Mortellaro ist eine der häufigsten Klauenkrankheiten beim Schweizer Milchvieh. Betroffene Tiere leiden je nach Stadium an stark schmerzhaften Hautveränderungen, die das Tierwohl beeinträchtigen und zu erheblichen ökonomischen Verlusten führen. Verschiedene Faktoren müssen zusammentreffen, damit die Erkrankung ausbricht. Eine zentrale Rolle spielen dabei Spiralbakterien, die leicht von Tier zu Tier übertragen werden.
Alpung kann Mortellaro verhindern
Es wurde nachgewiesen, dass Mortellaro in Sömmerungsbetrieben weniger häufig auftritt als in Betrieben, die ihre Tiere nicht auf Alpweiden halten. Auf weitläufigen Weideflächen ist der Kontakt zu Mist und anderen Tieren reduziert und damit die Ansteckungsgefahr gering. Dennoch ist zu bedenken, dass die Gemeinschaftsalp ein Risiko für das Auftreten von Mortellaro darstellt, da Bakterien aus befallenen Betrieben eingeschleppt werden können. Deshalb ist eine Kontrolle der von der Alpung zurückkehrenden Tiere im Klauenstand empfehlenswert.
Mehr Zukauf, mehr Mortellaro
Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass das Risiko für den Ausbruch von Mortellaro mit jedem zugekauften Tier steigt. Demnach ist es wichtig, Tiere vor der Einstallung im Klauenstand auf Veränderungen zu untersuchen und falls nötig zu behandeln, bevor sie in die Herde integriert werden. Das gilt auch für Rinder, die aus einem Aufzuchtbetrieb zurückkehren.
Laufstall versus Anbindestall
Tiere in Laufställen erkranken häufiger an Mortellaro als in Anbindehaltung. Im Anbindestall sind die Unterfüsse oft sauberer und trockener, was die Ansteckung der im Mist befindlichen Keime reduziert. Zudem gibt es weniger Kreuzungswege, und die Tiere kommen seltener miteinander in Kontakt. Ausserdem gibt es mehr Mortellaro in Laufställen mit planbefestigtem Boden als in Ställen mit Spaltenboden, wo sich weniger Mist ansammelt.
Das Risiko für den Ausbruch von Mortellaro steigt mit jedem zugekauften Tier.
Unverzügliche Behandlung
Je länger man zwischen dem Erkennen eines erkrankten Tieres und der Behandlung wartet, desto besser kann sich Mortellaro ausbreiten. Gerade erdbeerartige Läsionen sollte man schnellstmöglich behandeln, da diese die Bakterien in grossen Mengen ausscheiden und die Ausbreitung in der Herde unterstützen. Zudem sind die Hautwunden für das Tier sehr schmerzhaft, was das Tierwohl einschränkt und die Milchleistung senkt.
Pansen-pH beachten
Zu viel Kraftfutter pro Kuh und Tag verbunden mit ungenügender Strukturversorgung kann zu einer Pansenübersäuerung führen. Dies kann das Immunsystem schwächen. Ausserdem setzen die Tiere dünneren Kot ab, was dazu beiträgt, dass die Mortellaro-Bakterien verbreitet werden. Dennoch ist eine an die Rasse angepasste Kraftfuttergabe unerlässlich, um Stoffwechselerkrankungen zu vermeiden.
Klauenpflege ist bedeutend
Verschiedene Aspekte der Klauenpflege stehen mit dem Auftreten von Mortellaro in Zusammenhang. Mehr durchgeführte Klauenpflegen pro Betrieb und Jahr führen zu einer erhöhten Anzahl Tiere, bei denen Mortellaro diagnostiziert wird. Häufigere Klauenpflegen bieten einerseits die Möglichkeit, mehr erkrankte Tiere zu erkennen und zu behandeln. Andererseits kann Mortellaro leicht verbreitet werden, wenn Massnahmen zur Erregerübertragung wie Wechseln von Einmalhandschuhen und Desinfektion der Klauenpflege-Instrumente nach Pflege eines betroffenen Tieres nicht eingehalten werden. Empfehlenswert sind zwei Klauenmessersets. So kann das Set nach der Pflege eines infizierten Tieres in eine Desinfektionslösung eingelegt und währenddessen ein neues genutzt werden.
Betriebe, die überbetrieblich tätige Klauenpfleger einsetzen, sind häufiger von Mortellaro betroffen. Das ist einerseits positiv zu betrachten, da geschulte Fachkräfte betroffene Tiere zuverlässiger erkennen; andererseits besteht eine erhöhte Gefahr der Krankheitsübetragung zwischen Betrieben, wenn die Hygieneregeln nicht eingehalten werden. Schliesslich führen das Waschen der Unterfüsse vor der Klauenpflege und die Inspektion des Zwischenballenbereichs dazu, dass frühe Krankheitsstadien besser erkannt werden.
Die Hautwunden sind für das Tier sehr schmerzhaft.
Um Mortellaro effektiv bekämpfen zu können, ist es wichtig, gleichzeitig an verschiedenen Punkten anzusetzen. Das ist mit einem zusätzlichen Arbeitsaufwand verbunden, aber erscheint im Hinblick auf die durch die Erkrankung ausgelösten Leistungseinbussen lohnenswert.
Professionelle Beratung kann die Klauengesundheit entscheidend verbessern
Im Rahmen des Projekts «Gesunde Klauen – Das Fundament für die Zukunft» wurden bislang 57 Personen in der digitalen Dokumentation der Klauenpflege an der Vetsuisse-Fakultät ausgebildet. Die professionellen Klauenpflegerinnen und Klauenpfleger konnten bisher über 1000 Betriebe für das Projekt gewinnen, deren Klauenpflegedaten anonymisiert ausgewertet werden. Neben der Verwendung der Daten für wissenschaftliche Auswertungen können die Tierhaltenden ihre Klauenpflegedaten im Portal «Klauen Net» einsehen und ihren Betrieb mit anderen Projektbetrieben vergleichen.
Auswahl Betriebe anhand des Betriebswertes
Aufgrund der erhobenen Klauengesundheitsdaten kann ein «Betriebswert Klauengesundheit» berechnet werden. Je tiefer der berechnete Wert, desto besser ist die Klauengesundheit der Herde. Betriebe mit hohen bis sehr hohen Betriebswerten werden vom Projektteam kontaktiert und erhalten einen kostenfreien Beratungsbesuch. In den darauffolgenden Jahren wird der Beratungsbesuch durch die Bestandestierärztin oder den -tierarzt wiederholt, bis sich der Betriebswert bei zwei aufeinanderfolgenden Klauenpflegen normalisiert hat. Zu den häufigsten Klauenpflegebefunden im Jahr 2020 zählen neben infektiös bedingten Klauenerkrankungen wie Ballenhornfäule (65 % aller Kühe) und Mortellaro (21 %) auch mechanisch- oder fütterungsbedingte Klauenleiden wie Weisse-Linie-Erkrankungen (18 %), Sohlenblutungen (12 %) und Sohlengeschwüre (4 %).
Besuch durch das Projektteam
Um zu Beginn einen Einblick in die Betriebsstrukturen zu erhalten, wird ein Betriebsfragebogen ausgefüllt. Anschliessend geht es direkt in den Stall. Nebst dem Blick auf die Verteilung und das Verhalten der Kühe (im Laufstall) werden Liegeboxen vermessen, das Tränke- und Fütterungsmanagement sowie die Bodenbeschaffenheit und Entmistung beurteilt. Zusätzlich werden maximal 30 Einzeltiere anhand von Sauberkeit, Liegeschwielen und Hinterbeinstellung bewertet. Auf Wunsch der Tierhaltenden können die Ration sowie die Milchleistungsdaten genauer analysiert werden. Danach gibt es ein Abschlussgespräch mit Bestandestierärztin, Klauenpfleger und Tierhaltenden. Nur eine gute Zusammenarbeit dieser Personen schafft eine Grundlage für gesunde Klauen. Alle Beteiligten erhalten einen ausführlichen Bericht über die beim Beratungsbesuch empfohlenen Massnahmen, um die Klauengesundheit auf Herdenebene zu verbessern.