Stickstoff spielt in der Landwirtschaft eine essenzielle Rolle. In wasserlöslichen Formen wie Nitrat, Ammonium und Harnstoff hilft Stickstoff massgeblich dabei, Pflanzenerträge zu verbessern. Gelangt Stickstoff jedoch in Form von Ammoniak oder Lachgas in die Umwelt, hat dies negative Auswirkungen. Ammoniak beispielsweise stört das Gleichgewicht in sensiblen Ökosystemen wie Mooren oder Wäldern, da er diese mit unerwünschten Nährstoffen versorgt. In der Schweiz stammt der grösste Teil dieser umweltrelevanten Stickstoffemissionen aus der Landwirtschaft. Vor allem die Milch- und Mastviehhaltung generiert hohe Mengen an Stickstoffverlusten in Form von Ammoniak. Eine einzelne Milchkuh mit einer durchschnittlichen Jahresleistung von 7500 kg scheidet im Jahr beispielsweise rund 112 kg Stickstoff aus. Ein grosser Teil davon wird als Harnstoff im Harn ausgeschieden. Dieser Harnstoff wird durch Mikroorganismen in Gülle und Boden abgebaut und Ammoniak wird freigesetzt.
Stickstoffverluste
Um die agrarökologischen Ziele des Bundes zur Senkung der Stickstoffverluste zu erreichen, bedarf es Massnahmen auf allen Ebenen in der Tierproduktion. Neben dem Hofdüngermanagement und den Haltungssystemen hat die Fütterung der Tiere erheblichen Einfluss auf die Stickstoffemissionen. Mit Massnahmen in der Fütterung ist es möglich, bereits zu Beginn der Produktionskette Einfluss auf die Menge an Stickstoffausscheidungen zu nehmen. Weniger Protein im Futter bedeutet weniger Stickstoff in den Ausscheidungen und somit ein geringeres Potenzial für Stickstoffverluste. In der Geflügel- und Schweinefütterung wird die proteinreduzierte Fütterung durch den Einsatz von stickstoff- und phosphorreduziertem (NPr) Futter bereits seit Jahren verfolgt. Je nach Mastphase wird der Proteingehalt im Futter dem Bedarf der Tiere angepasst, wodurch die Proteinmenge im Mastfutter generell reduziert wird. Gleichzeitig wird durch die Ergänzung mit synthetischen Aminosäuren wie zum Beispiel Lysin sichergestellt, dass der Bedarf der Tiere trotz tieferem Proteingehalt gedeckt und das Leistungspotenzial ausgeschöpft wird.
Eine proteinoptimierte Fütterung kann gemäss verschiedenen Studien auch in der Rindviehhaltung die Stickstoffemissionen senken. Aufgrund des Vormagensystems und des komplexeren Proteinstoffwechsels beim Wiederkäuer ist die Berechnung von Zufuhr und Bedarf an Aminosäuren jedoch nicht ohne Schätzungen und Annahmen möglich. Eine Proteinreduktion in Wiederkäuerrationen gestaltet sich dadurch um einiges anspruchsvoller als bei Schweinen und Geflügel. Zudem müssen die Aminosäuren für die Ergänzung pansengeschützt sein, da sonst deren Wirkung ausbleibt.
UFA-Aminobalance
Auf vielen Betrieben mit hohen Milchleistungen können die Kühe während der Startphase den Bedarf an mikrobiellem Protein und den daraus gebildeten Aminosäuren nicht genügend decken. Die erstlimitierenden Aminosäuren sind Methionin und Lysin.
Die Spezialität UFA-Aminobalance dient dazu, Defizite an Lysin und Methionin in Milchviehrationen auszugleichen, ohne den Proteingehalt der Ration bedeutend zu erhöhen. Die Aminosäuren sind vor dem Abbau durch die Mikroorganismen im Pansen geschützt und sind im Dünndarm verfügbar. Um mehr Milch zu produzieren, muss somit nicht zwingend mehr Protein eingesetzt werden – das heisst, die Proteineffizienz wird verbessert. Dadurch wird weniger Harnstoff produziert, was die Leber und den Stoffwechsel entlastet.
Der Versuch im Überblick
Im Rahmen eines Pilotversuches wurden auf den Landwirtschaftsbetrieben Rütti und Wallierhof während zweier Winterfütterungsperioden die Auswirkungen einer proteinreduzierten Fütterung, ergänzt mit pansengeschützten Aminosäuren, untersucht. Die Milchviehherden auf beiden Betrieben wurden halbiert und in die zwei Gruppen «Versuch» und «Kontrolle» eingeteilt. Nach vier Wochen Versuch wurden die Gruppen gewechselt und es folgte eine zweite Versuchsperiode. Die Grundration war bei den Versuchs- und den Kontrollgruppen jeweils identisch. In der Versuchsgruppe wurde der Rohproteingehalt in der Ration um 10 g / kg Trockensubstanz (TS) gesenkt (siehe Tabelle). Dazu wurde die Menge an Proteinkonzentrat um rund 1 kg pro Kuh und Tag reduziert. Damit die Kraftfuttermenge in beiden Gruppen gleich blieb, wurde das weggefallene Proteinkonzentrat durch Leistungsfutter ersetzt. Zudem wurde die Ration in der Versuchsgruppe mit dem Produkt UFA-Aminobalance ergänzt, welches die beiden pansengeschützten Aminosäuren Lysin und Methionin enthält (siehe Kasten). So wurde sichergestellt, dass die Mengen der verdaulichen Aminosäuren Lysin und Methionin in den Rationen beider Gruppen gleich hoch waren.
Mit dem Milchharnstoffgehalt können die Ammoniakemissionen geschätzt werden.
Harnstoffgehalt in der Milch
Im Versuch liessen sich keine signifikanten Unterschiede der Milchleistung und der Milchinhaltsstoffe Fett und Eiweiss feststellen. Was sich aber deutlich zeigte, war die Reduktion der Harnstoffgehalte in den Milchproben der Versuchsgruppen (siehe Tabelle). Durch die Anpassung der Ration reduzierte sich der Harnstoffgehalt um knapp 4 mg / dl Milch. Der Milchharnstoffgehalt dient als Indikator für das Verhältnis von Protein- und Energieversorgung im Pansen des Tieres. Ist die Ration ausgeglichen, kann der Ab- und Umbau der Nährstoffe im Verdauungssystem optimal ablaufen. Bei einer Proteinüberversorgung wird der überschüssige Stickstoff aus dem Proteinabbau im Pansen zu Ammoniak und anschliessend zu Harnstoff umgewandelt. Dieser Harnstoff wird hauptsächlich über den Urin ausgeschieden, findet sich aber auch zu einem Teil als erhöhter Harnstoffgehalt in der Milch wieder. Da die Harnstoffgehalte in Milch und Urin stark korrelieren, kann mit dem Milchharnstoffgehalt auch die Harnstoffmenge im Urin geschätzt werden und damit indirekt die Ammoniakemissionen. Pro 1 mg / dl wird von einer Veränderung der Ammoniakemissionen um 2,5 Prozent ausgegangen. Die in diesem Versuch erzielte Reduktion des Harnstoffgehalts von knapp 4 mg / dl entspricht demzufolge einer Abnahme der Ammoniakemissionen um rund zehn Prozent.
Potenzial zur Ammoniakreduktion
Der Ansatz der proteinreduzierten Fütterung mit Ergänzung durch synthetische Aminosäuren hat also in der Milchviehfütterung durchaus Potenzial. Um den Aminosäurebedarf optimal abzudecken und Leistungseinbussen zu vermeiden, empfiehlt sich zukünftig, die Ergänzung mit weiteren pansengeschützten Aminosäuren zu untersuchen. Der Effekt auf die Umweltbelastung in Form von Ammoniak ist aber eindeutig. Das Absenken des Rohprotein gehaltes in der Ration sparte fast zehn Prozent der Stickstoffausscheidungen ein, was wiederum die Ammoniakemissionen um fast zehn Prozent reduzierte. Optimierungspotenzial im Hinblick auf die Emissionen besteht auch in anderen Bereichen der Produktionskette in der Milchviehhaltung. Das Stallungssystem sowie Lagerung, Aufbereitung und Ausbringung von Hofdünger sind für die Menge an Ammoniakemissionen ebenfalls zentral. Die Reduktion des Stickstoffinputs zu Beginn der Produktionskette in Kombination mit gezielten Massnahmen in den weiteren Bereichen entlang der Hofdüngerkette bildet ein erhebliches Potenzial, die Stickstoffverluste und die damit verbundene Umweltbelastung der Milchproduktion zu senken.