Martin Iseli melkt seine Milchkühe auf dem Pachtbetrieb in Münsterlingen seit eineinhalb Jahren mit einem automatischen Melksystem. Der Hauptgrund für die Umstellung vom Melkstand auf den Roboter war die zusätzlich gewonnene Flexibilität. Denn der Betrieb ist verzettelt und die Gebäude befinden sich an unterschiedlichen Standorten. Nebst der Milchproduktion hat der Betrieb noch einige weitere Betriebszweige, weshalb die Zeit, welche der Betriebsleiter oder seine Mitarbeitenden im Stall verbringen können, beschränkt ist. Die Fruchtbarkeitserkennung zum Beispiel kam deshalb früher manchmal ein wenig zu kurz.
System muss zum Stall passen
Iseli hat viele verschiedene Systeme miteinander verglichen. Schliesslich entschied er sich für den Roboter DeLaval V310 mit selektiv gelenktem Tierverkehr (Feed first).
Martin Iseli, Betriebsleiter«Der Kontakt zu den Kühen ist intensiver als vorher.»
Beim selektiv gelenkten Tierverkehr sind der Liege- und der Fressbereich voneinander abgetrennt. Die Kühe können jederzeit fressen gehen. Wollen sie zurück, wird selektiert, ob sie in den Liegebereich kommen oder, je nach Melkanrecht, in den Wartebereich des Roboters. Für schwächere Kühe ist das System vorteilhaft, denn sie werden weniger von ranghöheren Tieren vom Fressplatz weggedrängt. «Bei einem Umbau mit einer hohen Auslastung des Roboters ist ein gelenktes System sinnvoll», erklärt Rebeka Egli, Herdenmanagementberaterin von DeLaval.
Installiert man einen DeLaval-Roboter, so gehören während des ersten Jahres fünf Betriebsbesuche von der Beraterin dazu. Zusammen werden die Ziele eruiert und die Einstellungen am Roboter betriebsindividuell vorgenommen. «Nach einem Jahr muss der Landwirt die Einstellungen am DelPro sowie den Roboter selbst bedienen können. Eine intensive Betreuung am Anfang ist daher sehr wichtig», so Egli. Auch die Fütterung wird bei den ersten Treffen genauer angeschaut, weshalb der UFA-Berater Ignaz Hutter an einem dieser Treffen dabei war und ein intensiver Austausch mit ihm stattfand. Die Zusammenarbeit zwischen Herdenmanagementberatern und Fütterungsberatern ist sehr wichtig für den Kunden, damit seine Ziele erreicht werden.
Betriebsspiegel
Betrieb: Martin und Nadine Iseli, Pachtbetrieb vom Kanton Thurgau
LN: 80 ha
Ackerbau: Weizen, Gerste, Mais, Raps, Zuckerrüben, Grünland und Ökoflächen
Tiere: 85 Kühe (jeweils etwa 63 am Roboter, Rest Galt), 120 Zuchtschweine und 380 Mastschweine
Weiteres: Lohnarbeiten
Mitarbeitende: Hedi und Hansueli Iseli (Eltern), Ehefrau Nadine, Bruder Daniel, Festangestellter (Ernst), Praktikant (Patrick) und Lernender (Marco)
Täglich auf der Weide
Die Kühe auf dem Betrieb Iseli gehen im Sommerhalbjahr täglich auf die Weide. «Für mich ist es wichtig, dass die Kühe auf die Weide können. Ich bin überzeugt, dass dies auf die Gesundheit der Tiere einen positiven Einfluss hat», so Iseli. Damit die Kühe aber gerne hinausgehen, sei gutes Weidegras wichtig. Dazu wird die Weide etwa alle drei Wochen gemulcht.
Auf die Weide, insbesondere den Weideeingang, habe der Roboter einen positiven Einfluss. «Da nicht mehr 70 Kühe gleichzeitig auf die Weide gehen, gibt es weniger Morast, was sich wiederum positiv auf die Klauengesundheit auswirkt», so der Betriebsleiter.
Die Klauengesundheit sei sehr wichtig, erklärt Rebeka Egli, denn wenn man einen Roboter habe, müssten die Kühe gut laufen können.
Kuh steht mehr im Fokus
Iseli war positiv überrascht, wie schnell sich alle Kühe an den Roboter gewöhnt haben. Entgegen vieler Meinungen, dass man mit einem Roboter weniger Kontakt mit den Kühen habe, macht Iseli die Beobachtung, dass der Kontakt anders und intensiver ist: «Vorher hatte man im Melkstand die Kuh zwar zweimal täglich vor sich, aber eigentlich sieht man da vor allem das Euter und hat kaum Zeit, sich wirklich mit der Kuh zu befassen.» Der Roboter hingegen zeige einem an, wenn bei einer Kuh etwas nicht stimmt. Diese könne dann genau betrachtet werden, und man habe mehr Zeit für die Tierbeobachtung, weil das Melken wegfällt.
Martin Iseli, Betriebsleiter«Man ist früh dran, wenn etwas nicht stimmt, und erkennt stillbrünstige Kühe.»
Die Anzahl Melkungen pro Kuh und Tag liegt auf dem Betrieb Iseli bei 2,6. Hier unterscheidet sich die Einstellung zwischen Kühen, die vor kurzem abgekalbt haben, welche etwa 3 bis 3,5 Mal zum Melken gehen können, und zwischen Altmelkkühen, die weniger Melkanrecht haben.
Bessere Fruchtbarkeit
Als Zusatzoptionen hat Iseli beim Melkroboter ein Zellzahlmessgerät sowie das Reproduktionsmodul installieren lassen. Letzteres analysiert das Progesteron in der Milch laborgenau. Es wird hinterlegt, welche Kühe beprobt werden sollen: Ab 21 Tagen nach dem Kalben wird jede Kuh nach dem Biomodell beprobt. Dadurch weiss man nach spätestens 40 Tagen, ob die Kuh im Zyklus ist. «Dies ist für mich ein grosser Vorteil. Denn wir sind früh dran, wenn etwas nicht stimmt, und man erkennt stillbrünstige Kühe», so Iseli.
Durch die Veränderung des Progesteronspiegels erkennt der Roboter, wann die Kuh brünstig ist. «Die visuelle Brunsterkennung fällt dank dem Roboter zu 80 Prozent weg, da der Landwirt nur auf Einzeltiere achtet», erklärt Rebeka Egli. Nach der Besamung wird das Progesteron weiterhin während zweier Monate beprobt. Wenn der Progesteronwert steigt und oben bleibt, weiss das System, dass die Kuh trächtig ist. Für Iseli ist das eine grosse Erleichterung, denn Trächtigkeitsuntersuchungen macht er kaum mehr, und somit fällt auch die Zeit, die für das Anbinden der Kühe und die Untersuchung aufgewendet werden muss, weg.
Der Roboter zeigt auch die Leitfähigkeit der Milch an. «Dies ist sehr hilfreich, um frühzeitig reagieren zu können», so Iseli. Denn oft kann er so mit Salben oder mit Homöopathie vorbeugen.
Grundfutter mit guter Qualität
Die Milchleistung der Kühe liegt im Durchschnitt bei 11 500 kg. Mit sieben bis acht Kühen weniger wird heute insgesamt gleich viel Milch produziert wie vorher.
Um aber gesunde und leistungsfähige Kühe zu haben, sei der Roboter alleine nicht ausreichend, macht Iseli deutlich. Es müsse auf eine gute Grundfutterqualität geachtet werden, und die Homogenität in der Zusammensetzung der Ration sei sehr wichtig. Er hat daher auch kleine Verbesserungen in der Grundfutterproduktion vorgenommen. Das Mähwerk wurde neu so eingestellt, dass 20 mm höher geschnitten wird. Einen guten Mischwagen mit scharfen Messern erachtet Iseli auch als sehr wichtig. Im Sommer dürfe die Mischung nicht warm werden, weshalb er diese vorbeugend stabilisiert. Und wenn Silo von einem anderen Schnitt angebraucht wird, wird die Ration neu berechnet, um eine gezielte Ergänzung sicherzustellen. Hier wird er durch Ignaz Hutter unterstützt. Rebeka Egli und Ignaz Hutter ist es wichtig, dass sie regelmässig Kontakt haben und sich austauschen können.
Martin Iseli ist überzeugt, dass der Melkroboter für seinen Betrieb das Richtige ist. Trotz der Abrufbereitschaft haben wir mehr Flexibilität gewonnen und konnten die Tiergesundheit massiv steigern.