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Nutztiere

Milch für jeden Lebenstag

Die Wirtschaftlichkeit in der Milchviehhaltung wird viel diskutiert, und es werden immer wieder mögliche Optimierungen aufgezeigt. Das Thema sollte jedoch ganzheitlich betrachtet werden, und es gibt nicht allzu viele Parameter, um die Wirtschaftlichkeit der Milchproduktion einzuschätzen. Ein Wert, der laufend an Bedeutung gewonnen hat, ist die Lebenstagsleistung. Bei der Familie Rossacher aus Frauenfeld weisen viele Kühe eine sehr hohe Lebenstagsleistung auf. Wie sie das machen, erzählt Ueli Rossacher.

Kühe mit hohen Lebenstagsleistungen (LTL) sind wirtschaftlich. So auch die Kuh Flurys Acme Abigail, welche mit über 26 kg LTL ihre Aufzuchtund Futterkos...

Kühe mit hohen Lebenstagsleistungen (LTL) sind wirtschaftlich. So auch die Kuh Flurys Acme Abigail, welche mit über 26 kg LTL ihre Aufzuchtund Futterkosten gut abdeckt.

(Bild: Dominique Savary)

Publiziert am

Bereichsleiter Marketing, UFA AG

Ressortleiter Rindvieh, UFA-Beratungsdienst

Laut Auswertungen verschiedener Herdebücher liegt die durchschnittliche Lebenstagsleistung bei Milchrassen zwischen 11 und 14 kg Milch pro Tag. Betriebe, die viel Lebendvieh verkaufen und dementsprechend viele Jungkühe haben, weisen durchschnittlich tiefere Lebenstagsleistungen auf. Jene 400 Betriebe, die beim Programm UFA-Herd-Support mitmachen, haben einen Durchschnitt von 13 kg pro Tag. Die besten Betriebe haben eine durchschnittliche Lebenstagsleistung von 18 kg Milch pro Tag. Über die letzten Jahre hat sich dieser Wert laufend verbessert.

Die Lebenstagsleistung ist beispielsweise eine Zusatzanforderung für den «grünen Teppich», und bei den Herdebüchern werden Kühe mit hohen Lebenstagsleistungen jeweils ausgezeichnet. Dies geschieht aus gutem Grund. Die Lebenstagsleistung beinhaltet viele Facetten der Milchviehhaltung. Es werden auch unproduktive Phasen wie die Aufzucht oder die Galtzeit abgebildet, und so lässt sie viele Rückschlüsse auf Aufzuchtmanagement und -intensität, Erstkalbealter, Galtphasenmanagement, Fruchtbarkeit, Milchleistung und auch Langlebigkeit zu. Erreicht man eine hohe Lebenstagsleistung, wurde also vieles richtig gemacht.

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Die Familie Rossacher mit den drei Generationen (v. r. n. l.: Stammkuh Flurys Acme Abigail, Lebenstagsleistung (LTL) 26,7 kg, Erstkalbealter (EKA) 28 Monate; Tochter Rossachers Chief Cinderella, LTL 16,3 kg, EKA 20 Monate; Gross tochter Rossachers Altahotrod Handa, LTL 7,6 kg, EKA 19 Monate).

(Bild: Dominique Savary)

Die Aufzucht bestimmt mit

Mit einer optimalen Aufzucht wird der Grundstein für eine hohe Lebenstagsleistung gelegt. Einerseits wird durch die metabolische Programmierung das Leistungsniveau der späteren Kuh mitbestimmt. Eine intensive Tränke mit viel Milch ist dabei entscheidend, denn eine hohe Nährstoffaufnahme in den ersten Lebenswochen kann nur via Milch sichergestellt werden. Je kürzer die Aufzucht und je früher das Erstkalbealter, desto niedriger ist die Anzahl Tage, an denen das Rind unproduktiv war.

Damit ein frühes Erstkalbealter (in Abhängigkeit von der Rasse) erreicht werden kann, müssen sich die Rinder gut entwickeln und dementsprechend gefüttert werden, damit sie zum Zeitpunkt der Besamung körperlich in der Lage sind, trächtig zu werden. Nur wer in die Aufzucht investiert, kann Kühe mit hohen Lebenstagsleistungen haben. Ein frühes Erstkalbealter trägt zudem dazu bei, dass die Remontierungskosten gesenkt werden, weil weniger Rinder für die Nachzucht aufgezogen werden müssen.

Damit hohe Lebenstagsleistungen erzielt werden können, müssen die Kühe mehrmals Abkalben. Eine ungenügende Fruchtbarkeit ist nach wie vor einer der wichtigsten Abgangsgründe in der Milchviehhaltung. Eine gute Fruchtbarkeit wird besonders durch das Management und die Fütterung beeinflusst. Die entscheidensten Phasen für eine gute Fruchtbarkeit sind die Galt- und die Startphase.

Galtphase und Startphase

Ein durchdachtes Galtphasenmanagement, bei welchem alles unternommen wird, um Stoffwechselerkrankungen wie Milchfieber oder Ketose zu verhindern, trägt viel dazu bei, dass die Kühe wieder brünstig und trächtig werden. Bei der Milchfiebervorbeugung ist eine angepasste Mineralstoffversorgung unabdingbar. Immer mehr Betriebe arbeiten zusätzlich mit anionischen Salzen. Diese haben zum Ziel, eine tendenziell saure Stoffwechsellage hervorzurufen, damit einerseits die Kalziummobilisierung aus den Knochen und andererseits die Kalziumaufnahme aus dem Darm gefördert werden. Wer mit anionischen Salzen arbeiten will, sollte seinen Fütterungsberater kontaktieren, da es ein paar Tücken zu beachten gilt. Besonders wichtig in der Startphase ist, dass eine negative Energiebilanz oder eine Ketose mit einer ausgeglichenen Ration, einem hohen Verzehr und den passenden Ergänzungsfuttern vermieden wird. Denn die Fruchtbarkeit ist immer das letzte Glied in der Stoffwechselkette. Liegt eine negative Energiebilanz vor, sorgt ein hormoneller Schutzmechanismus dafür, dass die Kuh nicht trächtig wird.

Potenzial nutzen

Die Familie Rossacher bewirtschaftet nahe Frauenfeld einen Milchvieh- und Geflügelmastbetrieb. Die 40 Milchkühe werden in einem Laufstall gehalten. Gefüttert wird mit einer Mischung bestehend aus Maisund Grassilage sowie Dürrfutter und einem Proteinausgleichsfutter. Die Ergänzungsfütterung erfolgt via Station.

Im Gespräch mit Ueli Rossacher merkt man sofort, mit welch grosser Leidenschaft er Kühe hält und wie wichtig ihm eine gute Tierbeobachtung und die Tiergesundheit sind. Diese Leidenschaft spiegelt sich auch in den Leistungen der Kühe wider. Was den Betrieb auszeichnet, sind die hohen Lebenstagsleistungen der Kühe. Dass Kühe die Marke von über 18 kg pro Tag bereits nach der zweiten Laktation überschreiten, ist keine Seltenheit. Der Herdenschnitt liegt aktuell bei sehr hohen 20,2 kg pro Tag. Auf der einen Seite ist dies durch die hohe Milchleistung der Herde erklärbar. Bei der Jahresauswertung des Zuchtverbands von 2021 hat die Herde einen Durchschnitt von über 11 900 kg Milch in 305 Tagen. Dies ist unter anderem auf die sehr hohe Grundfutterqualität zurückzuführen. Doch eine hohe Milchleistung alleine reicht noch nicht für eine hohe Lebenstagsleistung. Was bei Rossachers speziell ist, ist das tiefe Erstkalbealter. Die Rinder kalben mit einem Alter zwischen 18 und 20 Monaten. «Die Aufzucht von Rindern ist kostenintensiv und je weniger Rinder wir aufziehen müssen, desto wirtschaftlicher ist unsere Milchproduktion», meint Ueli Rossacher. Das Senken des Erstkalbealters sei ein laufender Prozess gewesen. «Mich hat interessiert, was eigentlich mit der Genetik, die wir auf unserem Betrieb haben, zusammen mit der Haltung und der Fütterung möglich ist», so Rossacher weiter. Das Potenzial seiner Holstein-Rinder erstaune ihn immer wieder aufs Neue. Dennoch, um ein neun Monate altes Rind besamen zu können, muss es körperlich gut entwickelt sein. Dies wird bei Rossachers durch eine intensive Fütterung erreicht. Die Rinder erhalten schon sehr früh die Mischung der Milchkühe und haben im Sommer Zugang zur Weide. Die Familie Rossacher hat allerdings nicht die Absicht, dass die Rinder beim Abkalben bereits gleich entwickelt sind wie 28 Monate alte Rinder. «Eine Kuh in der ersten Laktation muss noch nicht fertig sein mit der Entwicklung.»

Erreicht man eine hohe Lebenstagsleistung, wurde vieles richtig gemacht.

Bei der Frage nach den grössten Herausforderungen eines so frühen Erstkalbe alters meint der Betriebsleiter: «Der kritischste Punkt ist, dass in der Zeit rund um das Abkalben die Schaufeln der Rinder stossen und dies den Verzehr hemmen kann.» Das sei jedoch der einzige Punkt. Bezüglich Milchleistung, Fruchtbarkeit und Gesundheit gebe es keine negativen Auswirkungen. Ueli Rossacher ist sich allerdings bewusst, dass er mit seinem System eher ein Exot ist. Für ihn ist auch klar, dass sein Ansatz nur dort umsetzbar ist, wo die Futtergrundlage und die Haltung es erlauben, die Rinder so intensiv wie möglich aufzuziehen. Schlussendlich entscheidet jeder Betrieb selber, wie er die Lebenstagsleistung und somit die Wirtschaftlichkeit der Milchproduktion erhöhen will. Die Familie Rossacher hat sich für einen nicht alltäglichen Weg entschieden und beweist, was für ein Potenzial in ihren Tieren steckt. 

Unser Tipp

So werden hohe Lebenstagsleistungen erzielt

  • Intensive Aufzucht der Kälber, unabhängig von der Rasse, bis mindestens zum sechsten Lebensmonat.
  • Frühes Erstkalbealter, angepasst an die Rasse, anstreben. Dazu braucht es eine intensive Aufzucht.
  • Massnahmen für gute Fruchtbarkeit treffen:
    • Angepasste Galtphasenfütterung für Milchfieberund Ketoseprophylaxe
    • Hoher TS-Verzehr in der Galt- und der Startphase, um eine negative Energiebilanz zu vermeiden
    • Passende Mineralstoffversorgung je nach Grundfutterration
    • Einsatz von Spezialitäten für optimale Follikelbildung
  • Erhöhtes Milchleistungsniveau:
    • Ausgewogene Rationen
    • Beste Grundfutterqualität für hohen TS-Verzehr
    • Passende Ergänzungsfütterung
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