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Nutztiere

Worauf stehen Ihre Kühe?

Klauenerkrankungen und Lahmheiten sind die dritthäufigste Ursache für Abgänge bei Milchkühen. Für eine gute Klauengesundheit sind nebst dem Boden auch die Klauenpflege sowie der Liegekomfort relevant. Glatte Böden müssen erkannt und nötige Massnahmen umgesetzt werden.

Ein trittsicherer Boden bildet die Basis für gesunde Kühe.

Ein trittsicherer Boden bildet die Basis für gesunde Kühe.

(Bild: Eva Studinger)

Publiziert am

Redaktorin, UFA-Revue

Laufkomfort bedeutet natürliches Laufverhalten. Damit Kühe ein solches ausleben können, braucht es eine gute Klauengesundheit sowie einen rutschfesten Untergrund, der eine gute Trittsicherheit bietet. Gemäss Tierschutzgesetz dürfen die Böden das Verhalten und die Körperfunktionen nicht stören, die Anpassungsfähigkeit nicht überfordern und die Gesundheit der Tiere nicht beeinträchtigen. Insbesondere schreibt die Verordnung vor, dass Böden gleitsicher und ausreichend sauber sein müssen. Laut Christian Manser, Berater am Landwirtschaftlichen Zentrum St. Gallen, ist das Ausrutschen der Kühe in der Schweiz ein häufiger Verletzungsgrund. Nicht selten komme es zu schweren Unfällen, woraufhin auch Kühe eingeschläfert werden müssen.
Einige Böden verlieren mit der Zeit ihre Rutschfestigkeit. Um ernsthafte Verletzungen zu verhindern, müssen abgenutzte Böden schnell erkannt und saniert werden.

Trittsicherheit erkennen

Wie merkt man, ob der Boden trittsicher ist? Eine gute Beobachtung der Kuhsignale hilft dabei: Die Kuh zeigt die Brunst mit ausgeprägtem Aufspring-Verhalten nur, wenn der Boden trittsicher ist. Stille Brunsten können aufgrund rutschiger Böden entstehen, da die Kühe Angst haben, auszurutschen. Auch die Schrittlänge kann einen Hinweis auf die Trittsicherheit geben. Grosse Schritte, bei denen die Klauen der Hinterbeine in den Klauenabdruck der Vorderbeine gestellt werden, zeugen von einer trittsicheren Unterlage.
Leckt sich eine Kuh selber im hinteren Körperbereich, zum Beispiel auf drei Beinen stehend, ist dies ein weiteres Anzeichen, dass sie sich auf dem Untergrund sicher fühlt.
Ist eine Kuh nicht trittsicher, begibt sie sich möglicherweise weniger oft zur Fressachse, da sie aus Unsicherheit lieber liegen bleibt. Dies kann negative Auswirkungen auf die Futteraufnahme haben.

Sanierung von Betonböden

Um die Rutschfestigkeit wieder herzustellen, gibt es verschiedene Sanierungsverfahren.
Bei mechanischen Sanierungsverfahren, wie dem Rillieren von Böden, wird der Boden wieder rutschfest gemacht. Zu beachten ist, dass bei mechanischen Verfahren immer ein Teil vom Material abgetragen wird. Zudem kann es bei mechanischer Einwirkung allenfalls Risse im Beton geben. Vor allem bei Spaltenböden sollten keine schweren Geräte, die Schwingungen verursachen, eingesetzt werden. Beim Sanieren von Spaltenböden ist die noch zu erwartende Nutzungsdauer zu beachten. Gemäss ART-Bericht haben Flächenroste eine Nutzungsdauer von rund 20 Jahren. Vor einem allfälligen mechanischen Sanieren, muss der Boden unbedingt auf Risse kontrolliert werden.

Flammstrahl-Verfahren

Seit einigen Jahren hat sich die Sanierungsmethode «Flammstrahl-Behandlung» in der Schweiz etabliert. Dabei wird der Beton während einigen Sekunden mit einer über 3000 °C heissen Flamme erhitzt. Urinstein, Fett, oder andere Ablagerungen an der Oberfläche werden durch diesen Hitzeschock abgesprengt. Mit diesem Verfahren können Spaltenböden oder planbefestigte Böden bearbeitet werden, damit der Boden wieder rutschfest wird.

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Beim Flammstrahl-Verfahren werden die Böden mit über 3000 °C heissen Flammen bearbeitet, um die Rutschfestigkeit wieder herzustellen. 

(Bild: zvg)

Bis jetzt gibt es in der Schweiz leider noch niemanden, der diese Flamm-strahl-Behandlung anbietet. Eine Firma aus Frankreich ist europaweit auf Betrieben unterwegs. Das LZSG Flawil organisiert jährlich Touren dieser Spezialisten durch die Schweiz; insgesamt wurden bereits etwa 180 Betriebe saniert. Wie Manser mitteilt, sind es nicht nur Milchvieh- und Mutterkuhlaufställe, sondern sogar Laufgänge von Anbindeställen sowie Schweineställe, die mit dem Flamm-strahl-Verfahren saniert wurden.

Ein grosser Vorteil von diesem Verfahren ist, dass es für den Boden sehr schonend ist, denn es erfolgen keine Erschütterungen und es wird mit nur etwa 0,5 bis 1,5 mm sehr wenig Material abgetragen. Gemäss Manser kann die Sanierung bei Bedarf nach einigen Jahren auch noch ein zweites Mal durchgeführt werden. Beim Aufrillen hingegen sei meistens kein zweiter Durchgang möglich, da mehr Material abgetragen wird. «Wird der Boden einmal jährlich mit dem Hochdruckreiniger gereinigt, stellt das Flammstrahl-Verfahren etwa acht bis neun Jahre rutschfeste Böden sicher», so Manser.

Schrittlänge untersucht

Die Meinungen betreffend Gummimatten gehen stark auseinander. Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass Kühe, wenn sie können, lieber einen weichen Untergrund wählen. In einem Versuch der Agroscope aus dem Jahr 2010, wurden die Bodentypen Gussasphalt, Betonspaltenboden und planbefestigter Boden mit Gummibelag miteinander verglichen. Die Schritte waren auf dem Boden mit Gummibelag am längsten und auf dem Betonspaltenboden am kürzesten.

2019 wurde vom Strickhof ein Versuch gemacht, wo verschiedene Sanierungsverfahren mit Gummimatten verglichen wurden. Die Schrittlänge von Mutterkühen wurde in einem Stall mit fünf Abteilen mit folgenden Böden verglichen: Ist-Situation (10-jähriger Betonboden), Flammstrahlverfahren, Gummimatten mit Klauenschmiermittel, sowie verschiedene Fräsmethoden (Rautenmuster mit Meisselfräse, Rautenmuster und Rillenmuster mit Diamantfräse). Die Gummimatte schnitt am besten ab bezüglich Schrittlänge (siehe Tabelle). Auch bei der Ist-Variante und dem Flammstrahlverfahren hatten die Kühe eine relativ gute Trittsicherheit. Auf den Böden, die mit den verschiedenen Fräsverfahren bearbeitet wurden, waren die Kühe unsicher beim Gehen, sie hatten sehr kurze Schrittlängen.

Kaschieren von Lahmheiten?

Der in den USA lebende Schweizer Karl Bürgi befasst sich seit 30 Jahren mit der Klauenpflege und berät auf der ganzen Welt Betriebe mit 40 bis 140 000 Milchkühen. Durch seine Praxiserfahrungen ist er der Meinung, dass es auf Gummimatten generell mehr lahme Kühe gibt. Er ist sich sicher, dass auf Gummimatten bis zu eineinhalb Punkte der Lahmheitsbewertung (1=keine Lahmheit, 5=schwere Lahmheit) kaschiert werden, da diese weich sind und abfedern. «Im frühen Stadium der Lahmheit ist es kaum möglich, diese zu erkennen. Wenn man dann die Lahmheit sieht, gehen die Kühe vielfach bereits akut lahm», so Bürgi. Gute Beobachtung der Kühe ist deshalb sehr wichtig, unbedingt auch, wenn sie auf anderen Böden als Gummimatten gehen.
Bürgi betont, dass die Klauenpflege oft nicht korrekt gemacht werde: «Weltweit werden über 80 Prozent der Klauen zu stark beschnitten», so Bürgi. Dass Kühe oft lieber auf den Gummimatten laufen, führt er darauf zurück. Bürgi empfiehlt Gummimatten vor allem dann, wenn es auf einem Betrieb zu viel Klauenabrieb gibt.

Anmelden für das Flammstrahl-Verfahren

Dieses Jahr musste das LZSG Flawil aufgrund des Corona-Virus die Tour absagen. Im nächsten Jahr werden die Arbeiten weitergeführt. Interessierte Betriebsleiter werden auf die Warteliste aufgenommen.

Anmeldungen an Landw. Zentrum SG, Flawil + 058 228 24 70 lzsg.flawil@sg.ch

Mit Angaben der Betriebsadresse, der Mobilnummer sowie der Quadratmeterfläche von Spaltenboden oder planbefestigtem Boden inner- oder ausserhalb des Stallgebäudes.

Gummimatten kombinieren

Genauso wichtig wie ein guter Boden und gute Klauenpflege ist die Liegebox. Nur durch guten Liegekomfort kann sichergestellt werden, dass die Kuh genügend liegt. Ist das nicht der Fall, steht sie zu viel und die Klaue kann sich zu wenig entlasten, was Lahmheiten begünstigt.
Manser empfiehlt, nur in diesen Stallbereichen Gummimatten einzusetzen, wo die Kühe häufig eng abdrehen und lange stehen, wie beispielsweise im Fressbereich oder im Wartebereich vor dem Melkroboter. Hat man überall Gummimatten, sei der Aufwand für die Klauenpflege je nach Betrieb sehr gross, aufgrund zu geringem Abrieb.
Die Betriebsstruktur und die Haltungsform spielen bei der Wahl des Bodenmaterials eine wichtige Rolle. Auf einem Betrieb, wo die Kühe auf der Alp sind oder weite Wege auf die Weide haben, können Gummimatten möglicherweise kein Problem sein. Auf Betrieben hingegen, wo die Kühe mehrheitlich im Stall sind, ist das Gewährleisten von genügend Klauenabrieb besonders wichtig.

Klauenabrieb mit Gummimatten

Um auch mit Gummimatten Klauenabrieb zu gewährleisten, hat die Firma Kraiburg einen weich-abrasiven Gummibelag entwickelt, in den das Schleifmittel Korund eingearbeitet ist. Der Klauenabrieb wird dadurch, bei gleichzeitig weichem Untergrund, unterstützt, und auch die Rutschfestigkeit ist gewährleistet.

Wahl ist betriebsabhängig

Die richtige Lösung zu finden ist immer stark abhängig von den Gegebenheiten des Betriebs und den vorhandenen Bodenarten. Wichtig ist das gute Beobachten der Kuhsignale, um glatte Böden schnell zu erkennen. Zudem reicht es nicht, die Böden alleine zu betrachten, sondern alle Punkte von Bodentyp, Klauenpflege bis zu Liegekomfort müssen stimmen. 

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