„Wir stellen bei der Gerste aus ungebeiztem Saatgut einen vermehrten Befall von Flugbrand fest“, führte ein Teilnehmer und Vertreter einer grösseren Sammelstelle in der Ostschweiz an der Versammlung in Thalheim (ZH) mit Sorgenfalten aus. Insbesondere im Grenzlandbereich ist bereits die Rede von einem starken Befall des Gerstenflugbrandes. Diese Feststellung wurde bereits im vergangenen Jahr in Deutschland gemacht. „In früheren Jahren waren bei der Feldbegehungen kaum Brandähren zu finden. In diesem Jahr sehen wir aussergewöhnlich viele“, wird in einer deutschen Fachzeitschrift bezugnehmend auf 2019 fest. Dabei sind es mit dem Gersten- wie auch Weizenflugbrand gleich mehrere Kulturen gefährdet. Bis anhin konnte diese durchaus ernstzunehmende Krankheit kostengünstig und effizient mit der Saatgutbeizung wirksam reguliert werden. Da seit 2014 im Bio-Anbau die Beizung ohne chemische – Synthetische Beizung erfolgen muss kam es oftmals dazu, dass Vermehrungsbestände infolge einem zu hohen Flugbrandbefall aberkannt werden mussten. Die Übertragung erfolgt über Sporen des Flugbranderregers auf die Gerste im Blütenstadium. Das dabei auf dem Korn gebildete Myzel überlebt schlussendlich im Embryo bis zur Saat. „Bis heute gibt es keine einfach anwendbaren Nachweismethoden für Flugbrand im Saatgut, so dass ein Saatgutbefall erst beim Ährenschieben festgestellt werden kann“, schreibt die Agroscope. Dies macht eine Bekämpfung aber sehr anspruchsvoll. Die befallenen Getreideähren schieben in der Regel etwas früher und überragen gesunde Pflanze. In der anschliessenden Reifephase bleibt von den kranken Ähren nur die Spindel zurück und es werden sogenannte Brandbutten gebildet. Diese Krankheit befällt ausser Weizen auch Roggen und Triticale. Eine Übertragung des Weizenflugbrandes auf Gerste wird aber in der Fachwelt ausgeschlossen.
Nach 30 Jahren wieder Stinkbrand
Zugleich macht sich auch beim Weizen der gefürchtete Stinkbrand breit, welcher seit über 30 Jahren dank gezielter Bekämpfung und Prävention beim Saatgut verschwunden war. Er kann aber zudem bei Dinkel, Hartweizen, Roggen oder auch Triticale auftreten. Dabei handelt es sich um eine klassische samenbürtige Getreidekrankheit. Ausgelöst wird die Krankheit mit Sporen, welche nach der Saat den Keimling infiziert. Die typischen Krankheitssymptome sind aber erst nach Schieben der Ähren sichtbar.
Mit Stinkbrand verunreinigtes Getreide ist ungeniessbar. Es kann ebenfalls nicht mehr an Tiere verfüttert werden, weil es bei diesen unter anderem Reizungen der Darmschleimhaut verursachen oder gar zum Verwerfen von trächtigen Tieren führen können. Zudem können beispielsweise Eier oder auch die Milch den unangenehmen stinkigen Fischgeruch annehmen. Die Folgen eines Befalls sind aber zugleich noch während Jahren spürbar. Während dem Dreschen gelangen die Brandsporen auf gesunde Körner oder fallen direkt auf den Boden. Im Boden bleiben die Brandsporen während zwei bis drei Jahre lebensfähig.
Eine erfolgreiche und konsequente Bekämpfung ist aber grundsätzlich nur über gebeiztes Z-Saatgut möglich. Denn dieses garantiert, dass bei der vorangegangenen Feldbesichtigung des Saatgutgetreidefeldes maximal 5 mit Stinkbrand befallene Ähren pro Are gefunden worden sind. Im Biolandbau ist bei einem Befall von mehr als 10 Brandsporen pro Korn und Same eine vorbeugende Saatgutbehandlung mit den Wirkstoffen aus dem Gelbsenfmehl oder Pseudomonas Chlororaphis empfohlen. Eine weitere Alternative ist der Einsatz Saatgut, welches einer Wasserbeizung während 2 Stunden mit 45°C unterzogen wurde. Weiter wird dazu geraten, dass man mit der Fruchtfolgeplanung verhindert, indem man diese beim Weizen wie auch Dinkel weit genug auseinander stellt. Präventiv sollte der Winterweizen früh und der Sommerweizen eher spät gesät und flach abgelegt werden, um eine schnellere Pflanzenentwicklung anzustreben. Zudem ist darauf zu achten, dass betriebsfremde Mähdrescher bezüglich der Übertragung vorher keine brandverseuchten Felder gedroschen hat.
Es zeigt sich mit Blick auf diese beiden zusätzlichen eigentlich als besiegt geglaubten Krankheiten, dass der Getreidebau mit der Reduktion von Pflanzenschutzmitteln immer anspruchsvoller wird. Wenn plötzlich Wirkstoffe für eine effizienten Schutz und Behandlung wegfallen, ist wieder mit noch grösseren Ertragsschwankungen und vor allem auch Qualitätseinbussen zu rechnen.
Quelle: Roland Müller