Beobachtungen zum Liegeverhalten können erste Hinweise zum Allgemeinzustand, zum Stallklima oder auch zur Einstreu geben. Liegen die Kälber dicht beieinander, an der Wand oder verstreut in der Bucht, gibt uns das erste Informationen. Ein Kalb verbringt in den ersten Lebenswochen bis zu 22 Stunden am Tag liegend, das Jungvieh bis zu 18 Stunden. Der Gesundheitszustand der Jungtiere muss daher unbedingt im Liegen beurteilt werden. Grosszügiges Einstreuen hat viele Vorteile wie beispielsweise ein trockenes und weiches Liegebett. Sind beim liegenden Kalb die Hinterbeine im Stroh eingebettet, kann sich das Kalb bei tiefen Temperaturen wärmen.
Erster Eindruck zählt
Kälber sind besonders neugierig, aufmerksam und aktiv. Das Ohrenspiel ist lebhaft, die Augen trocken und die Nase glänzend, feucht und sauber. Ein fittes, vitales Kalb trinkt ohne Unterbruch, macht Kopfstösse und wedelt mit dem Schwanz. Allgemein angezogene Schwanzhaltung deutet auf Unwohlsein, Frieren oder Stress hin. Letzteres kann neben anderen Ursachen wie Hunger, unbefriedigtem Saugtrieb oder Langeweile durch intensives Besaugen zum Ausdruck kommen. Kälber haben mit zunehmendem Alter eine ausgesprochene Spielfreude und einen grossen Bewegungsdrang. Sie nehmen Spielzeug gerne an.
Teilnahmslose Tiere mit abgesenktem Kopf und solche, die nicht am Geschehen teilnehmen, sind genauer zu beobachten. Einseitig hängende Ohren bis hin zu Gleichgewichtsstörungen sind Anzeichen einer schmerzhaften Ohrenentzündung. Tränende Augen oder grosse Mengen an Augensekret weisen auf schlechte Luft oder eine Erkrankung hin. Eine trockene Nase hingegen ist ein Zeichen für trockene Schleimhäute. Solche sind anfälliger auf Infektionserreger. Normalerweise sind die Schleimhäute rosa. Bei erhöhten Entzündungswerten sind sie sichtlich gerötet. Die Körpertemperatur wird bei einem auffälligen Kalb als Erstes überprüft. Die Temperatur beim Jungvieh liegt zwischen 38,5 und 39,5 °C, neugeborene Kälber können Normaltemperaturen von bis zu 40 °C aufweisen.
Häufige Kälberkrankheiten
Atemwegserkrankungen gehören neben Durchfall zu den häufigsten Kälberkrankheiten. Die Atemfrequenz eines Kalbes liegt im Normalfall zwischen 20 und 40 Zügen pro Minute. Eine schnelle und oberflächliche oder angestrengte und tiefe Atmung weist auf eine Erkrankung der Atemwege hin. Ein zusätzlich feuchter Unterkiefer ist die Folge einer angestrengten Atmung mit offenem Maul (schwere Atemnot). Husten oder Nasenausfluss sind weitere Symptome. Zuerst wässriger, dann trüb-weisslicher bis eitriger Nasenausfluss zeigt eine fortschreitende Atemwegserkrankung. Blasse Schleimhäute werden mit niedriger Kreislauftätigkeit und Blutarmut in Verbindung gebracht.
Beim gesunden Kalb ist der Bauch entspannt und gefüllt. Ein aufgezogener Bauch ist ein Zeichen von Bauchschmerzen, eventuell mit Blähungen oder Durchfall. Werden häufiges Aufstehen und Abliegen sowie Fusstritte gegen den Bauch beobachtet, hat das Kalb möglicherweise Schmerzen. Ideal ist ein leicht pastöser, gelblicher Kot (Milchtränke). Ist der Kot wässrig und mit Blut vermischt, deutet das auf schwergradigen Durchfall hin. Trockener Kot eventuell in Kombination mit häufigem Pressen beim Kotabsetzen ist ein Zeichen von Flüssigkeitsmangel. Auch eingefallene Augen deuten auf einen solchen hin.
Schutzfunktion von Haut und Fell
Eine unbeschädigte Haut frei von äusseren Parasiten und Flechten wie auch ein glänzendes und glattanliegendes Fell ohne Kahlstellen oder Verklebungen sorgen für den wichtigen Kälteschutz bei Jungtieren. Ist das Kalb mit genügend Flüssigkeit versorgt, liegt die Hautfalte am Hals beim Anheben innerhalb weniger Sekunden glatt an und bleibt nicht stehen. Beim Streicheln des gesunden Kalbes ist eine leichte Körperspannung, wohliges Zucken oder Dehnen sichtbar. Tiere, die frieren, zeigen dies mit aufgestellten Haaren, krummem Rücken oder sie liegen nahe beieinander.
Wie im vorliegenden Artikel beschrieben, beginnt eine erfolgreiche Aufzucht mit guter Beobachtung und gezieltem Verfolgen betriebseigener Meilensteine, damit Wachstumseinbussen schnell erkannt werden: «Schau hin!» In einem weiteren Schritt werden getreu dem Kuhsignale-Prinzip die Ursachen geklärt: «Denk nach!» und Verbesserungen umgesetzt: «Handle!»
Unser Tipp
Meilensteine der Jungviehaufzucht für grossrahmige Milchviehrassen
Wird das Gewicht regelmässig überprüft, können Wachstumseinbussen rasch erkannt werden.
Gewicht |
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bei der Geburt |
45 kg |
nach 50 Tagen |
90 kg |
mit 4 Monaten |
140 kg |
mit 6 Monaten |
230 kg |
mit 12 Monaten |
350 kg |
bei der Besamung |
420 kg |
bei der 1. Abkalbung |
630 kg |