Naturwiesen bilden die mit Abstand grösste Bewirtschaftungsfläche der Schweizer Landwirtschaft. Sie sind ein existenzieller Wirtschaftsfaktor der Schweizer Bauern. Sie liefern den Hauptteil des Futters, das an unsere Nutztiere verfüttert wird. Sie prägen das Landschaftsbild nachhaltig, sind Lebensräume und Nahrungsquellen vieler wildlebender Tiere aller Arten. Sie bilden grüne Korridore durch unsere zersiedelte Landschaft, sind Pufferstreifen, Erholungsgebiete und vieles Mehr. Es gibt kaum landwirtschaftliche Betriebe ohne Naturwiesenflächen.
Intensität der Bewirtschaftung
- Fixe, gegebene Faktoren: Standort, Höhenlage, Exposition zurSonne, Niederschlagsmenge/-verteilung, Jahrestemperatur undBodenart
- Variable Faktoren: Intensität der Bewirtschaftung, Nutzungsart(Weide, Dürrfutter, Silage, Eingrasen), Düngung (Menge, Düngerart,Zeitpunkt) und Pflege (Eggen, Striegeln, Walzen, Ausmähen, Mulchen,Schnitthöhe, Unkrautbekämpfung)
- Vorgeschriebene Bewirtschaftung: z.B. Waldrandnutzung,Gewässerfreiraumnutzung, übergeordnete Bewirtschaftungsvorschriften (wie Schutzzonen, etc.)
- Beitragsoptimierung, vorgeschriebene Betriebs-Ökofläche, wenigintensive Bewirtschaftung, extensive Bewirtschaftung, Erreichen vonQ2, etc.
Unabhängig davon wie bewirtschaftet wird, gilt immer derselbe Grundsatz: Naturwiesen sind Artengemeinschaften, in denen sich immer diejenigen Arten durchsetzen, welche die besten Wachstumsvoraussetzungen vorfinden. Oder anders gesagt, jeder Pflanzenbestand hat seine Geschichte.
Bestände kontrollieren
Um Veränderungen im Pflanzenbestand rechtzeitig zu erkennen, müssen die Flächen regelmässig kontrolliert werden. Dabei muss zwischen gewünschten und unerwünschten Arten unterschieden werden können. Grundlage dieser Beurteilung liegt beim Erkennen und Bestimmen der Pflanzenarten sowie der botanischen Pflanzenkennnisse zu den am Standort vorgefundenen Arten. Um seinen Bestand mittels Lenkungsmassnahmen nachhaltig zu steuern, muss der Landwirt Pflanzenartenkenntnisse besitzen. Das braucht etwas Übung und Zeit.
Extremorte innerhalb einer Parzelle können zeigen, wohin sich ein Bestand entwickelt. Denn dort sind unerwünschte Pflanzen oftmals viel häufiger anzutreffen oder erwünschte viel weniger verbreitet. Solche Extremorte können Nassstellen, Tränkestellen, Ein- und Ausfahrten sowie flachgründige oder staunasse Stellen sein. Je extremer der Standort, desto stärker zeigen sich durch die Nutzung beeinflusste Veränderungen im Bestand.
Fragen zur Wiesenansprache
- Bin ich bereit etwas zu verändern?
- Was am bestehenden Bestand will ich verändern?
- Wie kann ich es verändern?
Während die erste Frage mit einem klaren Ja oder Nein beantwortet werden kann, sieht es bei den anderen beiden Fragen etwas interessanter aus. Die Fragen zwei und drei müssen ohnehin zusammen beantwortet werden. Will man zum Beispiel die Q2 Qualität, also eine Ökoqualitätswiese erreichen, muss zuerst bestimmt werden, mit welchen Arten diese Qualität erreicht werden kann und welche Pflanzengesellschaften an den Standort passen. Ausgehend vom aktuellen Bestand wird dann die richtige Strategie zur Verbesserung gewählt. Grundlage für das Vorgehen bilden die Fragen, was brauchen die neuen Pflanzen für Auflaufbedingungen? Wie lange brauchen sie dazu und wie gross ist der Konkurrenzdruck des bestehenden Bestandes? Anschliessend wird festgelegt, wann welche Schritte unternommen werden. Vor allem in der Ökoqualitätsverbesserung führen «Schnellschüsse» kaum zum Ziel. Besser ist eine klare Planung mit Zielvorstellung. Ähnlich verläuft es auch bei der intensiven Bewirtschaftung, nur stehen hier dem Landwirt mehr Möglichkeiten zur Verfügung. Zuchtsorten wachsen im Allgemeinen viel schneller als Ökotypen und entwickeln sich konkurrenzstärker. Mit gezieltem Schnitt und gezielter Nutzungsplanung, Düngung und Pflege der Neusaat können zudem angepasste, verbesserte Bedingungen geboten werden.
Pflegemassnahmen variieren
Unabhängig davon, ob eine Naturwiese die Ökoqualität oder eine möglichst hohe Futterqualität erreichen soll, müssen die vorherigen Schritte verfolgt werden. Während bei der Ökoqualitätswiese die ÖLN-Vorgaben mit Düngeverbot und Schnittzeitpunktvorschriften den Bestand nicht immer positiv beeinflussen, sind es bei der intensiven Bewirtschaftung die betrieblichen Futtererntestrategien. Auf Dauer unverträglich für einen wertvollen Futterbestand ist das Befahren mit zu schweren Maschinen, zu häufiges Schneiden, nicht angepasste und unausgeglichene Düngung sowie die reine Silagebereitung. Naturwiesen – unabhängig davon ob sie extensiv oder intensiv bewirtschaftet werden – benötigen ein abwechslungsreiches Ernte- und Pflegeverfahren, das auf den Vegetationsverlauf abgestimmt ist. Mal ein früherer oder späterer Schnitt ist ebenso wichtig wie eine abwechselnde Silage- und Dürrfutternutzung oder eine Mäh-Weidenutzung. Auch die Düngung ist wichtig: Die Zufuhr von organischen Düngern und die Ergänzung von eigenen Hofdüngern mit Handelsdüngern beugen einer einseitigen Nährstoffversorgung vor.
Nicht beeinflussbar sind Bestandesveränderungen durch tierische Schädlinge. Wildschweine oder grosse Mäusepopulationen können Wiesenbestände mechanisch aufbrechen, während in Engerlingsjahren die Bestände durch das Abfressen der Wurzeln geschädigt werden. Doch auch bei solchen Schäden gilt: Je besser und angepasster der Ursprungsbestand, desto sicherer ist die Regeneration solcher Schäden.
Wiesenerneuerung – wie geht man vor?
Auch bei Ökowiesen muss vor jeder Bestandesaufwertung dringend die Ursache des alten, unerwünschten Bestandes erkannt werden. Grundsätzlich wird die ganze Fläche jährlich beim Heuen durch das Absamen des Heuschnittes übersät. Wenn sich viel Moos verbreitet hat, gelangen die Samen jedoch nicht auf den Boden. In solchen Fällen kann ein Striegeldurchgang die Lösung sein. Erreicht man, obwohl es vom Standort her möglich wäre, die Q2 Zeige-pflanzen-Vorgaben nicht, können diese in Streifen nachgesät werden. Dabei bricht man am besten im Herbst Streifen von mindestens drei Metern Breite auf und sät im Frühling nach einigen Eggdurchgängen eine spezielle Mischung mit sehr hohem Anteil an Q2-Zeigerpflanzen an, wie zum Beispiel die Mischung «UFA-AufwertungQ2 CH-i-G». Dabei ist wichtig, dass die Sämlinge der Q2 Zeigepflanzen auf den Boden und nicht mit einer Drillsaat abgelegt werden. Anschliessendes exaktes Walzen ist Pflicht. Der beste Saatzeitpunkt sind die Monate April und Mai. Die Streifen sollten im Abstand von zirka zehn Metern wiederholt werden.
Bei intensiven Wiesen ist das Verbessern einfacher, da mehr Möglichkeiten zur Verfügung stehen als bei extensiver Bewirtschaftung. Doch auch hier muss situativ, das heisst je nach Ausgangsbestand, vorgegangen werden. Die Wiesenvorbereitung muss so durchgeführt werden, dass die neue Saat mittels Breitsaat einen Zentimeter tief in den offenen Boden abgelegt werden kann. Für diese Arbeit eignet sich am besten ein Wiesenstriegel mit aufgebauter Sämaschine. Die besten Saatzeitpunkte sind im Frühling ab Vegetationsbeginn, sowie – und das betrifft vor allem die etwas weniger idealen Futterbauregionen – ab Mitte August bis Ende September. Nach der Übersaat müssen die folgenden zwei Schnitte zeitig durchgeführt werden.
Fazit
Bei der «Pflanzengesellschaft Naturwiese» ist es so wie in der übrigen Natur: Es setzen sich immer diejenigen Arten durch, welche die besten Wachstumsbedingungen vorfinden und dies unabhängig davon, ob in-tensiv- oder extensiv bewirtschaftet wird. Wenn gewünschte Pflanzen verschwinden, hängt das in erster Linie von der nicht an den Pflanzenbestand angepassten Nutzung und Pflege ab. Gewünschte, aber nicht an den Standort angepasste Arten können sich nicht nachhaltig etablieren. Pflanzenbauliche Grundkenntnisse sind für eine nachhaltige optimierte Naturwiesenführung unerlässlich; dies gilt insbesondere, wenn die Ökoqualität Q2 das Ziel ist.
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