Die Forderung nach Reduktion des Antibiotikaeinsatzes in der Schweinehaltung wird uns künftig noch mehr beschäftigen. Zur Verbesserung der Tiergesundheit, aber auch für Optimierungen in Haltung, Fütterung, Management und Biosicherheit wird dabei die gezielte Überwachung unserer Schweinebetriebe in Form von tierärztlicher Bestandsbetreuung immer wichtiger. Bei der Tiergesundheit muss sich der Fokus auf den vorbeugenden Einsatz von Impfstoffen richten, der routinemässige Einsatz von antibiotischen Wirkstoffen, egal ob als Prophylaxe oder als Therapie, muss vermieden werden. Krankmachende Keime finden sich in jedem Stall, entscheidend ist, ob die körpereigene Abwehr dem Druck standhält.
Was bei jeder Impfung unbedingt beachtet werden muss
Richtige Impftechnik: Je nach Impfstoff muss dieser subkutan (unter die Haut), intradermal (in die Haut), intramuskulär (in den Muskel) oder oral (ins Maul) verabreicht werden. Eine Impfung ins Fettgewebe ist unbedingt zu vermeiden. Verwenden Sie bei jeder Altersklasse Kanülen entsprechender Länge. Beachten Sie die Angaben des Herstellers und Ihres Tierarztes.
Passender Impfzeitpunkt: Die Bildung von Antikörpern benötigt je nach Impfstoff einige Tage oder Wochen. Abhängig vom Krankheitserreger muss der Impfzeitpunkt entsprechend terminiert werden.
Richtiger Impfabstand: Bei den meisten Impfungen ist eine Grund immunisierung, also zwei Impfungen in einem genau definierten Abstand nötig. Erst nach der zweiten Impfung wird eine belastbare Abwehr ausgebildet. Regelmässige Wiederholungsimpfungen in definierten Abständen sind nötig, um den Impfschutz aufrechtzuerhalten.
Nur gesunde Tiere impfen: Kranke Tiere dürfen nicht geimpft werden, da jede Impfung eine zusätzliche Belastung für das Immunsystem darstellt. Einen effizienten Schutz können nur gesunde Tiere aufbauen.
Richtige Lagerung des Impfstoffs: Impfstoffe müssen immer im Kühlschrank gelagert werden. Kontrollieren Sie unbedingt die Temperatur im Kühlschrank! Die Aufbrauchfristen nach Herstellerangaben sind zu beachten. Impfversager bis hin zu plötzlichen Todesfällen bei falscher Lagerung sind keine Seltenheit.
Nur saubere Instrumente verwenden: Mit verschmutzten Spritzen und Nadeln werden auch Krankheitserreger übertragen. Nicht selten kommt es zu Abszessen an der Einstichstelle, durch Fremdstoffe wird der Impfstoff ganz oder teilweise inaktiviert.
Mutterschutzimpfung
Bei den meisten Impfungen versuchen wir direkt die Tiere zu schützen, die wir impfen (aktive Immunisierung). Jedoch dauert der Aufbau dieses Schutzmechanismus je nach Impfstoff einige Wochen. Neugeborene Ferkel sind deshalb darauf angewiesen, dass sie mit der ersten Muttermilch (Kolostrum) Antikörper gegen Krankheitserreger aufnehmen, damit sie geschützt sind (passive Immunisierung). Wenn Muttersauen vor der Geburt gezielt gegen im Bestand vorhandene Krankheitserreger geimpft werden, produzieren die Sauen mehr Antikörper und geben diese über das Kolostrum den Ferkeln weiter, damit diese so vor Erkrankungen in den ersten Lebenswochen geschützt sind. Eigentlich ist diese Art von Impfung eine Aufwertung des Kolostrums. Dem Ferkel werden mehr und gezielter Antikörper übers Kolostrum weitergegeben. Eingesetzt wird die Mutterschutzimpfung gegen verschiedene Erreger, welche Erkrankungen bei den neugeborenen Ferkeln verursachen können. Beim Ferkel sind das vor allem Erreger des Neugebore-nen-Durchfalls, meistens E. coli und Clostridien Typ C und Typ A, aber auch Infektionen mit Streptokokken.
- Coli-Keime finden wir in jedem Darm, entscheidend für das Auftreten von Durchfall sind sogenannte Virulenzgene, welche den Erreger am Darm anheften lassen (Fimbrienantigene) oder Toxine bilden. Gegen die häufigsten Virulenzgene gibt es kommerzielle Impfstoffe, notfalls kann mit bestandsspezifischen Impfstoffen ausgeholfen werden.
- Bei Clostridien-Infektionen sind ebenfalls Toxine für den Durchfall verantwortlich. Typ C äussert sich in blutigem, unstillbarem Durchfall mit einer hohen Sterblichkeit, Typ A äussert sich in Symptomen, welche einer Infektion mit E. coli ähnlich sind. Gegen Infektionen mit Clostridien sind je nach Typ verschiedene Impfstoffe erhältlich.
- Oft werden auch virale Infektionen, vor allem Rota-Viren für Ferkeldurchfall verantwortlich gemacht. Nach gezielter Diagnostik steht hier die bestandsspezifische Immunisierung im Vordergrund. Kommerzielle Impfstoffe sind nicht erhältlich.
- Steptokokken-Infektionen äussern sich beim Ferkel in Gelenksentzündungen, oft aber auch in plötzlichen Todesfällen durch Blutvergiftungen. Mit bestandsspezifischen Impfstoffen gegen die vorhandenen Typen von Streptococcus suis kann der Schutz verbessert werden.
Ferkelimpfung
Abwehrstoffe, die das Ferkel über die Milch von der Mutter bekommt (maternale Antikörper) verlieren ihre Wirkung einige Wochen nach der Geburt. Gegen später auftretende Krankheiten müssen Ferkel geimpft werden. Hohen wirtschaftlichen Schaden richten dabei vor allem Infektionen mit Circoviren (PCV2) und Lawsonien (L. intracellularis) an.
- Infektionen mit Circoviren äussern sich in Kümmern, Fieber, Durchfall, vereinzelt auch in Hautveränderungen, vor allem bei Absetzern und in der Mast. Die Impfung der Saugferkel gegen PCV2 in der dritten Lebenswoche hat sich bewährt. Es stehen verschiedene Impfstoffe zur Verfügung, welche dem Ferkel per Injektion verabreicht werden.
- Lawsonien verursachen bei Absetzern und in der Mast oft chronischen Durchfall und Kümmern. Eine oral zu verabreichende Schluckvakzine, die meist zum gleichen Zeitpunkt wie die Cir-co-Impfung gegeben wird, bietet Schutz gegen diesen Erreger.
Gezielte Diagnostik ist wichtig
Wirken kann jede Impfung aber nur, wenn sie gezielten Schutz gegen die im Bestand vorhandenen Krankheitserreger bringt. Ob die Erreger über die Probenentnahme am lebenden Tier oder bei der Sektion von toten Tieren isoliert werden sollen, muss der Bestandstierarzt von Fall zu Fall entscheiden. Wichtig ist dabei, dass typisch erkrankte Tiere beprobt werden und nicht chronisch erkrankte Kümmerer. Je mehr Tiere untersucht werden, desto höher ist die Sicherheit, den richtigen Erreger nachzuweisen. Oft setzen sich mit der Zeit noch andere Erreger durch und eine wiederholte Beprobung kann nötig sein.
Erwartungen an eine Impfung
Von keiner Impfung kann man einen vollständigen Schutz vor einer Ansteckung erwarten. Ziel ist, die Auswirkungen der Infektion in Grenzen zu halten. In den meisten Fällen kann durch gezielte Impfung das Auftreten einer Krankheit verhindert und somit eine massive Verbesserung der Leistungsdaten erreicht werden. Die Impfung führt ausserdem zu einer deutlichen Verringerung der Erregerausscheidung. Damit wird der Infektionsdruck im Betrieb entscheidend gesenkt.