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Nutztiere

Es braucht Vertrauen und Geduld

Stuten zu melken ist in der Schweiz eine Nische. Der Grund, dass sich doch einzelne Betriebe diesem Produktionszweig angenommen haben, ist die positive Wirkung der Stutenmilch auf die Gesundheit vom Mensch. Beim Stuten Melken gibt es jedoch grosse Unterschiede zum Melken von Kühen.

Tamara Wülser hält auf ihrem Hof in Uebeschi sechs Ardenner-Stuten mit ihren Fohlen.

Tamara Wülser hält auf ihrem Hof in Uebeschi sechs Ardenner-Stuten mit ihren Fohlen.

(Bild: zvg)

Publiziert am

Redaktorin, UFA-Revue

Dass Zuchtstuten vom Menschen gemolken werden, hört man selten. Und doch gibt es Betriebe, die sich mit Stutenmilch einen Absatzkanal geschaffen haben. Der Stutenmilch wird eine heilende Wirkung zugeschrieben, insbeson dere bei Darm- oder Hauterkrankungen.

Learning by Doing

Tamara Wülser ist seit rund einem Jahr Stutenmilchproduzentin. Mit sechs Stuten produziert sie in Uebeschi bei Thun Stutenmilch und verkauft das daraus gewonnene Produkt – in Form von Kapseln – direkt online. Auf die Idee kam sie, da sie sich in ihrer Abschlussarbeit in der Ausbildung zur Agronomin mit diesem Thema beschäftigte.

So selten Stutenmilchproduzenten in der Schweiz anzutreffen sind, so rar sind auch die Experten. Wülser musste sich den grössten Teil ihres Wissens selber mit «learning by Doing» aneignen. Stuten zu melken, ist kaum vergleichbar mit dem Melken von Kühen. Auch wenn eine Stute pro Tag rund 25 Liter Milch produziert – ermolken werden nur etwa ein bis zwei Liter, der Rest wird dem Fohlen übrig gelassen.

Damit das Fohlen zu Beginn genügend Milch zur Verfügung hat, beginnt Wülser erst nach etwa zwei Monaten mit Melken, sobald die Fohlen auch festes Futter zu sich nehmen. Das Fassungsvermögen von einem Pferdeeuter ist sehr klein und meist behält die Stute noch eine Restmenge zurück. Damit das Euter nicht leer ist, werden die Fohlen vor dem Melkgang für eine gewisse Zeit von den Stuten abgetrennt.

Beim Melken müssen die Fohlen dabei sein. «Passt den Stuten etwas nicht, so geben sie die Milch nicht. Es benötigt viel Ruhe und vor allem muss man das Vertrauen des Tieres gewinnen», erklärt Wülser.

Nicht zu viel Milch entnehmen

Bei Tamara Wülser auf dem Stockhornhof leben insgesamt sechs Ar-denner-Stuten. Es waren Zuchtstuten, gemolken wurden sie aber vorher noch nie. Die Kaltblüter bringe man kaum aus der Ruhe, deshalb sei das Gewöhnen an das Melkaggregat, das ein abgeändertes Ziegen-Aggregat ist, nicht so schwierig gewesen. Berichten aus dem Ausland zufolge werden die Stuten dort bis zu vier Mal täglich gemolken. Dies widerspricht aber den beiden Schweizer Beispielen. Bei so vielen Melkgängen wird das Fohlen dementsprechend länger weggesperrt und leidet allenfalls darunter.

Fair Horse Label

Zum Wohle der Stute und des Fohlens verläuft auch die Produktion auf dem Betrieb von Albert und Manuela Kuster in Schönholzerswilen. Dort wird seit drei Jahren Stutenmilch für «Karoka Wellness» produziert, welche aus der Milch Kosmetikprodukte, unter anderem für Problemhaut, herstellt. Um sicherzustellen, dass immer das Wohl der Stuten und Fohlen im Vordergrund steht, wurde das Fair Horse Label kreiert, nach dessen Bedingungen die Familie Kuster die Stuten hält. Beispielsweise darf die Stute erst wenn das Fohlen drei Monate alt ist, gemolken werden; vor dem Melkgang (nur ein Melkgang pro Tag) darf das Fohlen maximal drei Stunden weggesperrt werden und die Pferde müssen regelmässig und ausgiebig Auslauf ins Freie haben.

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Die Freiberger-Stuten auf dem Betrieb Kuster werden nur einmal am Tag gemolken, um den Fohlen genügend Milch übrig zu lassen.

(Bild: zvg)

Die Pferde auf dem Betrieb Kuster sind Freiberger. Das Gewöhnen an das Melken sei kein Problem gewesen. «Wir arbeiten viel mit unseren Pferden und diese sind daher vertraut mit dem Umgang. Wichtig ist viel Ruhe und dass sie während dem Melken nicht gestört werden», erzählt Albert Kuster. Die Fohlen kommen drei Stunden vor dem Melken gemeinsam in den Laufhof. Beim Melken haben die Stuten Sichtkontakt zu den Fohlen. Nach diesen drei Stunden kann man rund ein bis 1,5 Liter Milch melken. Danach kommt die Stute wieder mit dem Fohlen zusammen in die Box.

Wirkung der Stutenmilch

Stutenmilch wird in gewissen Regionen der Welt schon seit langer Zeit in der menschlichen Ernährung angewendet. Das Vergärungsprodukt «Kumyss» wurde in Zentralasien und der ehemaligen Sowjetunion als Nahrungsmittel, aber auch als Heilmittel eingesetzt. Stutenmilch ist der menschlichen Muttermilch sehr ähnlich, weshalb sie auch für Säuglinge gebraucht werden kann. Im Vergleich zur Kuhmilch enthält Stutenmilch weniger allergieauslösende Eiweisse.

Produkte aus Stutenmilch werden oft bei Haut- und Darmerkrankungen eingenommen Durch die Eiweisse in der Stutenmilch wird der Stoffwechsel der Haut entlastet, wodurch diese mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann. Da ein grosser Teil der Bestandteile, die die Haut für die Erneuerung der Zellen benötigt, in der Milch enthalten ist, kann sich die Haut regenerieren.

Bei entzündlichen Darmerkrankungen soll die Stutenmilch bei Einnahme als Kur eine heilende und langanhaltende Wirkung haben. Nebst den äusserlichen Einflüssen, aktiviert Stutenmilch nämlich die Milchsäuregärung im Darm und normalisiert gestörte Verdauungsvorgänge. Zudem wird auch das Immunsystem stimuliert durch spezielle Eiweisse und Milchzucker.

Fütterung

Die Kaltblütler von Tamara Wülser seien relativ leichtfuttrig und werden nebst dem Weidefutter nur mit Heu und Mineralstoffen versorgt. Albert Kuster füttert seinen Freibergerstuten nebst dem Weidefutter, Graswürfel und während dem Melken wird ein Ergänzungsfutter verabreicht. Gemäss Hypona-Spezialist Simon Lepori müsse die Ration der Zuchtpferde je nachdem ergänzt werden, besonders während den ersten Lebensmonaten des Fohlens, da eine laktierende Stute Höchstleistungen erbringt.

Dies komme aber auch sehr auf die Menge und Qualität des Weidefutters sowie die Heuqualität an. «Bei zu wenig Weidegang oder ungenügender Futterqualität ist eine Ergänzung mit einem Zuchtfutter mit erhöhtem Proteingehalt zwingend», so der Pferdespezialist. Wenig Weide sei in der Zucht sowieso nicht zu empfehlen, denn Bewegung ist das A und O für die Stute sowie für das Fohlen. Ist die Stute gesund und hat das Raufutter gute Qualität, so braucht das Fohlen nicht zwingend eine Ergänzung. Wenn dies aber nicht der Fall ist, oder wenn das Fohlen mager ist, müsse es auch vom Zuchtfutter fressen können und dann am besten in einer separaten Fohlenkrippe, dass es auch sicher genug davon erhält.

Bedarfsgerechte Stuten- und Fohlenfütterung

Während der Trächtigkeit und nach dem Abfohlen sind die Bedürfnisse der Stute erhöht. Ebenso diejenigen des neugeborenen Fohlens. Um diese Bedürfnisse zu decken, sollte unbedingt ein konzentriertes Ergänzungsfutter eingesetzt werden. Ab dem 8. Trächtigkeitsmonat wächst der Fötus im Mutterleib stark und ist damit nicht nur auf eine entsprechende Nährstoffversorgung angewiesen, sondern beansprucht auch mehr Platz. Das Fressvermögen der Stute reduziert sich, wodurch die Nährstoffversorgung mit einem konzentrierten Ergänzungsfutter sichergestellt werden muss. Mit Hypona-Zucht werden alle wertvollen Nährstoffe in einem Ergänzungsfutter vereint. Der Fötus kann sich optimal entwickeln, die Stute das Milchleistungspotenzial voll ausschöpfen und das Absetzfohlen wird in der Entwicklung nicht gebremst. Zusätzlich sorgen Lebendhefen bei Stute und Fohlen für ein stabiles Darmmilieu.

Stutenmilchprodukte

Die Milch vom Stockhornhof wird in einem Labor gefriergetrocknet. Dadurch wird die Milch haltbar gemacht, indem bei etwa minus 40 Grad das Wasser entzogen wird. Daraus entsteht ein Pulver, das bei Zimmertemperatur über längere Zeit lagerfähig ist. Aus dem Pulver werden Kapseln hergestellt, die auf dem Stockhornhof grösstenteils via Online-Shop verkauft werden.

Der grösste Teil der Milch vom Betrieb Kuster wird eingefroren und geht an Karoka Wellness. Kusters verkaufen aber auch Frischmilch, direkt ab Hof. Beispielsweise sind es Eltern, die für ihre Kinder, welche Kuhmilch nicht vertragen, Stutenmilch kaufen – oder Personen, die krebskrank sind oder Magenprobleme haben.

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