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Betriebsführung

Fällt er aus, steht alles still

Ein vielfältiger Betrieb birgt vielfältige unternehmerische Risiken. Ein neues Analysetool hilft, die Gefahren spezifisch zu gewichten, zu minimieren und sich auf den schlimmsten Fall vorzubereiten. Der betriebsleitenden Person kommt in diesem Zusammenhang eine Schlüsselrolle zu, wie Landwirt André Stöckli bei der Risikoanalyse seines Hofs feststellen musste.

Ohne André Stöckli geraten nicht nur seine Sauen auf seinem Betrieb aus dem Takt. Dass er gemäss Analysetool das grösste Betriebsris...

Ohne André Stöckli geraten nicht nur seine Sauen auf seinem Betrieb aus dem Takt. Dass er gemäss Analysetool das grösste Betriebsrisiko für seinen Hof darstellt, zwingt den vielseitigen Landwirt aus Boswil (AG) nun zum Handeln. 

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Die Risiken auf einem Landwirtschaftsbetrieb lauern überall. Externe Faktoren wie der Markt, die Witterung und die Agrarpolitik sowie interne Faktoren wie die finanzielle und personelle Situation haben einen grossen Einfluss. Ein Tool für die Einstufung dieser Risiken fehlte bis anhin in der Schweiz. Im Frühling 2022 hat die Agridea in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) ein kanadisches Risikotool übersetzt und mithilfe von Schulen und Beratung auf Schweizer Verhältnisse angepasst. Dieses Projekt wurde vom BLW gefördert und steht allen Betriebsleiterinnen und Betriebsleitern gratis zum Download über den Shop der Agridea zur Verfügung.

Analyse auf einem Testbetrieb

Welche Erkenntnisse aus einer Risikoanalyse entstehen, zeigt das Beispiel von André Stöckli aus Boswil (AG). Auf seinem Betrieb im Freiamt ferkeln 120 Muttersauen und wachsen 8600 Junghennen. Auf rund 32 Hektaren Land wird Ackerbau mit Körnermais, Weizen, Raps und Zuckerrüben betrieben. Dazu werden vier Hektaren Ökoflächen gepflegt. Stöckli leitet den Betrieb und bildet Lernende aus. Nebenbei engagiert er sich als Experte bei Abschlussprüfungen und gibt Unterricht im Geflügelbereich. Zudem ist Stöckli Mitglied im Arbeitskreis Unternehmensführung, wo sich acht bis zehn Landwirtinnen und Landwirte dreimal im Jahr auf einem Betrieb treffen und aktuelle Themen diskutieren. Der Austausch neben dem Betrieb mit den Lernenden oder auch im Arbeitskreis sieht Stöckli als Inspiration und es motiviert ihn, aktuell zu bleiben und sich mit neuen Themen auseinanderzusetzen.

Nicht alle Risiken sind gleich belastend

Im Arbeitskreis wurde das Tool für jeden einzelnen Betrieb getestet. Die Hauptrisiken bei André Stöckli sind vielfältig. Die Umwelt verändert sich durch vermehrten Starkregen, Hagel und Sommertrockenheit. Dagegen wird mit dem pfluglosen Anbau versucht, die Böden möglichst durchlässig zu halten, die Wasserverdunstung zu verringern und der Erosion vorzubeugen. Bis jetzt sind alternative Kulturen wie Hirse oder Kichererbsen noch kein Thema.

Weniger einfach zum Anpassen sind für ihn die schwankenden Produktionspreise im Markt. Der Betrieb von Stöckli weist mehrere Betriebszweige auf und ist somit weniger vom einzelnen Produkt abhängig. Die aktuell tiefen Ferkelpreise spürt er dennoch. Die Schweinehaltung aufzugeben, ist momentan wegen fehlender Alternativen noch kein Thema. Angesprochen auf die aktuelle Strom- und Gaslage antwortet André, dass er ein Notstromaggregat hat und auch ein Trennschalter zur Fotovoltaikanlage installiert ist. Dieses Risiko stuft er als gering ein.

Hin und wieder mal wegfahren

Das Hauptrisiko auf seinem Betrieb und auf den meisten anderen Betrieben ist der Ausfall von ihm selbst als Betriebsleiter. Dieser wäre für einige Zeit verkraftbar, jedoch bedingt es vieler Regelungen.

«Es macht Sinn, das ‹System Betriebsleiter› hin und wieder bewusst ausfallen zu lassen.»

André Stöckli, Landwirt

Deshalb empfiehlt Stöckli anderen Betriebsleitern «das System Betriebsleiter» hin und wieder bewusst ausfallen zu lassen und einfach einmal wegzufahren, ein paar Tage freizumachen. Nur so erkenne man, welche Abläufe nur mit Betriebsleiter funktionieren, welche Fragen unbeantwortet bleiben und wo Handlungsbedarf besteht.

Knackpunkt Verantwortung

Aktuell profitiert der Betrieb von guten Arbeitnehmenden. Auch viele ehemalige Lernende wissen noch, wie die Abläufe waren. Zudem sind Anleitungen für die Hauptarbeiten vorhanden. Bei einem Ausfall könnte ein ehemaliger Lernender wohl gut einspringen und die Alltagsarbeiten abdecken. Die Verantwortung für einzelne Bereiche abgeben kann Stöckli zurzeit nicht. Die Frage stellt sich also, wer Zugang zum Bankkonto hat oder wer weiss, wann die Ausstallung der Hühner geplant ist und wie andere strategische oder operative Entscheide gefällt werden müssen.

Offene Punkte angehen

Das Tool hat aufgezeigt, wo die Risiken auf dem Landwirtschaftsbetrieb sind. Betriebsleiter Stöckli muss sich nun um einen Vorsorgeauftrag kümmern und die Verantwortlichkeiten regeln. Mit einem Vorsorgeauftrag bestimmt man eine Vertrauensperson, die sich im Falle einer eigenen Urteilsunfähigkeit um die eigenen Angelegenheiten kümmern soll. Zudem muss der Betriebsleiter selber Sorge tragen, einen guten Ausgleich zur Arbeit auf dem Betrieb zu haben und soziale Kontakte wie diejenigen im Arbeitskreis zu pflegen. 

Risikoanalyse-Tool für Schweizer Betriebe

Das neue Risikoanalyse-Tool basiert auf dem kanadischen Instrument «Agri Bouclier» und wurde so weiterentwickelt, dass es von den Schweizer Landwirtinnen und Landwirten selber ausgefüllt werden kann. Zudem können Beratungsstellen und Berufsschulen dieses Tool nutzen, um einen fundierten Überblick über einen Betrieb zu erlangen. Um sicherzustellen, dass das Tool auf die Bedürfnisse der Praxis und Beratung zugeschnitten ist, wurden die potenziellen Nutzerinnen und Nutzer bei der Entwicklung in mehrstufigen Feed-back- und Testphasen miteinbezogen.

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