Tierschutz im Vergleich
Pouletfleisch ist bei Schweizer Konsumenten sehr beliebt. Im Jahr 2016 stammten 57 Prozent des Pouletfleisches aus der Schweiz. Das wichtigste Herkunftsland der Importe ist mit Abstand Brasilien, gefolgt von Deutschland, Frankreich und Ungarn.
Produktion expandiert
Schweizer und Schweizerinnen haben im Jahr 2016 durchschnittlich 12.04 kg verkaufsfertiges Geflügelfleisch konsumiert (entspricht 18.8 kg Schlachtgewicht) . Dies sind zwar 0.6 Prozent weniger als im Jahr 2015, aber im Vergleich zum Jahr 2000 eine Steigerung von über drei Kilogramm. Geflügelfleisch ist nach Schweinefleisch das beliebteste Fleisch in der Schweiz.
Aufgrund der hohen Nachfrage nach Schweizer Pouletfleisch konnten die Tierbestände kontinuierlich gesteigert werden. Nachdem im Jahr 2000 der Mastpoulet-Bestand bei 3.8 Mio. Tieren lag, erreichte er im vergangenen Jahr knapp 6.9 Mio. Tiere – das entspricht einer Steigerung von 80 Prozent. Der Inlandanteil ist im selben Zeitraum von 42.8 Prozent auf 57 Prozent angestiegen.
Auch in Deutschland sieht die Statistik ähnlich aus: Der Geflügelbestand hat in den letzten Jahren stark zugenommen, aber im Gegensatz zur Schweiz hat er in den letzten zwei Jahren stagniert. Der Verzehr der deutschen Konsumenten lag 2016 bei 20.9 kg Schlachtgewicht, und damit leicht über dem Schweizer Konsum. Der Selbstversorgungsgrad an Geflügelfleisch liegt in Deutschland bei knapp 134 Prozent.
Weitere Informationen zur globalen Situation sind im Kasten ersichtlich.
Blick ins fernere Ausland
Aus Brasilien kommen die grössten Mengen an Pouletfleisch in die Schweiz. Weltweit ist Brasilien der drittgrösste Pouletfleischproduzent. Es gibt nur sehr oberflächliche Angaben zu Tierschutzvorschriften, die nicht tierspezifisch sind. Obwohl damit keine Vorschriften zur Belegdichte vorliegen, werden die EU-Richtlinien betreffend der Belegdichte oft erfüllt, da das Klima in Brasilien keine höheren Tierdichten zulässt. Antibiotika als Wachstumsförderer und GVO-Futter sind erlaubt und werden eingesetzt.
Die USA ist der grösste Geflügelfleischproduzent der Welt. Auch hier gibt es keine Rechtsvorschriften, die die Haltung von Geflügel regeln. Da jedoch stark vertikal integriert wird, haben sich die Richtlinien des National Chicken Council (NCC) durchgesetzt. Diese sind zwar sehr detailliert, kommen aber bei weitem nicht an Schweizer Standards heran. Wachstumsförderer und GVO-Futter sind auch in den USA an der Tagesordnung. Weiter etwas speziell ist, dass die Tiere nach dem Schlachten mit einem Chlorbad behandelt werden, damit Keime (Salmonellen und Campylobacter) auf der Haut abgetötet werden.
Weltweit hat die Geflügelproduktion in den Jahren 2004 bis 2013 extrem zugenommen (+ 42 %). Die grösste Produktionssteigerung erbrachten China, Brasilien, Indien und Russland. China ist derzeit zweitgrösster Produzent und einer der grössten Importeure von Geflügelfleisch. Durch die wachsende Bevölkerung und den zunehmenden Lebensstandard wächst der Bedarf rasant an und kann nicht selbst gedeckt werden.
Quelle: Geflügelwirtschaft weltweit – Deutschland im internationalen Vergleich; Eine Analyse der Erzeugungsstandards
Bodenhaltung vorherrschend
Weltweit werden Mastpoulets meist in Bodenhaltung gemästet. Zwischen der Schweiz und dem Ausland macht damit nicht die Haltungsform, sondern die Besatzdichte den Unterschied. In der Schweiz dürfen maximal 30 Kilogramm Lebendgewicht pro Quadratmeter gehalten werden. In Deutschland sind es 39 kg/m 2 und in der EU geht die maximale Besatzdichte gar auf 42 kg/m 2 . Zudem ist in der Schweiz natürliches Tageslicht in den Ställen vorgeschrieben, in Deutschland und der EU ist eine Stallhaltung unter Kunstlicht gerade in älteren Ställen nach wie vor vorherrschend. In der Schweiz regelt die Höchstbestandsverordnung die maximalen Bestandsgrössen pro Betrieb: • 27 000 Mastpoulets bis zum 28. Masttag, • 24 000 Mastpoulets vom 29. bis zum 35. Masttag, • 21 000 Mastpoulets vom 36. bis zum 42. Masttag • oder 18 000 Mastpoulets ab dem 43. Masttag
In Deutschland und in den EU-Richtlinien gibt es keine solchen Einschränkungen.
Im Bereich der Fütterung ist speziell zu erwähnen, dass in der Schweiz (in der gesamten Tierhaltung) keine gentechnisch veränderten Futtermittel eingesetzt werden. Im Ausland sind gentechnisch veränderte Futtermittel Standard und nur unter wenigen Labels werden GVO-freie Lebensmittel produziert. In der Schweiz stammt zudem dank dem Engagement der gesamten Branche im Soja Netzwerk Schweiz mittlerweile fast 100 Prozent der importierten Soja zu Fütterungszwecken aus verantwortungsvoller Produktion.
Micarna setzt auf Schweizer Produktion
Die Micarna rechnet auch künftig mit einer wachsenden Nachfrage nach Schweizer Pouletprodukten. Dabei liegen die grössten Herausforderung darin, einerseits genügend Geflügelmäster und Produktionsflächen zu finden, anderseits aber auch alle Elemente entlang der Wertschöpfungskette, von den Elterntierparks, über die Brüterei bis zum Schlacht- und Verarbeitungsbetrieb auf grössere Produktionsmengen auszurichten. Dabei setzen wir als Unternehmen ganz auf den Standort Schweiz und möchten den im Inland produzierten Anteil am Geflügel künftig noch erhöhen.
Micarna SA
Sehr grosser Anteil mit BTS
Beim Schweizer Mastgeflügel ist das Tierwohlprogramm BTS sehr stark vertreten: Mehr als 94 Prozent der Mastpoulets profitieren von verbesserten Haltungsbedingungen. Im BTS-Programm steht den Mastpoulets ein Auslauf an die frische Luft in einem Aussenklimabereich (Wintergarten) zur Verfügung.
Die Tiere haben dadurch noch einmal 20 Prozent mehr eingestreute Fläche zur Verfügung. Der Wintergarten muss ab dem 21. Lebenstag für die Mastpoulets verfügbar sein. Im Stallinnern müssen zudem erhöhte Sitzgelegenheiten spätestens ab dem zehnten Lebenstag zur Verfügung stehen. Die Mastdauer muss mindestens 30 Tage betragen.
Was bei den Mastpoulets weniger verbreitet ist, ist die Haltung nach dem RAUS-Programm (6.5 %), bei dem die Tiere zusätzlich einen täglichen Zugang zu einer Weide haben (ab dem 21. Lebenstag). Die Mastdauer im RAUS-Programm muss mindestens 56 Tage betragen. Hier werden deshalb langsam wachsende Hybriden verwendet, die als Frei-land- oder Biopoulets in einem höheren Preissegment vermarktet werden.
Fazit
Die Schweiz hat auch im Bereich der Mastpoulethaltung strenge und detaillierte Vorschriften, die das Tierwohl sichern (Tabelle). Zusätzlich zu den Anforderungen der Schweizer Tierschutzgesetzgebung geniessen 94 Prozent der Mastpoulets die Vorteile des Tierwohlprogramm BTS, bei dem sie zusätzlich einen Aussenklimabereich, mehr natürliches Licht und erhöhte Sitzgelegenheiten zur Verfügung haben. Zudem gestaltet sich die Fütterung im Gegensatz zum Ausland GVO-frei und die Soja stammt aus verantwortungsvollem Anbau.
Deutschland hat ebenfalls detaillierte Vorgaben im Bereich des Tierschutzes, jedoch ist die Belegdichte deutlich höher. Anforderungen an das Stallklima und Beleuchtung sind zwar in Deutschland teils detaillierter geregelt als in der Schweiz, ältere deutsche Ställe verfügen aber oft nicht über Tageslicht. Voraussichtlich wird durch Tierwohlprogramme wie die «Initiative Tierwohl» und dem Tierschutzlabel «Für mehr Tierschutz» einem Teil der Mastpoulets mehr Platz oder Beschäftigungsmaterial zur Verfügung stehen.
Die EU-Vorschriften hingegen sind deutlich allgemeiner formuliert und die Belegdichte ist noch einmal höher als in Deutschland.
AutorinSandra Frei, UFA-Revue, 3360 Herzogenbuchsee