Das Infektionsrisiko ist direkt nach dem Trockenstellen und direkt vor der Abkalbung fünf bis sieben Mal höher als während der Laktation. So haben beispielsweise mehr als 50 Prozent aller Coli-Mastitiden in den ersten 100 Tagen nach der Abkalbung ihren Ursprung in der Trockenstehzeit. Beim Trockenstellen ist es wichtig, dass die Milchsekretion möglichst rasch stoppt und dass ein schneller Verschluss des Zitzenkanals stattfindet. Bis sich der natürliche Keratinpfropf im Zitzenkanal ausgebildet hat, dauert es im Schnitt zwei Wochen.
Forschungsresultate haben gezeigt, dass Neuinfektionen während der Galtzeit praktisch ausschliesslich in Vierteln vorkommen, wo sich der natürliche Keratinpfropf nicht ausgebildet hat. Das sogenannte «Übermalen» führt dazu, dass bei jedem Melken durch die erneute Ausschüttung von Oxytocin die Milchproduktion wieder angeregt wird. Die Bildung des Zitzenverschlusses wird zusätzlich gestört.
Selektives Trockenstellen
Das sogenannte selektive Trockenstellen wird auch in der Schweiz immer öfter routinemässig angewendet. Antibiotische Trockensteller sollen hier grundsätzlich nur bei Tieren mit einer subklinischen Euterinfektion nach Beurteilung durch den Tierarzt zur Anwendung kommen. Einerseits muss stets die Eutergesundheit auf Herdenebene und andererseits die Eutergesundheit der einzelnen Kuh berücksichtigt werden. Wenn nach der anfänglichen Auswertung durch den Bestandestierarzt ein Herdenproblem mit Mastitis ausgeschlossen werden kann, können die Tiere selektiv antibiotisch trockengestellt werden. Als Grenzwert für ein gesundes Euter wird aktuell oft die Zellzahl von 15 000 Zellen/ml Milch verwendet. Auch andere Parameter werden zur Beurteilung der Eutergesundheit und damit zum Entscheid für oder gegen einen antibiotischen Trockensteller herangezogen: Der Verlauf der Zellzahlen in den letzten Wägungen, der Schalmtest (nicht mehr als ein Kreuz positiv), die Symmetrie des Euters (kein Viertel vergrössert verglichen mit den anderen) oder das Auftreten von Mastitiden während der Laktation.
Da ein beachtlicher Teil der Kühe während der ganzen Galtzeit keinen natürlichen Keratinpfropf ausbildet und somit ungeschützt ist, werden beim Galtstellen alle Zitzen intern versiegelt, um Neuinfektionen vorzubeugen.
Hygiene beim Trockenstellen
Bei Arbeiten rund ums Euter sollen immer Handschuhe getragen werden. Untersuchungen haben gezeigt, dass dort massiv weniger Bakterien vorkommen als auf der Hautoberfläche der Hände. Die Zitzendesinfektion vor jedem Applizieren eines Injektors sowohl bei antibiotischen Trockenstellern als auch bei Versieglern ist entscheidend, zumal ein Versiegler eine rein mechanische Barriere darstellt und keine antimikrobielle Wirkung aufweist. Gemäss der Checkliste des National Mastitis Councils (NMC), sind beim Trockenstellen zusammengefasst folgende Punkte zu beachten:
- Energiegehalt im Futter in der Spätlaktation reduzieren
- Abruptes Trockenstellen und antibiotische Behandlung, falls nötig mit einem langwirksamen Trockensteller direkt nach dem letzten Melken
- Vorher Zitzen desinfizieren
- Alle Zitzen intern versiegeln
- Injektor möglichst wenig in den Zitzenkanal einführen
- Anschliessend sofort Zitzen dippen mit einem zugelassenen Präparat
- Adäquates Füttern der Galttiere
- Saubere, trockene Umgebung mit einem guten Klima, um den Infektionsdruck zu minimieren
- Impfungen diskutieren bei Herden mit Bestandesproblem Mastitis
- Euter scheren