Antibiotika-Verbrauch
Der Antibiotika-Verbrauch in der Kälbermast ist zu hoch. Aus diesem Grund haben sich UFA, Zoetis und Prof. Dr. Martin Kaske vom Rindergesundheitsdienst als wissenschaftlicher Beirat zusammengetan, um das Colorispotop-Projekt auszuarbeiten. Colorispotop setzt aber nicht erst auf dem Mastbetrieb an, sondern bereits der Geburtsbetrieb wird in die Pflicht genommen. Oft wird das Potenzial der Tränkekälber auf den Milchviehbetrieben nicht ausgenutzt und den Tieren nicht die nötige Aufmerksamkeit zugetragen.
Geburtsbetriebe leisten Beitrag
Doch was wurde beim Colorispotop-Projekt schon wieder anders gemacht? Auf den Geburtsbetrieben setzten die Betriebsleiter fünf Massnahmen um, die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Kälber unterstützen, damit das genetische Potenzial voll ausgenutzt werden konnte: sofortige (2 – 4 Std.) Colostrum-Versorgung (mind. 3.5 l), erhöhte und konzentriertere Tränkemenge, Einsatz des Wirkstoffpräparates UFA top-paleo, gute Eisenversorgung und nach sieben Lebendtagen eine intranasale Grippeimpfung. Das detaillierte Vorgehen auf den Geburtsbetrieben wurde in der letztjährigen Oktober-Ausgabe der UFA-Revue beschrieben.
Durch die angewendeten Massnahmen sollten Tränker anschliessend in der Mast widerstands- und leistungsfähiger sein und weniger Antibiotika benötigen. Für jedes Kalb wurde bereits auf dem Geburtsbetrieb ein Kälberpass geführt, auf dem Colostrummenge, Eisengabe, Impfung, allfällige Behandlungen und Tierdaten erfasst wurden. Der Kälberpass wurde auf den Mastbetrieben weitergeführt. Damit war die Nachverfolgbarkeit gewährleistet und bei jedem Kalb ist ersichtlich, wann es wie und wieso behandelt werden musste. Dass die Colorispotop-Aufzucht erfolgreich war, zeigten die hohen Tageszunahmen auf den Geburtsbetrieben: Die Tränker waren beim Verlassen des Geburtsbetriebs durchschnittlich 35 Tage alt und wogen 74 kg. Daraus ergaben sich Tageszunahmen von über 850 Gramm, solch hohe Tageszunahmen wurden vor Versuchsstart nicht erwartet.
9.3 Behandlungstage
Kein vorbeugender Antibiotika-Einsatz
1400 g Tageszunahmen Mast
850 g Tageszunahmen Geburtsbetrieb
225 kg Lebendgewicht am 144. Lebenstag
Vier Mastbetriebe
Der zweite Versuchsdurchlauf des Colorispotop-Projektes startete Anfangs 2016, 133 Tränker aus rund 40 Milchviehbetrieben wurden in vier Mastbetriebe aufgeteilt, die nach Coop Naturafarm-Richtlinien produzieren. Alle zwei Wochen wurde einer der vier Ställe vollständig bestossen. Beim Einstallen wurde darauf geachtet, dass der jeweilige Stall innerhalb von 24 Stunden vollständig gefüllt werden konnte (zwischen 24 und 45 Mastplätze). Alle Colorispo-top-Kälber wurde zudem separat transportiert und hatten keinen Kontakt mit «nicht»-Colorispotop-Tränkern. Durch den raschen und separaten Transport konnte das Risiko von Mischinfektionen gering gehalten werden.
Untersuchung beim Einstallen
Alle Kälber wurden spätestens einen Tag nach der Ankunft auf dem Mastbetrieb tierärztlich untersucht. Dabei wurde die Körpertemperatur gemessen, der Atmungsapparat abgehört, der Magen-Darm-Trakt überprüft, der Nabel abgetastet und das Haarkleid sowie der Allgemeinzustand beurteilt. Einzelne Tiere wurden bei Bedarf tierärztlich behandelt. Allen Kälbern wurde zudem eine Eisenund Selen-Gabe verabreicht.
In den ersten zwei Wochen der Mast wurden die Kälber intensiv betreut: Zwei bis drei Mal pro Woche wurde den Kälbern Fieber gemessen. Lag die Körpertemperatur über 39.8 °C wurde behandelt. Dazu wurde der Bestandstierarzt hinzugezogen, damit eine Diagnose gestellt und das dazu passende Medikament exakt bestimmt werden konnte. Grundsätzlich wurden nur Einzeltierbehandlungen durchgeführt. Jedoch wurde nach dem ersten Versuchsdurchlauf (Winter 2015), bei dem zu Beginn der Mast sehr viele Kälber behandelt werden mussten, auf tierärztlichen Rat hin entschieden, ein Konzept zu erstellen, bei dem Gruppenbehandlungen möglich sind, sobald mehr als 40 Prozent der Kälber unter Fieber leiden würden. Darauf musste im zweiten Versuchsdurchlauf auf einem Mastbetrieb innerhalb der ersten Mastwoche zurückgegriffen werden, da die 40 Prozent- Marke erreicht wurde. Durch ein neues Einzeltier- und Impfbehandlungskonzept auf allen Betrieben konnte für die Praxis ein taugliches Konzept erstellt werden.
UFA gibt Wissen gerne weiter und berät
Falls Sie Interesse haben, Ihre Kälber nach dem Colorispotop-Konzept aufzuziehen oder auszumästen und das genetische Potenzial der Tiere auszuschöpfen, können Sie sich bei Ihrem UFA-Berater melden. Durch das Projekt hat UFA viele Erfahrungen gesammelt, die sie gerne weitergibt.
Weitere Geburtsbetriebe sind gesucht und der UFA-Beratungsdienst unterstützt Sie gerne bei der Umsetzung der Massnahmen.
Coop Naturafarm-Kalb Coop will gesunde Tränker für die Mast
Beim Einsatz von Antibiotika gilt, so wenig wie möglich, so viel wie nötig. Ein kritischer Gesundheitszustand der Tränker führt leider oft dazu, dass beim Einstallen eine Gruppenbehandlung mit Antibiotika nötig ist. Um den Antibiotikaeinsatz auf den Mastbetrieben senken zu können, bedingt dies Massnahmen auf dem Geburtsbetrieb und beim Transport, welche die Gesundheit der Tränker positiv beeinflussen.
Aufgrund der Erfahrungen im Projekt Colorispotop (CRT) wurden Anforderungen und Empfehlungen für Coop Naturafarm Tränker (CNf-Tränker) erstellt, welche für den Geburtsbetrieb und den Transport gelten. Die Eckpfeiler sind schnelle Versorgung mit guter Biestmilch, gute Eisenversorgung, Impfung gegen Atemwegserkrankungen sowie der direkte Transport auf den Mastbetrieb. Jedoch ist auch eine intensive Betreung nach dem Einstallen auf dem Mastbetrieb wichtig. Im Colorispotop-Projekt konnte damit der Antibiotikabedarf um mehr als 50 Prozent gesenkt werden. Ziel im CNf-Tränker-Projekt ist es, 2017 rund 2000 Kälber nach den Projektbedingungen zu produzieren, um realistische Alltagsergebnisse zu erhalten. In dieser Phase werden die Mehrkosten für die Tränker den Mastbetrieben über einen Zuschlag auf dem Schlachttier vergütet. Bei gutem Verlauf werden die Anforderungen in zwei bis drei Jahren standardmässig in die Coop Naturafarm Richtlinie aufgenommen.
Adrian Iten, Projektleiter Tierwohl Coop
Es werden weitere Geburtsbetriebe gesucht, welche ihre Kälber nach den CNf-Vorgaben aufziehen. Bei Interesse, melden Sie sich bei Adrian Iten, Projektleiter Tierwohl Coop, adrian.iten@coop.ch, 061 336 67 16, oder bei einem der CNf-Vermittler (Anicom, Arnold Viehhandel, ASF, Erwin Bühlmann (Ballwil), Gefu Swisskalb).
Ziel erreicht?
Doch wie sah es am Ende der Colo-rispotop-Mast aus? Konnte der Anti-biotika-Verbrauch reduziert werden? Die Antwort ist ganz klar ja. In herkömmlichen Kälbermast-Umtrieben werden in der Regel drei Gruppenbehandlungen à sechs bis acht Tagen mit Arzneimitteln durchgeführt. Dadurch ergeben sich pro Kalb und Umtrieb zwischen 20 und 30 Behandlungstage. Bei der Colorispotop-Mast wurden die Kälber durchschnittlich während 9.3 Tagen behandelt. Damit konnte der Antibiotika-Verbrauch um mehr als 50 Prozent gesenkt werden! Damit war das Projekt Colorispotop äusserst erfolgreich und es konnte aufgezeigt werden, dass der Antibiotika-Verbrauch in der Kälbermast durch gutes Management auf dem Geburts- und Mastbetrieb deutlich gesenkt werden kann.
Aber nicht nur der Antibiotika-Verbrauch war zufriedenstellend, sondern auch die Mastleistung der Colo-rispotop-Kälber: zwei Drittel der Mastkälber erreichte eine Fleischigkeit von T oder besser. Bei der Schlachtung waren die Kälber durchschnittlich knapp 144 Tage alt (davon 109 Tage in der Mast) und wogen 225 kg. Bei einem Einstallgewicht von 74 kg ergibt sich daraus eine Tageszunahme von 1400 Gramm auf dem Mastbetrieb.
Das Hauptziel war, ein praxisbezogenes Projekt auf die Beine zu stellen, mit welchem die Tiergesundheit verbessert und der Antibiotika-Verbrauch gesenkt werden konnte. Durch jede weitere Einstallung von Mastkälbern können neue Erfahrungen gesammelt werden und die Leistungen werden punkto Schlachtqualität immer besser.
Aufgrund der guten Ergebnisse hat sich der Grossverteiler Coop dazu entschieden das Projekt Colorispotop unter dem Label Coop Naturafarm weiterzuführen. Im Kasten finden Sie mehr Informationen.
AutorenAlfred Erni, Leiter UFA-Kälbermast, 9501 Wil, www.ufa.ch Dr. Andreas Tschuor, Zoetis Schweiz, 8052 Zürich