In der Nähe der Zuckerfabrik Aarberg (BE) liegen die Flächen von Meisterlandwirt Peter Widmer. Doch Zuckerrüben wachsen auf seinen Flächen schon eine Weile nicht mehr. Stattdessen findet sich auf zwei Hektaren ein anderes gefragtes Gut: Eiweisserbsen für die menschliche Ernährung. Diese proteinreiche Leguminose ist besonders für die Weiterverarbeitung zu Fleischalternativen sehr gesucht. Peter Widmer betritt für sich mit dem Anbau Neuland. Beim Besuch der UFA-Revue auf seinem Hof erklärt der Landwirt auf die Frage, warum er es mit dieser Kultur versuche: «Solche Kulturen sind die Zukunft, und ich finde es wichtig, mich daran zu beteiligen. Dieser Rohstoff muss aus der Schweiz kommen. Wenn wir es nicht anbauen, kommt es aus dem Ausland.» Einfach machen und zeigen, was man kann, ist für den Aarberger die Devise. Widmer ist einer von 60 Betrieben, welche 2023 für die LANDI Seeland AG Eiweisserbsen produzieren.
Peter Widmer, Landwirt und Treuhänder«Wenn wir es nicht anbauen, kommt es aus dem Ausland.»
Erster Versuch mit Sommereiweisserbsen
Der Landwirt wagt es mit den Sommereiweisserbsen der Sorte «Astronaute», welche er am 4. März dieses Jahres mit einer Kreiselegge und Säkombination in den Boden gebracht hat. Zuvor wurde die Fläche mit dem Grubber bearbeitet. Gesät wurden rund 90 Körner je m 2 . Der Landwirt ist sich bewusst, dass diese Menge das untere Limit ist, aber zum einen habe er den Saatgutpreis im Blick, zum anderen wolle er jedem Korn eine Chance geben. Letztlich ist es wichtig, dass der Bestand gut schliesst, um das Beikraut zu unterdrücken.
Genügend Wasser für eine gute Entwicklung ist zum Zeitpunkt des UFA-Revue-Besuchs vorhanden. Sollte dies einmal nicht der Fall sein, kann der Landwirt dank eines Bewässerungssystems nachhelfen. Dieses Bewässerungssystem war ein Gemeinschaftsprojekt einiger ansässiger Landwirte. Widmer betont, dass man in Aarberg ein gutes Verhältnis unter den Landwirten habe und sich auch mit Maschinen aushelfe.
Hohe Qualitätsstandards bei Eiweisserbsen
Genug Wasser ist wichtig, damit die Erbsen zur Ernte gegen Anfang Juli bis Anfang August dem sehr hohen Qualitätsstandard genügen. «Dann müssen sie gross, rund und unbeschädigt sein», erklärt Peter Widmer. Daher zielt er bei der Ernte auf einen Feuchtegehalt von 16 Prozent ab, um die Erbsen einem geringeren Bruchrisiko auszusetzen. Die Sammelstelle trocknet dann um weitere zwei bis drei Prozent herunter. Natürlich spielt auch die Nährstoffversorgung in die Qualitätserwartung mit rein. Hier profitieren die Erbsen vom Bodenvorrat. Widmer düngt alle zwei Jahre PK-Dünger. Zudem kauft er 200 m 3 Gülle hinzu. Den Stickstoff holen sich die Erbsen, via Symbiose mit Knöllchenbakterien, selbst aus der Luft.
Anfang Mai ist die Kultur gut aufgelaufen, und Peter Widmer rechnet damit, dass etwa 30 bis 40 kg Ertrag je Are möglich sind, wenn es so gut weiterläuft. Die UFA-Revue wird im Spätsommer bei Peter Widmer nachfragen, wie es ihm weiter mit den Eiweisserbsen ergangen ist.
Fazit bei den Eiweisserbsen
Bei einem Telefonat Mitte September berichtete Widmer, dass die Eiweisserbsen bis zum 29. Juni sehr gut aussahen. Doch am Abend jenes Tags gab es starke Niederschläge (35 mm innerhalb einer Stunde) mit etwas Hagel. Das brachte die reifen Schotten zum Aufspringen. Widmer schätzt den Schaden auf etwa 50 Prozent Ausfall. Am 7. Juli 2023 wurde der Bestand gedroschen. Es resultierte ein Ertrag von 21 kg je Are. Peter Widmer betont aber, dass nicht jeder solche Einbussen hatte. Ein Nachbar etwa 2 km weiter hat 39 kg je Are gedroschen. Ähnliche Ergebnisse sind auch von der Landi Seeland AG erhoben worden (siehe QR Code). Was ist nun das Fazit von Peter Widmer zu den Eiweisserbsen: «Künstler-Pech, ich mache nächstes Jahr wieder Eiweisserbsen!».
Betriebsspiegel
– Betrieb ist seit 1905 in Familienbesitz; Widmer übernahm 1997 als vierte Generation
– Ackerbaubetrieb mit 43 ha LN, davon 30 ha offene Ackerfläche
– 6-jährige Fruchtfolge Getreide und Hackfrüchte, dazwischen Gründüngung
– 15 ha IP-Suisse-Getreide und IP-Saatgutproduktion
– 8 ha Hackfrüchte (3 ha Kartoffeln, 4 ha Mais und 1 ha weisse Lupine)
– 7 ha Leguminosen für die menschliche Ernährung (5 ha Bohnen, 2 ha Eiweisserbsen)
– 30 % Biodiversitätsförderflächen: Blühstreifen und extensive Wiesen
– Peter Widmer ist Treuhänder mit eidg. FA und betreibt ein eigenes Büro
Hochwertige Eiweisskultur im Bio-Landbau
Die Bio-Mischfutterhersteller, darunter besonders die UFA, engagieren sich für einen attraktiven Richtpreis. Auch Bio Suisse weiss um die Relevanz der Eiweisserbsen und verbessert den Produzentenpreis durch zusätzliche Förderbeiträge. 2022 erhielten die Produzentinnen und Produzenten so rund Fr. 98.00/100 kg. Eiweisserbsen, ob in Rein- oder in Mischkultur mit Gerste, können bis auf rund 900 m ü. M. angebaut werden und haben einen hervorragenden Vorfruchtwert. Eine Übersicht zu geeigneten Sammelstellen ist zu finden unter: www.fenaco-gof.ch ➞ Produzenten ➞ Anbauplanung Bio
Abnahme Eiweisserbsen aus der Schweiz
Die steigende Nachfrage nach pflanzlichen Rohstoffen für die menschliche Ernährung aus der Schweiz hat die fenaco dazu bewogen, weitere Produkte im Vertragsanbau anbauen zu lassen. In Zusammenarbeit mit dem Departement Pflanzenbau wurde das Potenzial entlang der gesamten Wertschöpfungskette geprüft. Das Echo von den Produzentinnen und Produzenten war sehr erfreulich und resultierte in einer Vertragsmenge von rund 600 Tonnen Eiweisserbsen und 50 Tonnen Ackerbohnen für die menschliche Ernährung, verteilt auf zwölf Maxi-Sammelstellen über die ganze Schweiz. Beide Produkte werden bereits ab der kommenden Ernte 2023 unter der Garantiemarke «Suisse Garantie» (SGA) angebaut. Mittels eines Monitoringsystems wird versucht, den Erbsenwickler, den einflussreichsten Schädling bei den Eiweisserbsen, so gezielt wie möglich zu bekämpfen. Nur mit Einhalten des Monitorings und ab Erreichen der Schadschwelle darf eine Fläche gegen den Schädling behandelt werden (Sonderbewilligung beachten). Landwirtinnen und Landwirte werden hierbei von erfahrenen Beraterinnen und Beratern von Agroline, Landor und UFA-Samen begleitet. Der Anbau ist beispielhaft dafür, wie der Megatrend pflanzenbasierte Ernährung einen Nutzen für die produzierende Landwirtschaft und den einzelnen Betrieb bringen kann. Er eröffnet Landwirtschaftsbetrieben neue Anbauoptionen zur optimierten Ausrichtung und Nutzung regionaler Gegebenheiten. Herausfordernd ist aktuell hauptsächlich die fehlende Erfahrung in der Produktion für die menschliche Ernährung über die gesamte Wertschöpfungskette dieser Rohprodukte.
«Eiweisserbsen sind eine problemlos anbaubare Kultur»
Anfrage bei Christian Bühr, ehemals Berater Agroline
Wie gestaltet sich der Pflanzenschutz bei Eiweisserbsen?
Prävention ist angesagt, wenn es um Fusskrankheiten geht. Die Fruchtfolge sollte mindestens sechsjährig sein. Dabei ist wichtig, dass als Zwischenfrucht nicht zu viele Leguminosen angebaut werden. Gegen Unkräuter erfolgen in der Regel zwei Nachauflauf-Herbizidapplikationen.
Wie sieht es mit Schädlingen aus?
Das sind zum einen Erbsenblattrandkäfer, welche Teile aus den Blättern fressen, sodass diese wie gezackt erscheinen. Ihre Larven können ebenfalls Probleme verursachen, denn diese fressen die Knöllchenbakterien an den Wurzeln. Ausserdem können zu Beginn der Blüte und während der Schotenentwicklung Blattläuse problematisch sein. Diese stechen die jungen Schoten an, was zu einem verkrümmten Wuchs der Schote führt. Dadurch verringert sich der Platz für die Bildung von Erbsen. Letztlich reduziert sich dadurch die Anzahl der Erbsen je Schote.
Später bei Beginn der Schotenentwicklung sind Erbsenwickler eine Gefahr. Die Falter legen ihre Eier auf den Blättern und Stängeln ab. Wenn sich dann die Erbsen in den Schoten bilden, fressen die Erbsenwicklerlarven diese.
Was kann man gegen die Schädlinge tun?
Gegen Blattrandkäfer und Wickler können Pyrethroide eingesetzt werden. Diese dürfen im Ackerbau nur mit Sonderbewilligung angewendet werden. Bei Ersterem ist die Schadschwelle erreicht, wenn die ersten beiden Blattetagen nach dem Auflauf stark abgefressen sind. Beim Erbsenwickler ist ein Monitoring von acht bis zehn Wochen mit einer Pheromon-Deltafalle angezeigt. Die männlichen Falterfänge bleiben auf den Klebetafeln der Falle hängen. Werden in diesem Zeitraum 100 Falterfänge erfasst, ist die Schadschwelle erreicht. Gegen Blattläuse darf der Wirkstoff Pirimicarb eingesetzt werden. Bei Bedarf kann bei den Behandlungen noch ein Fungizid und/ oder ein Blattdünger beigemischt werden. Die Betriebe, welche im Seeland für die fenaco Eiweisserbsen produzieren, sind anfänglich für den Extenso-Anbau angemeldet. Im Falle, dass ein Insektizid oder Fungizid appliziert werden müsste, müssen sie sich vorgängig vom Extenso-Anbau abmelden.
Ein Fazit zum Anbau?
Man kann diese Kultur grundsätzlich intensiv, aber auch extensiv führen. Allgemein sind Eiweisserbsen in der Fruchtfolge als Stickstofflieferant und Bodenverbesserer sehr wertvoll. Für die Schweiz ist sie eine geeignete Kultur, da sie zu Klima und Bodenbedingungen passt. Wenn man das Augenmerk auf die wichtigen Punkte richtet, sind Eiweisserbsen problemlos anbaubar.