saubere und schnellnachlaufende Tränkestellen aufgeteilt sind. Im Anbindestall müssen die Tränkebecken zehn Liter pro Minute schöpfen – auch dann, wenn mehrere Kühe gleichzeitig trinken. Dieser Durchfluss wird oft nicht erreicht oder eine starke Kuh hindert ihre Nachbarin ständig am Trinken. Auf gewissen Betrieben braucht es daher bauliche Veränderungen, um die Fruchtbarkeit zu verbessern.

Tests auf Ketonkörper

Eine Kuh mit Ketose atmet die Ketonkörper ab und scheidet sie über den Urin oder die Milch aus. Daher lassen sie sich in der Atemluft, in den Körpersekreten oder direkt im Blut nachweisen.

Jeder Betrieb sollte die für sich passende Testvariante nach Durchführbarkeit, Preis und Eindeutigkeit aussuchen. Nur ein Test, der gut von der Hand geht, wird auch regelmässig gemacht.

Azetongeruch: Manche Menschen schmecken den Geruch von Azeton in der Atemluft der Kuh. Wenn jemand diesen stechenden Geruch riecht, muss der Verdacht objektiv abgeklärt werden.
Harnstreifen: Es gibt Teststreifen, um Ketonkörper im Urin nachzuweisen. Knackpunkt ist allerdings die Harngewinnung.
Bluttest: Es gibt Geräte, die mit speziellen Teststreifen Ketonkörper im Blut nachweisen.
Milchtests: Alle als Milchtests verfügbaren Schnell-Tests weisen den Ketonkörper Beta-Hydroxy-Buttersäure (BHB) nach. Sie reagieren auch, wenn die Kuh buttersäurehaltige Silage fressen musste.

Weiter gibt es: 

  • Tools fürs Automatische Melksystem. Verschiedene Hersteller bieten automatisierte Analyseeinheiten an. 
  • Suisselab untersucht Einzeltiere im Rahmen der Milchkontrolle. Da Ketonkörper flüchtige Stoffe sind, dürfen die Proben nicht zu lange herumstehen, sonst können sie falsch-negativ sein.
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Mit dem Messgerät wird die BHB-Konzentration im Blut bestimmt.

(Bild: Swissgenetics, die-fruchtbare-kuh.ch)

Früherkennung

Alle Tiere in den ersten 100 Laktationstagen müssen gut überwacht werden, um einer Ketose und nachfolgenden Fruchtbarkeitsstörungen rechtzeitig mit stoffwechselstabilisierenden Substanzen entgegenzusteuern.

Das Fressverhalten und die Milchinhaltsstoffe (siehe Tabelle) der Einzeltiere signalisieren schnell Handlungsbedarf. Ein Ketose-Test (siehe Kasten) zur Durchführung im eigenen Stall gehört unbedingt zur Überwachung der Risikotiere dazu.

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