Der Aufzuchtversuch wurde im Frühling 2013 gestartet und die letzten Kälber wurden Ende September 2016 in den Versuch genommen. Ein Teil der Kälber hat heute die erste oder zweite Laktation gestartet oder bereits abgeschlossen. Die Durchführung des Versuchs fand auf zwei Tränkebetrieben und einem Aufzuchtbetrieb im Kanton Aargau statt. Auf den Tränkebetrieben gab es je eine Kontrollund eine Versuchsgruppe, welche unterschiedlich intensiv mit Milch getränkt wurden. Die Kälber aus beiden Gruppen hatten Heu und Kraftfutter zur freien Verfügung. Die Kontrollgruppe erhielt in den ersten sechs Wochen zwei Mal pro Tag je drei Liter Vollmilch. Ab der siebten Lebenswoche wurde stufenweise reduziert. Die Versuchsgruppe erhielt bis zu neun Liter Vollmilch pro Tag, auch mit stufenweiser Reduzierung. Die Vollmilch wurde in den ersten sechs Wochen mit UFA 207, einem Vollmilch-Aufwerter, angereichert. Alle Kälber wurden nach dem Absetzen auf denselben Aufzuchtbetrieb gebracht. Kurz vor dem Abkalben kamen sie zurück auf den Geburtsbetrieb.
Die Betriebsleiter erhoben zu verschiedenen Zeitpunkten das Lebendgewicht (LG) und machten Notizen zur Gesundheit der Kälber. Zusätzlich gab es in regelmässigen Abständen LG-Wägungen auf dem Aufzuchtbetrieb. Danach folgte das Erfassen des Alters und des Lebendgewichts beim Abkalben sowie die Aufnahme der Leistungen in der ersten Laktation. Von insgesamt 154 Kälbern im Versuch befanden sich 86 in der Versuchsgruppe und 68 in der Kontrollgruppe. Milchleistungsdaten sind bislang von gut 50 Tieren vorhanden und wurden erstmals ausgewertet.
Tageszuwachs bei Versuchstieren höher
Die Dauer der Tränkephase, also von der Geburt bis zum Absetzen dauerte auf beiden Tränkebetrieben im Schnitt 90 Tage, wobei die Tiere auf dem Betrieb 2 rund eine Woche früher abgesetzt wurden. Zudem war die Tränkephase der Versuchstiere im Schnitt drei Tage kürzer als der Kontrolltiere. Die Grafik zeigt den Tageszuwachs (TZW) der Tiere im Versuch während der Tränkephase. Es ist ersichtlich, dass die Versuchstiere einen höheren TZW haben als die Kontrolltiere. Die Tiere auf dem Betrieb 1 haben einen höheren TZW als auf dem Betrieb 2.
Gewicht und Alter beim Abkalben unterschiedlich
Die Auswertung der Abkalbedaten ist in vollem Gange und es kommen stets mehr Daten dazu. Die Daten für die Grafik beinhaltet 80 Tiere, welche bereits abgekalbt haben. Beide Aufzuchtbetriebe streben ein Erstkalbealter von 24 bis 26 Monaten an. Rinder, welche beim Abkalben älter als 30 Monate waren, wurden nicht in die Auswertung einbezogen, da diese Tiere Fruchtbarkeitsstörungen hatten und zum Teil Embryonen getragen haben. In der Grafik ist zu erkennen, dass die Versuchstiere tendenziell jünger Abkalben als die Kontrolltiere. Das Gewicht beim Abkalben lag bei den beiden Gruppen jedoch in ähnlichem Bereich. Ein möglicher Grund für diese Tendenz könnten die höheren Tageszunahmen sein, welche in der Versuchsgruppe schon in der Tränkephase erreicht wurden. Diese Tiere erreichen somit das Besamungsgewicht früher. Auf dem Aufzuchtbetrieb wird konsequent nach Gewicht besamt.
Milchleistung bei Versuchstieren höher
Von rund 50 Tieren sind bereits erste Milchleistungen vorhanden. Für die Auswertung der Grafik 3 wurden die verkauften Tiere je nach Kaufbetrieb nicht mit einbezogen. Im Schnitt leisteten die Tiere 7640 kg energiekorrigierte Milch (ECM, 3,4 % Eiweiss und 4,0 % Fett) in einer Standardlaktation. Deutlich zu sehen ist der Unterschied in der Milchleistung zwischen den Betrieben. Die Tiere des Betriebes 1, welche bereits als Kalb höhere TZW auswiesen, erreichten höhere Leistungen als die Tiere auf dem Betrieb 2. Zu sehen ist auch die Tendenz, dass die Versuchstiere auf beiden Betrieben in der ersten Laktation höhere Milchleistungen zeigen.
Gesündere Kälber
Der Versuch dauert noch so lange, bis Milchleistungsdaten von allen involvierten Kühen vorhanden sind und genauere Aussagen gemacht werden können. Die bisherige Auswertung auf zwei Betrieben mit Leistungsdaten von nur 50 Tieren muss mit Vorsicht genossen werden.
Als Zusammenfassung kann trotzdem gesagt werden: intensiv tränken lohnt sich! Denn diejenigen Kuhkälber, welche während der Tränkephase grössere Milchmengen erhielten, weisen höhere Tageszunahmen auf und kalben jünger ab. Die Tendenz zeigt, dass die Leistungen in der ersten Laktation höher sind. Für die Höhe der Tageszunahmen sind auch die Gesundheit und Genetik mitentscheidend. Die Höhe der ECM-Leistung wird zusätzlich von der Fütterung und der Genetik beeinflusst. Auch die involvierten Tränkebetriebe haben aufgrund der Versuchserfahrungen ihre Anpassungen im Kälbermanagement gemacht. Beide Betriebe füttern nun alle Kälber so wie in der Versuchsgruppe, halten die Kälber draussen im Iglu, im Winter sogar mit Kälberdecken und säuern die Milch an, damit die Kälber ad libitum trinken können. Das ist für das LZ Liebegg Beweis genug, dass intensiv getränkte Kälber bei etwa gleichem Arbeits- und Kostenaufwand gesünder durchs Leben gehen und den Landwirten mehr Freude und Erfolg zurückgeben!